Überblick über das englische Privatrecht. 323
— Besonders zu beachten ist, daß die in der dritten Abteilung eintragbaren Pfandrechte, charges,
ein Immobilienpfandrecht darstellen, das im Gegensatz zum mortgage nicht Proprietätspfand,
sondern dingliches Recht an fremder Sache ist, aber, ausgestattet mit Verfallrecht (foreclosure)
und Verkaufsrecht, im wesentlichen dieselben Wirkungen wie ein mortgage hat; übrigens kann
ein charge, wie unsere Eigentumsgrundschuld, auch zugunsten des proprietor begründet werden;
natürlich ist der Erwerber eines charge vom Inhaber eines bloßen possessory title meist immer
noch genötigt, die investigation des title bis zum Zeitpunkt der ersten Eintragung desselben
vornehmen zu lassen. Die lease (s. o. Nr. 4c) wird nicht in der dritten Abteilung eingetragen,
sondern mit Rücksicht auf die häufigen langfristigen leases besteht für diese ein besonderes Register.
In diesem erscheint (ähnlich wie bei unserem Erbbaurechtblatt, aber mit viel größerer praktischer
Bedeutung) der leaseholder als proprietor, und er kann seine lease in seiner dritten Abteilung
belasten; lease auf Lebenszeit und lease auf 21 Jahre und mehr kann, lease von 40 Jahren
und mehr sowie lease auf zwei und mehr Leiber muß eingetragen werden. Die sehr wichtigen
Vormerkungen sind entweder cautions, welche das Recht auf Benachrichtigung von jeder bevor-
stehenden Veräußerung und Belastung geben, oder inbibitions, welche jede weitere Eintragung
hindern (z. B. Verbot weiterer Eintragungen im Falle des Todes eines tenant for life), oder
endlich restrictions, welche gewisse Eintragungen von Zustimmungserklärungen dritter (z. B.
trustees) abhängig machen oder die Auszahlung von Geldern an bestimmte Personen vor-
schreiben. Cautions werden auf Antrag eines dinglich berechtigten Benachrichtigungsinteressenten,
inhibitions auf Antrag des proprietor oder durch Verfügung des registrars oder des Gerichts,
restrictions auf Antrag des proprietors eingetragen. — Von größter Bedeutung ist die Aus-
stellung von Zertifikaten über dem eingetragenen Titel. Nicht nur wie bei uns der Pfand-
gläubiger, sondern vor allem auch der proprietor erhält einen genauen Auszug aus dem Register,
ein certificate, das sog. certificate of land, im Gegensatz zum certificate of charge; auch über
den leasehold title wird dem leaseholder, ein dem Landzertifikat ganz entsprechendes Zertifikat
ausgehändigt, welches als copy of lease, ofkice copy bezeichnet wird (Ges. 1875 s. 10, 16, 22).
Diese Zertifikate sind Wertpapiere, da ohne sie eine Verfügung über das in ihnen verbürgte
Recht nicht möglich ist. Sie ersetzten praktisch den set of deecs, durch dessen Hingabe man nach
dem bisherigen Immobiliarrecht die verschiedensten dinglichen Rechtsgeschäfte vornehmen kann.
Durch sog. Indossierung des Scheins wird das Recht übertragen, die Sachenrechte sind dadurch
negotiabel, der Schein hat den Charakter eines Traditionspapiers, die im Grundbucheintrag
gegebene Gewere ist an den Besitz eines körperlichen Gegenstandes geheftet. Es ist dadurch den
Engländern, namentlich dem englischen Handel, möglich, wie bisher durch Verpfändung des
set of title deecds nunmehr durch Verpfändung des Scheins (deposit of certificate) Sicherheit
zu bestellen, es entsteht dadurch ein lien (Ges. 1897 s. 8 n. 4 a. E.), so daß für den Immobiliar=
kredit drei Formen zur Verfügung stehen: mortgage als Proprietätspfand mit Eintragung
des Gläubigers als proprietor, charge und dieses lien. — Die Wirkung der Eintragungen war
nach dem Torrens-System diejenige der absoluten Rechtskraft, die title waren indefeasible. Die
Gefährlichkeit dieses Prinzips, zumal angesichts der unübersichtlichen englischen Immobiliar-
verhältnisse hinderte die Entwicklung des Registrierungssystems, schon das Gesetz von 1875
(s. 30 ff. s. 7 ff.) begann einzulenken, und namentlich unter Brickdales Einfluß ist mit dem Ge-
setz von 1897 (s. 7) im wesentlichen das Prinzip unsers öffentlichen Glaubens des Grundbuchs
akzeptiert. Die Eintragung gibt zunächst die Vermutung (prima kacie evidence) für das Bestehen
des Rechts; gegenüber der Eintragung ist auch die limitation of actions ohne konstitutive Ver-
schweigungswirkung (s. o. Nr. 1b). Verlassen kann sich auf das Register der gutgläubige, nicht
fahrlässige (negligent) entgeltliche (kor value) Erwerber eines Rechts vom Eingetragenen; der
gute Glaube wird insbesondere auch durch entgegenstehende Vormerkungen zerstört; der in
diesem Sinne Gutgläubige erwirbt das Recht, der dadurch in seinem Recht Gekränkte wird
entschädigt. Uber unser deutsches Prinzip hinaus aber ist die Wirkung noch dadurch abgeschwächt,
daß der in possession eines Rechts Befindliche, insbesondere der in possession des Grundstücks
befindliche Eigentümer, durch irrige Eintragungen nicht sein dingliches Recht verliert, daß viel-
mehr der gutgläubige Eingetragene in solchem Falle nur eine Geldentschädigung erhält; es
tritt Berichtigung des Grundbuchs ein: where a registered disposition would if unregistered
be absolutely void or where the effect of such error, omission, or entry, would be to deprive
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