Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Zweiter Band. (2)

268 L. von Bar. 
macht werden, wenn bei dem betreffenden Gerichte ein Gerichtsstand für die Forderung be- 
gründet ist. (Anders freilich nach der meist vertretenen Auslegung KO. § 238.) 
Der richtigen, freilich bestrittenen (in England aber für die Befriedigung aus anderem 
Besitz als Grundbesitz geltenden) Ansicht zufolge muß jedoch der Gläubiger, was er in einem 
Konkurse erhalten hat, in einem anderen Konkurse, in welchem er ebenfalls Befriedigung sucht, 
sich anrechnen lassen. 
Besonders bestritten und zugleich wichtig ist die Frage der internationalen Wirksamkeit 
der Konkursbeendigung (insbesondere durch Zwangsvergleich) bezüglich der nicht voll 
befriedigten Forderungen. Die Befreiung für den Rest muß auch im Inlande wirken, wenn 
die Forderung materiell nach dem Gesetze des Staates des Konkursgerichts zu beurteilen ist 
oder der Gläubiger sie bei dem Konkursgerichte geltend gemacht hat, wodurch er sich auch allen 
Konsequenzen dieses Konkursverfahrens unterwirft. Nur für einen gleichzeitig in einem 
anderen Lande eröffneten Partikularkonkurs wird solche Befreiung nicht gelten können, wenn 
nicht auch materiell die Forderung nach den Gesetzen des ersteren Staates zu beurteilen ist. Die 
Ansicht, welche der Befreiung des Schuldners durch den Konkurs in jedem Falle extraterritoriale 
Wirkung abspricht, widerstrebt der bona kides und führt zu Ergebnissen, die im internationalen 
Verkehr kaum erträglich sind. 
Die Rangordnung (Priorität) der einzelnen Konkursforderungen ist nach dem 
am Sitze des Konkursgerichts geltenden Recht zu beurteilen; Pfand- und Retentions- 
rechte sind jedoch nach der Lex rei sitae, Pfandrechte an Forderungen nach dem über letztere 
entscheidenden Rechte zu beurteilen, und zwar muß nach diesem Gesetze auch beurteilt werden 
die Priorität solcher Rechte untereinander wie die Frage, ob und inwieweit diese Rechte das 
Recht einer abgesonderten Befriedigung gewähren; denn diese letzteren Fragen sind nicht 
anderes als Fragen über die Bedeutung jener Rechte selbst. 
Die Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit gewisser, von dem Gemeinschuldner 
schon vor der Konkurseröffnung vorgenommener Handlungen muß 
zunächst abhängig sein von dem örtlichen Recht, welchem das fragliche Rechtsgeschäft an sich 
unterworfen ist; aber die Gläubiger (oder in ihrer Vertretung der Güterverwalter, Syndik) 
können eine solche Anfechtung auch stets nur insoweit durchsetzen, als dasjenige Recht sie ge- 
stattet, auf welches sie überhaupt ihr Recht zur Beschlagnahme stützen, d. h. also das Recht des 
Konkursgerichts. 
Für eine Aufrechnung mit einer einem Schuldner der Konkursmasse hustehenden 
Forderung muß es genügen, wenn die Aufrechnung gestattet ist nach dem Gesetze, nach welchem 
die Gegenforderung des Schuldners an sich zu beurteilen ist, ebenso aber, wenn nur das Gesetz 
des Konkursgerichts die Aufrechnung gestattet. 
§ 50. Schlußbemerkung. Die vorstehenden Sätze zeigen, daß, ungeachtet eine 
universelle Wirkung des Konkurses nicht anzunehmen ist, bei einiger Vorsicht der Gläubiger 
und der Konkursverwaltungen auch nach dem Prinzip der Territorialität des Konkurses den 
Bedürfnissen des internationalen Verkehrs und Kredits einigermaßen genügt werden kann. 
Die richtige Abfassung von Staatsverträgen über internationale Behandlung der Konkurse 
ist, wenn die Gesetzgebungen der in Betracht kommenden Staaten wesentlich verschieden sind, 
keineswegs leicht, und ein allgemeiner derartiger internationaler Staatsvertrag, der jedem 
zivilisierten Staate den Beitritt gestatten würde, müßte zurzeit in hohem Grade bedenklich er- 
scheinen. Eine Haager Konferenz für internationales Privatrecht hat sich freilich schon mit einem 
Projekte internationaler Behandlung der Konkurse beschäftigt, ist aber nicht dazu gelangt, einen 
allgemeinen Weltvertrag für das Konkursrecht vorzuschlagen, hat vielmehr nur einen Entwurf 
aufgestellt, der als Grundlage für Verträge zwischen einzelnen Staaten dienen könne.
	        
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