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Schein erst nach Abschluß des Vertrags ausgestellt, ist also nicht konstitutive Urkunde; er kann
aber durch die Abrede, daß der Vertrag erst durch Einlösung der Police zustande kommen solle,
konstitutiv gemacht werden.
III. Bei Abhandenkommen dder Vernichtung sind der Inhaberschein und der
Transportversicherungsschein an Order amortisierbar; bei anderen Versicherungsscheinen kann
der Versicherungsnehmer ohne weiteres eine Ersatzurkunde fordern. Braucht der Versicherer
nur gegen Rückgabe des Scheins zu leisten, so genügt, wenn der Versicherungsnehmer zur
Rückgabe außerstande zu sein behauptet, ein Mortifikationsschein (§§ 3 Abs. 2, 4 Abs. 2 VVG.;
§ 365 Abs. 2 HGB.; § 808 Abs. 2 BGB.).
IV. Bisweilen wird abgemacht, daß in der Annahme des Versicherungsscheins durch den
Versicherungsnehmer eine Genehmigung seines Inhaltes liege. Solche Abmachung
ist gefährlich, wenn der Text des Scheins von dem Antrag abweicht. Deshalb ist sie nur
wirksam, wenn dem Versicherungsnehmer Gelegenheit gegeben wird, den Schein zu studieren;
die Widerspruchsfrist, die ihm vertraglich eingeräumt sein muß, beträgt einen Monat (bei der
Hagelversicherung eine Woche), §§ 5, 109 VVG. Die Versäumung der Frist kann wegen Irr-
tums ebenso angefochten werden wie eine Genehmigung (dies ist der Sinn von §5 Satz2,
der dem § 1956 BG#B. konstruktiv entspricht): Die Anfechtbarkeit setzt nicht voraus, daß der
Versicherungsnehmer die Frist in Kenntnis seines Widerspruchsrechts versäumt habe (das
Gegenteil nimmt für §J 1956 BGB. RG. 58, 81 an).
Cosack 563 ff.; Kohler 421 f.; Lehmann 1035; Bendirx, Z. f. VWiss. 3, 248 ff.;
v. Oertzen, ebenda 11, 822 ff.; Kirchmann, LeipzB. 1913, 188 ff., 271 ff., 367 ff.
§ 14. Die Pflichten des Versicherungsnehmers. I. Der Versicherungsnehmer ist ver-
pflichtet, die vereinbarten Prämien (boei der Gegenseitigkeitsversicherung: Beiträge,
vgl. oben §7 IV) zu zahlen. Die Prämie kann eine einmalige (sog. Mise) oder eine laufende
sein; zerfällt die Versicherungszeit in Versicherungsperioden (s. oben § 11 V), so wird die Höhe
der laufenden Prämie nach diesen Perioden bemessen; meist fallen die Zahlungszeiten mit den
Versicherungsperioden zusammen. Die Mise und bei der laufenden Versicherung die erste
Prämienrate sind sofort nach Vertragsschluß zu zahlen, Zug um Zug gegen Ausstellung des
Versicherungsscheins, § 35 (sog. Einlösung der Police). Leistungsort für alle
Prämien ist, abweichend von BG. F 269, der jeweilige Wohnsitz des Versicherungs-
nehmers oder bei einer im Gewerbebetriebe genommenen Versicherung (für Kaufleute gelten
dabei die Vermutungen des § 344 H#GB.) der Ort seiner gewerblichen Niederlassung. UÜber-
mittelungsort ist, wie nach BGB. F.270, die Niederlassung des Versicherers (§ 36). Wenn
(was vielfach Brauch) der Versicherer oder sein Agent die Prämie beim Versicherungsnehmer
regelmäßig hat abholen lassen, so erlischt auch für die künftigen Prämien die Übermittelungs-
pflicht, aber sie entsteht wieder durch ein Gestaltungsgeschäft, ein schriftliches (Unterschrift trotz
8 126 BGB. nicht nötig) Übermittelungsverlangen des Versicherers; § 37 (Fortbildung der
bisherigen Praxis). Die Folgen nichtrechtzeitiger Prämienzahlung sind verschieden,
je nachdem es sich um die vor (oder bei) Versicherungsbeginn fällige Prämie handelt oder
um die erst nach Versicherungsbeginn fälligen.
1. Im ersten Fall Anfangsprämiegyz hat der Versicherer ein Kündigungsrecht mit
Monatsfrist; Kündigungsfolge ist Aufhebung der Versicherung, außer einem Anspruch auf
angemessene Geschäftsgebühr, der dem Versicherer bleibt (§ 40 Abs. 2 Satz 2); binnen des
Monats kann die Kündigungsfolge durch Zahlung beseitigt werden. Tritt der Versicherungs-
fall vor der Zahlung ein, so ist der Versicherer frei, gleichviel ob er gekündigt hat oder nicht,
gleichviel ob der Versicherungsnehmer mit der Zahlung in Verzug oder schlichter Verzögerung
ist (§ 38). Eine zum Nachteil des Versicherungsnehmers abweichende Vereinbarung ist nichtig
(F§ 42), zulässig aber, die Zahlung der Prämie zur rechtsgeschäftlichen Bedingung des Ver-
sicherungsbeginns zu machen (RG. 80, 140 f.).
2. Im zweiten Fall (Folgeprämie) hat der Versicherer nicht sogleich ein Kündigungs-
recht, sondern nur das Recht, eine mindestens zweiwöchige (bei Gebäudefeuerversicherung ein-
monatige) Zahlungefrist zu setzen. Erst nach Fristablauf kann er, wofern der Versicherungsnehmer
in Verzug ist, kündigen, und zwar abweichend vom ersten Fall fristlos. Trotz der Kündigung