Das Privatversicherungsrecht. 423
„Organisationsfonds“ schaffen, der Fehlbeträge in den ersten Jahren des Bestehens vermeiden
hilft; Veröff. APV. 10, 222 f.; 11, 98 f.). Für das Statut der Versicherungsaktiengesellschaft
sind einige instruktionelle Vorschriften (außer den zwingenden des § 182 H#GB.) aufsgestellt
(5 8 VuU G.; vgl. ferner § 123 VuU G.). Die Aktien sind in der Regel vinkulierte Namenaktien.
Nicht selten, insbesondere bei der Lebensversicherung, beteiligen die Aktiengesellschaften, ähnlich
den Gegenseitigkeitsvereinen, die Versicherungsnehmer am Gewinn, indem sie den Aktionären
nur eine (z. B. auf 5 %) beschränkte Dividende gewähren und den Gewinnüberschuß auf die
Versicherungsnehmer verteilen.
2. Andere als die zu 1 angeführten Versicherungszweige können auch von anderen
Personen alsvon Aktiengesellschaften betrieben werden: von Einzelpersonen, offenen Handels-
gesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Aktienkommanditgesellschaften u. a.
So insbesondere die See- und Binnentransportversicherung, die Vieb-, Diebstahls-, Glas-
versicherung u. a. Der gewerbsmäßige Betrieb solcher Geschäfte macht den sie Betreibenden
zum Kaufmann (§ 1 Nr. 3 HG.).
III. Jede Art der Versicherung, die Gegenseitigkeits= wie die Prämienversicherung, kann
von juristischen Personen desöffentlichen Rechts betrieben werden (Reich,
Staat, Gemeinden, Kirchen, Universitäten u. a., aber auch besonderen öffentlichrechtlichen
Versicherem, sei es Körperschaften oder Anstalten 1, z. B. der Lebensversicherungsanstalt für
Armee und Marine, der preußischen Rentenversicherungsanstalt). Sie unterstehen nicht dem
Vl., daher nicht der dort geordneten Staatsaufsicht. Landesrechtlich kann ihnen sogar ein
Monopolrecht eingeräumt werden (wie der bayrischen Immobiliarbrandversicherungsanstalt
(§T 119, 120 Vu G.).
Manes, Vers Wesen 78 ff.; Böhmer, Z. f. Vers Wiss. 11, 976 ff.
8 7. Der Bersicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Der Versicherungsverein auf
Gegenseitigkeit (VVa G.), dessen Recht jetzt durch das VlI G. von 1901 9§ 15—53 geregelt wird,
steht seiner juristischen Natur nach in der Mitte zwischen der Erwerbs= und Wirtschaftsgenossen-
schaft und der Aktiengesellschaft; wie jene ist er ein nicht auf ein Grundkapital aufgebauter
Verein, der sich durch den Gegenstand seines Unternehmens charakterisiert und keine fest-
begrenzte Zahl von Mitgliederstellen hat; von der Aktiengesellschaft entlehnt der VVaG. erheb-
liche Teile seiner Organisation, die Normen über Bilanzaufstellung und Reservefonds und das
Recht der Auflösung und Liquidation.
I. Da der VVa. keine Erwerbsgesellschaft ist, vielmehr die durch die Beiträge der Ver-
sicherungsnehmer erzielten Überschüsse an diese wieder auszahlt, wurde er vor dem Vu.
nach bürgerlichem, nicht nach Handelsrecht beurteilt (RO#G. 18, 398 ff.). Heute gilt er als
Vollkaufmann im Sinne des H#GB., abgesehen davon, daß er keinen stillen Gesellschafter
haben kann (M. Wolff, Berliner Festgabe f. Gierke II, 127 f.), und sein Unternehmen wird
wie ein Handelsgewerbe behandelt. Er hat eine Firma, die den Sitz des Vereins erkennen
lassen und selbst oder durch Zusatz ausdrücken soll, daß Versicherung auf Gegenseitigkeit be-
trieben wird. Er wird in das Handelsregister eingetragen.
II. Der VVaG. erlangt Rechtsfähigkeit nicht mit dem Registereintrag, sondern
mit der diesem Eintrag vorausgehenden Erlaubnis der Aufsichtsbehörde zum
Geschäftsbetrieb (Konzessionssystem; davon unten § 8 III 1). Ist diese Erlaubnis erteilt, so darf
der Registerrichter (dessen Tätigkeit hier jeder konstitutiven Kraft entbehrt) nicht nachprüfen,
ob sie mit Recht erteilt ist, ob insbesondere eine gültige Satzung vorliegt. Der VVaWG. muß
eine Satzung haben, mit einem gesetzlich vorgeschriebenen Inhalt; eine gesetzwidrige Satzung
macht aber den Verein weder nichtig noch vernichtbar. Die Verfasser der Satzung brauchen
nicht Mitglieder des Vereins zu werden (anders als bei der Aktiengesellschaft). Bei jedem
VVas. ist regelmäßig ein Gründungsfonds zu bilden, aus dem die Kosten der Vereins-
errichtung gedeckt werden und der als Garantie= und Betriebsfonds dient. Er entspricht dem
bei den Versicherungsaktiengesellschaften üblichen Organisationsfonds (vgl. § 6 II 1). Er wird
nicht durch Mitgliederbeiträge, sondern regelmäßig durch Darlehen (von Mitgliedern oder Nicht-
1 Das preuß. G. v. 25. 7. 1910 bezeichnet (5 3) die öffentlichen Feuerversicherungsanstalten
als „Körperschaften“; das eben sind sie nicht, sondern Anstalten.