Überblick über das englische Privatrecht. 325
für die Entziehung (ouster) anderer chattels real und aller corporeal hereditaments verwendbar.
Das Verfahren ist dieser Fiktion erst 1852 (15/16 Vict. 76) und durch die Judicature Act von
1873 völlig entkleidet worden, nachdem die meisten Realklagen auch formell durch 3/4 Will. IV.
. 27 (1833) beseitigt waren; die Klage wird jetzt als action for the recovery of possession of
land bezeichnet. Auch die alten Wittumsklagen und die Patronatsklage quare impedit, welche
die übrigen Realklagen überdauert hatten, sind durch die rommon law procedure act von 1860
(23/24 Vict. c. 1260) dem ordentlichen Verfahren unterworfen und jetzt petitorisch. — Die der
actio negatoria entsprechende action of nuisance (als action on the case an Stelle der alten
assise of nuisance und des writ of right quod permittat prosternere getreten) ist lediglich
Schadensklage. Zur Sicherung gegen schädigende Handlungen des' 623 Inhabers eines parti-
cular estate (s. o. Nr. 5) dient ebenfalls eine an Stelle der alten mixed action of waste ge-
tretene reine Schadensklage (a. on the case for damages), und auch zur Sicherung von incorporeal
hereditaments dienen — abgesehen von der Patronatsklage — bloße Schadensklagen (a. on
the case of disturbance): auch diese sämtlich jetzt dem ordentlichen Verfahren unterworfen.
Pollock and Maitland II S. 29 ff., S. 510 ff.; Blackstone III ch. 10 ff.;
Stephen, b. Vch. 6 und besonders ch. 7; Güterbock, Bracton # 19, 20; Gunder-
mann, Brunner l. lc. c., Heusler, Gewere S. 419 ff.; Hazeltine, Geschichte des
englischen Pfandrechts S. 49 .; Sedg wic k and Wait, Action of ejectment Sel. Ess. III
S. 611.
9. An den beweglichen Sachen (movable goods, choses in possession als Teil
der personal property) besteht seit alters in England volles Privateigentum; der germanische
Charakter dieses Fahrniseigentums zeigt sich dabei besonders in der Entwicklung der Fahrnis-
klage: dem angelsächsischen und anglonormannischen Recht ist der Satz „Hand wahre Hand“
bekannt, und der zu Bractons Zeit zur Vindikation ausgewachsenen Diebsklage kann der
Erwerb auf offenem Markt entgegengehalten werden, freilich nur zur Vermeidung der Diebstahls-
strafe, nicht auch der Sachherausgabe; diese dingliche Klage wird aber noch im 13. Jahrhundert
durch eine bloß persönliche Schadensklage gegen den Dieb selbst (action of trespass de bonis
asportatis) abgelöst, während anderseits anvertraute Sachen vom Vertrauensmann (bailee)
lediglich mit der Vertragsklage (action of detinue) herausgefordert wurden, so daß es gegen
Dritte zunächst in keinem Falle eine Klage mehr gab; erst allmählich wurde dies durch Aus-
dehnung der detinue-Klage und (16. Jahrhundert) Gewährung der ebenfalls persönlichen
Fundklage (trover) gegen dritte Erwerber gebessert. Daher gibt es im englischen Recht noch heute
keine Realklage zum Schutz des Fahrnisrechts, sondern nur personal actions, die allerdings seit
Beseitigung der alten Klagformen und seit Durchdringen des Gedankens der specific performance
(s. o. § 2 Nr. 2b) bei sehr erleichterter Klagebegründung zum gleichen Resultat wie Real-
klagen führen.
Für den Erwerb des Fahrniseigentums kommt in Betracht die Okkupation (occu-
pancy), zu der man außer der occupatio bellica und dem Jagderwerb (game, s. o. Nr. 4 e) auch
die in Anlehnung an das römische Recht geregelten Fälle der accession (insbesondere Frucht-
erwerb und Spezifikation) und der confusion rechnet; der Funderwerb hat dagegen keine selb-
ständige Bedeutung, weil die von Dieben aufgegebenen Sachen (waifs), das Strandgut (wreck),
verlaufene Tiere (estrays) ebenso wie der Schatzfund der Krone gebühren (Stephen, b. IV,
lch. 7) und im übrigen die Fundklage (action ok trover) des Verlierers gegen jeden Fundbesitzer
gegeben ist. Am wichtigsten ist natürlich auch für Mobilien die freiwillige Ubertragungz sie er-
folgte im alten Recht nur durch livery of seisin, also durch körperliche Tradition, neben die dann
allmählich infolge einer in ganz Westeuropa erscheinenden Strömung nach Entfesselung des
Mobiliawerkehrs die Veräußerung durch gesiegelte Urkunde (deed), und die praktisch wichtigste
durch einfachen Kaufvertrag (sale) getreten ist. Die Veräußerung durch körperliche Tradition (gift
and delivery) ist im übrigen formlos und kann auch durch Anweisung an den Verwahrer voll-
zogen werden; die Veräußerung mittels deed erfolgt durch die bloße Aushändigung der form-
gerechten Urkunde; aus ihr erklärt sich die Ubereignung durch Warrant und durch Konnossament
(Hecht, Warrants 1884, O.Chr. Fischer, Warrant--Verkehr 1908 S. 48 ff.), die heute
selbständig daneben steht Geymann, Traditionspapiere 1905 S. 197 ff., 233). Der
bloße Kaufvertrag überträgt das Eigentum sofort, wenn er unbedingt und unbefristet