Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Zweiter Band. (2)

120 Martin Wolff. 
liche Feuerwersicherung des Landesrechts, Arbeiterwersicherung), fehlt es an einem synallagmati- 
schen Verhältmis. 
7. Das Entgelt muß nach allgemeinen Lebenserfahrungen bemessen 
sein, d. 9. es muß so berechnet werden, daß der Versicherer bei richtiger Bemessung und im 
Großbetrieb aus der Gesamtheit der ihm gezahlten Prämien die als wahrscheinlich anzusehenden 
Ersatzsummen zahlen kann. Ob die Berechnung richtig oder unrichtig ist (z. B. auf unrichtigen 
Sterbetafeln beruht), macht aber keinen Unterschied. Durch die angegebene Art der Entgelts- 
bemessung unterscheiden sich insbesondere: die entgeltlich übernommene Bürgschaft von der 
Kreditversicherung (dazu ROHG. 5, 332) und der schlichte Leibrentenvertrag (z. B. des Alt- 
bauern bei Gutsübergabe) von der Leibrentenversicherung 1. 
Dagegen ist es für den Begriff des Versicherungsgeschäfts nicht wesentlich, daß das 
einzelne Geschäft Teil eines planmäßigen, auf eine große Reihe gleichartiger Geschäfte 
gerichteten Betriebs sei. Insbesondere kommt nicht selten die nur gelegentliche Über- 
nahme von Seeversicherungen vor. 
Literatur: Goldschmidt, H. d. HRs. 1 579 ff.; System d. HRs. 4 249 ff., 256 ff.; 
Laband, Straßburger Festg. f. Thöl 1879; Hecker, Zur Lehre v. d. rechtl. Natur der 
Versicherungsverträge 1 1892; Ehrenberg, Versicherungsrecht 53 ff., Z. f. HR. 32, 409 ff., 
33, 1 ff. und Leip Z. 1 (1907) 161 ff.; Fick, Der jurist. Charakter des Lebensversicherungsvertrags 
1884; Vivante,. Z. f. HR. 39, 451 ff. und II contratto di assicurazione 3, 11 ff.; Hupka, 
Z. f. HR. 66, 546 ff.; Brodmann, Leipz3. 1 (1907) 123 ff., 193 ff., 546 ff.; Grieshaber, 
Das Synallagma des Vers. Vertrags 1914; Cosack 546 f.; Kohler 363 ff.; Lehmann 997 ff. 
8 4. Die Arten der Privatversicherung. I. Prämien= und Gegenseitig- 
keitsversicherung. llber beide und ihre geschichtliche Entwicklung vgl. oben § 1. 
Heute ist die Gegenseitigkeitsversicherung als Versicherung durch eine juristische Person aus- 
gestaltet. Während die Prämienversicherung ein Individualrechtsverhältnis darstellt (A. ver- 
sichert den B., den C., den D. usw., wobei, wenn A. juristische Person, z. B. Aktiengesellschaft, 
ist, die Versicherungsnehmer B., C., D. nicht Mitglieder [Aktionäre] zu sein brauchen), gehört 
die Gegenseitigkeitsversicherung dem Sozialrecht an: ein rechtsfähiger Verein, der Versiche- 
rungsverein auf Gegenseitigkeit, versichert seine Mitglieder. Während die Prämienversicherung 
durch einen schuldrechtlichen Vertrag begründet wird, ist bei der Gegenseitigkeits- 
versicherung das Geschäft, das Versicherer und Versicherungsnehmer schließen, auf Begründung 
der Mitgliedschaft gerichtet; erst aus der Mitgliedschaft fließt das Versicherungsverhältnis, 
und nach dem Inhalt der Mitgliedschaft bestimmt sich der des Versicherungsverhältnisses 7. 
Aber auch dieses auf Erzeugung der Mitgliedschaft gerichtete Geschäft ist Rechtsgeschäft (anders 
vom Standpunkt derer, die die rechtsgeschäftliche Natur sozialrechtlicher Akte leugnen, wie 
Gierke), und zwar Vertrag (a. M.: K. Lehmanng; da der Vertrag wenigstens mittel- 
bar auf Entstehung einer Versicherung gerichtet ist, mag man ihn als Versicherungsvertrag 
bezeichnen; jedenfalls ist er ein Versicherungsvertrag in der Sprache des VVG. 7. 
  
1 Oft wird irrig als Leibrentenvertrag jeder Vertrag bezeichnet, bei dem die Rente sofort 
oder zu einem späteren kalendermäßig bestimmten Termin beginnt, als Leibrentenversicherung 
nur der Vertrag, bei dem die Rente von einem ungewissen Zeitpunkt ab (z. B. vom Tode des 
Mannes ab an die Witwe auf deren Lebenszeit) geschuldet wird. Hier ist der Begriff der Ver- 
sicherung zu eng gefaßt: stets, wenn eine Leibrente zum Schutz gegen den vorzeitigen Verbrauch 
eines Kapitals versprochen (Ehrenberg) und das Verhältnis zwischen Rente und Kapital 
nach Sterbetafeln berechnet wird, liegt Rentenversicherung vor. Jene Versicherung einer Rente 
vom eigenen Tode an bis zum Tode der Witwe enthält einen Versicherungsvertrag mit zwei 
Gefahren; hier werden deshalb zwei Sterbetafeln berücksichtigt. Vgl. RG. 28, 315 ff. 
2 20 Satz 2 Vl G. leitet in der Fassung irre; er klingt, als sei die Begründung der Ver- 
sicherung das Prins, aus dem der Erwerb der Mitgliedschaft fließt, während es gerade umgekehrt 
liegt. Er will nichts sagen als daß ein Nichtversicherter nicht Mitglied sein kann. — Früher nahm 
man oft an, Versicherung und Mitgliedschaft ruhten auf zwei verschiedenen Verträgen, die nach 
manchen ein „einheitliches Ganzes“ bilden. Literatur bei Ehren berg, B . I1 138 ff., RG. 
3, 387; 4, 397; II, 182; 40, 198. 
3 Vgl. schon ROHG. 8, 183. — WMichtig insbes.: Während die Erklärung des Beitritts zu einer 
eingetragenen Genossenschaft, Aktiengesellschaft oder Gesellschaft mit beschr. Haftung wegen Irr- 
tums, Betrugs, Drohung nach festem Gewohnheitsrecht nicht angefochten werden kann, ist der 
Vertrag, durch den jemand Mitglied eines Versich. Vereins a. Gegens. wird, aus jenen Gründen 
anfechtbar, wie jeder Prämienversicherungsvertrag.
	        
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