Grundzüge des romanischen Rechts. 377
der curator emancipati) bei gewissenwichtigerenGeschäftenzuassistieren
hat (Art. 499, 513 ff. CN.). Eine sehr weise Vorschrift, welche gegen die Unterdrückung der
persönlichen Freiheit durch Machinationen mißgünstiger Familienglieder gerichtet ist! Über
das Vorliegen von Geistesschwäche und Verschwendung kann man sehr verschiedener Meinung
sein, und die Unbestechlichkeit unseres Richterstandes schützt hier nicht immer vor Fehlgriffen.
Auch genügt es, den Schwächling in Vornahme der wichtigeren Geschäfte zu beschränken,
während er z. B. für seine Lebensnotdurft ganz gut selbst sorgen kann. Auch bei den der Assistenz
des Beistandes bedürftigen Akten wird das eigene Handeln nicht ausgehoben. Die Zustimmung
des Beistandes ist nur Gültigkeitserfordermis des Akts.
V. Erbrecht.
§ 32. Die Erbschaft geht von Rechts wegen auf den berufenen Erben über (le mort saisit
le vit), vorbehaltlich der Befugnis, sie binnen gewisser Frist formell auszuschlagen. Die An-
nahme kann formlos geschehen. Eine Annahme sub beneficio inventarü erfolgt und wirkt
in der Art wie nach römischem Recht. Entsprechend können die Erbschaftsgläubiger gegen den
überschuldeten Erben das beneficium separationis erwirken. Art. 724, 774, 784 ff., 793 ff.,
878 ff., 2111 CN. Die gesetzliche Erbfolge steht, wenigstens in Frankreich, im Vorder-
grunde, so daß die testamentarischen Zuwendungen sie nur einschränken, während
das Pflichtteilsrecht unter dem Gesichtspunkt erscheint, wie weit man über seinen Nachlaß letzt-
willig zum Vorteil Dritter verfügen kann (disponible Quote). Erbverträge
sind, abgesehen von der elterlichen Vermögensverteilung (Art. 1075 ff.) und Verfügungen im
Ehevertrage (Art. 1082 ff. CN.), unzulässig.
§8 33. Die gesetzliche Erbfolgeordnung beruht auf der vom CN. getroffenen
Unterscheidung der eigentlichen Erben und Erbfolger. Art. 723 ff. Auf die ersteren
devolviert der Nachlaß ohne weiteres; sie haben die Erbschaftsgewere (saisine) und haften für
die Schulden des Erblassers wie dieser selbst. Die letzteren erlangen das ihnen Gebührende zwar
auch von Rechts wegen zu Eigentum (s. o.), müssen sich aber erst in den Besitz einweisen lassen
und haften nach der Praxis nicht über den Belauf des selbst Empfangenen für die Schulden
des Nachlasses.
1. Als Erben in diesem Sinne sind berufen
a) die ehelichen Blutsverwandten des Erblassers, also in erster Linie seine Kinder und
weitere Abkömmlinge (nach Köpfen resp. Stämmen und mit Repräsentationsrecht in infinitum).
Adoptiv- und legitimierte Kinder kommen nach den darüber aufgestellten Grundsätzen wie ehe-
liche in Betracht.
In Ermangelung von Deszendenten sind Vater, Mutter und Geschwister des Verstorbenen
nebst deren Abkömmlingen berufen (mit Repräsentationsrecht in inkinitum). Und zwar erhält
jeder Eltemteil ein Viertel des Nachlasses; in den Rest sukzedieren die Geschwister und deren
Abkömmlinge nach Köpfen resp. Stämmen. — In dieser Klasse werden auch halbbürtige Ge-
schwister und deren Abkömmlinge berücksichtigt, erhalten jedoch kleinere Erbguoten. Für die
halbbürtigen Geschwister wie für die weiter folgenden Verwandtenklassen
(s. u.) wird nämlich der Nachlaß (ohne Berücksichtigung der Herkunft der einzelnen
Güter) in zwei Hälftengeteilt, wovon die eine den Verwandten väterlicher, die andere
den Verwandten mütterlicher Linie zufällt, so daß von nun an beide Seiten unabhängig von-
einander sukzedieren, bis auf der einen Seite keine erbfähigen Verwandten mehr vorhanden
sind. Dann fällt die betreffende Hälfte den Verwandten der anderen Linie zu. Dieses Prinzip
(der Linealteilung,) tritt nun schon in der zweiten Klasse dann ein, wenn nur halb-
bürtige Geschwister resp. deren Abkömmlinge vorhanden sind (dann erben die con-
Sanguinei nur in der väterlichen, die uterini in der mütterlichen Linie). Konkurrieren
dagegen vollbürtige Geschwister resp. deren Abkömmlinge mit halbbürti-
gen, so erben die vollbürtigen in beiden Linien (da sie zu beiden gehören),
die halbbürtigen nur in ihrer Linie. Art. 732, 748—752 CN.