Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Zweiter Band. (2)

410 Albert Osterrieth. 
Zur Ergänzung der Pariser Übereinkunft besitzt das Deutsche Reich noch einige Sonder- 
verträge mit Italien, der Schweiz, den Vereinigten Staaten, Osterreich, Ungam und 
Dänemark. Die ersten drei Verträge sehen in den Beziehungen dieser Länder zu Deutschland 
eine gegenseitige Aufhebung des Ausführungszwanges vor. Der Vertrag mit Dänemark 
beseitigt den Ausführungszwang für Geschmacksmuster. 
b) Für den internationalen Schutz des geistigen Urheberrechts wurde zwischen einer Reihe 
von Staaten am 9. September 1886 die sogenannte Berner Ubereinkunft ab- 
geschlossen, der die meisten europäischen Staaten (mit Ausnahme Osterreichs, Ungarns, Ruß- 
lands und der Balkanländer) angehören. Diese Ubereinkunft wurde verbessert 1896 durch die 
Pariser Konferenz und umgestaltet 1908 durch die Berliner Konferenz. (Revidierte Berliner 
Übereinkunft vom 13. November 1908.) Da einzelne Länder die Beschlüsse der beiden 
Revisionskonferenzen nicht ratifiziert haben, bestehen in der Tat drei Verbände. Dazu kommt 
noch, daß die Berliner Ubereinkunft bezüglich einzelner Fragen Vorbehalte zuläßt, so daß das 
Bild des Verbandsschutzes ziemlich bunt ist. 
Der Schutz der Berner Übereinkunft wird gewährt den Werken des einem Verbands- 
lande angehörenden Urhebers, die noch nicht veröffentlicht sind, sowie solchen Werken, die zum 
ersten Male innerhalb einer der Verbandsländer erschienen sind, ohne Rücksicht darauf, ob die 
Urheber einem Verbandslande angehören oder nicht. 
Der Schutz erstreckt sich auf alle Werke der Literatur und der Kunst, ohne Rücksicht auf 
die Art oder die Form der Vewielfältigung, sowie auf Photographien. 
Die Voraussetzungen und die Wirkungen des Schutzes richten sich nach der Gesetzgebung 
jedes Landes. Der Schutz ist nicht an die Erfüllung irgendwelcher Förmlichkeiten gebunden. 
(Nach der alten Berner Ubereinkunft ist für die Bedingungen und Förmlichkeiten des Schutzes 
die Gesetzgebung des Ursprungslandes maßgebend.) 
Besondere Bestimmungen sind getroffen für die Wiedergabe von Werken der Tonkunst 
durch mechanische Instrumente sowie für die kinematographische Wiedergabe. 
Sondererträge bestehen mit Frankreich, Belgien, Italien (zur Ergänzung der Berner 
Übereinkunft). Ferner mit Osterreich und Ungarn (30. Dezember 1899), mit den Vereinigten 
Staaten (15. Januar 1892) und mit Rußland (28./15. Februar 1913), die sämtlich dem Berner 
Verband noch nicht angehören. 
Anhang. 
Ausblicke in die Jukunft. 
Die Gesetzgebung des Urheberrechts ist noch im Fluß begriffen und wird auch wohl in 
absehbarer Zeit nicht zum Abschluß kommen. 
Abgesehen von dem Umstand, daß der ganze Stoff noch nicht vollständig in das System 
unseres bürgerlichen Rechts hineingewachsen ist — trotz Kohlers grundlegender Arbeiten —, 
ist hieran die Gangart unserer Gesetzgebung schuld, die auf allen Gebieten niemals dem Be- 
dürfnis vorausgeeilt ist, sondern Punkt für Punkt sich von dem praktischen Bedürfnis hat 
treiben lassen, wobei die einheitliche Behandlung des Stoffes Not litt. 
Einen glücklichen Einfluß hat zum Teil — vorwiegend auf dem Gebiete des geistigen 
Urheberrechts — die Fortbildung des internationalen Rechts und mittelbar das Beispiel fort- 
geschrittener ausländischer Gesetzgebung geübt. 
Trotzdem ist unsere Gesetzgebung des geistigen Urheberrechts noch in manchen Punkten 
rückständig und lückenhaft. Namentlich ist zu beklagen, daß Deutschland noch an der kurzen 
dreißigjährigen Schutzfrist festhält, die 1837 durch die preußische Gesetzgebung eingeführt wurde, 
während die meisten anderen Länder zur fünfzigjährigen Schutzfrist post mortem autoris fort- 
geschritten sind. Eine mehr und mehr fühlbar werdende Lücke weist die Schutzlosigkeit der 
Vortrags= und Regieschöpfungen auf. 
Vollkommen veraltet und unbrauchbar ist unser Geschmacksmustergesetz (von 1876). Die 
Vorschrift, daß nur solche Geschmacksmuster wirksam hinterlegt werden können, die noch nicht
	        
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