280 L. von Bar, Internationales Privat--, Straf= und Verwaltungsrecht usw.
waltungsrechte oft die verschiedensten Zweckmäßigkeitsgründe, auch mit Rüchsicht auf Größe
und geographische Lage, Bevölkerungszahl und andererseits Zahl und Beschäftigung, präsum-
tive Tauer des Aufenthalts der in Betracht kommenden Ausländer usw., die Entscheidung
maßgebend beeinflussen 1. Es ist danach zwar nicht ausgeschlossen, daß ein allgemeines inter-
nationales Verwaltungsrecht sich bilde, und für Einzelfragen (z. B. für einzelne Fragen der
Besteucrung, wie für den Satz, daß Einkommen aus Grundbesitz nur in dem Staate versteuert
wird, wo der Grundbesitz belegen ist) 2, mag solches allgemeines internationales Verwaltungs-
recht schon in der Bildung begriffen sein 3, und für einzelne Fragen wird, wie bemerkt, sogar
behauptet werden können, daß vermünftigerweise in allen Kulturstaaten eine und dieselbe Ent-
scheidung gegeben werden müsse. Aber in der Hauptsache wird für absehbare Zeit das inter-
nationale Verwaltungsrecht nur als Recht jedes einzelnen Staates behandelt werden, das Recht
anderer Staaten nur als vergleichendes, die Rechtsdeduktion unterstützendes Moment heran-
gezogen werden können", und zugleich wird erklärlich, wie zurzeit, soweit besondere gesetz-
liche Bestimmungen über internationale Beziehungen fehlen, die Entscheidungen der Behörden
und Gerichte leicht durchaus verschieden ausfallen. Auch kann zwar aus den angegebenen
Gründen nur selten in Verwaltungssachen eine internationale Rechtshilfe stattfinden, und wird
de lege lata solche Rechtshilfe meist abgelehnt werden müssen, wenngleich (freilich ist
O. Mayer anderer Ansicht) dieselbe nicht prinzipiell und durchaus ausgeschlossen ist.
Gewisse Verwaltungszweige, wie Post-, Telegraphen-, Eisenbahnwesen, haben übrigens
schon ihres Zweckes wegen in einzelnen Beziehungen ein internationales Verwaltungsrecht
entwickelt, und es gibt auch internationale Verwaltungskommissionen, bestehend aus Dele-
gierten verschiedener Staaten und mit selbständigen Verwaltungsbefugnissen (wie die Donau-
kommission). Herkömmlich erörtert man diese Einrichtungen als dem Völkerrechte angehörende,
während es auch nicht ausgeschlossen ist, die Frage, ob ein Ausländer das Recht habe,
Gewerbe zu betreiben, im internationalen Privatrechte als Bestandteil der Lehre von der
Rechtsfähigkeit der Ausländer zu behandeln.
Zum Beispiel die Beantwortung der Frage, ob Kinder von Ausländern, die sich längere
Zeit in unserem Staate aufhalten, der Schulpflicht unterworfen sind.
: In einzelnen Beziehungen werden Zweckmäßigkeitsgründe überall, wenn nicht unver-
nünftige oder undurchführbare Maßregeln die Folge sein sollen, überall dieselbe Entscheidung
herbeiführen. Zum Beispiel wird man Ausländern nicht den Gebrauch der ihnen von fremden
Staaten verlicehenen Ehrenzeichen verbieten oder dafür die Erwirkung einer besonderen Erlaubnis
fordern wollen.
* Die Auffassungen differieren aber für viele politische Rechte noch stark. Der damalige
Staatssekretär des Innern erachtete bei den Verhandlungen über das Reichsvereinsgesetz von
1908 das Recht, an Versammlungen teilzunehmen, für ein besonderes Recht der Inländer, während
in England und Nordamerika man jenes Recht für ein allgemeines Menschenrecht halten dürfte.
Aus solcher verschiedenen Auffassung ergibt sich eine verschiedene Beantwortung der Frage, ob
das Ermessen der Polizei, Ausländer an der Teilnahme von politischen Versammlungen zu
hindern, rechtlich schrankenlos ist.
* Daher verbietet sich in einer enzyklopädischen, kurz zu haltenden Darstellung ein genaueres
Eingehen auf internationale Verwaltungsrechtsfragen.