Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Zweiter Band. (2)

64 J. Kohler. 
(dem Subhastaten) der betreffende Versteigerungsbetrag zugewiesen wird, welcher Betrag von 
seinen Gläubigern nach den gewöhnlichen Regeln gepfändet werden kann: denn die nachfolgen- 
den Hypotheken haben als solche kein Vorrecht darauf. Es gilt also bei uns der Satz: daß in allen 
Fällen, in welchen eine Hypothek aufhört, dafür eine Hypothek des Eigentümers in ihrem Range 
entsteht, welche sich allerdings regelrecht zur Grundschuld gestalten wird, wenigstens dann, wenn 
eine Forderung neben der Hypothek nicht mehr besteht. Auf solche Weise ist das Aleatorische ent- 
fernt: jede Hypothek behält ihre bestimmte Stelle; ein Vorrücken im Rang findet in keiner 
Weise statt, außer wenn solches ausdrücklich bestimmt ist, wenn der Eigentümer sich verpflichtet, 
im Falle der Eigentümerhypothek die Hypothek löschen zu lassen (§ 1179 BGB.) 1. Und auch 
eine Vertauschung der Rangordnung zweier Hypotheken ist zwar an sich gestattet, aber nur 
mit Zustimmung des Eigentümers der Sache, denn seine Anwartschaft auf eine Eigentümer- 
hypothek wird dadurch beeinflußt (§ 880; vgl. mit 8 1180 BGB., §J 27 Grundb O.) 2. 
Diese tiefgreifende Umgestaltung des Hypothekenrechtes ist bei uns so weit gediehen, daß, 
selbst wenn die Forderung von Anfang an nichtig ist, nicht ein dingliches Nichts, sondern eine 
Eigentümerhypothek entsteht 3; erlischt die Forderung, so entsteht eine Eigentümerhypothek 
und der Eigentümer kann eine Hypothek für einen Dritten eintragen lassen; und das 
gleiche gilt auch, wenn etwa bei einer aufschiebenden Bedingung die Bedingung nicht ein- 
tritt oder bei einer auflösenden die Auflösung stattfindet (§ 1163 BGB.), oder wenn der Gläubiger 
auf die Hypothek verzichtet, § 1168 BG#B. 4. Dies gilt auch von dem Erlöschen durch Zahlung 
der Amortisationsbeträge, obgleich diese in manchen Beziehungen (§8 197, 902 BG.) wie Zinsen 
behandelt werden 5. Zinsen und Nebenleistungen allerdings haben eine andere Natur: ihre Hypo- 
thek erlischt durch Zahlung, so daß keine Eigentümerhypothek für sie eintritt (& 1178) ". Eine 
Löschung der Hypothek durch Rechtsgeschäft kann daher, wie sich schon aus dem obigen (S. 40) 
ergibt, nur mit Zustimmung des Eigentümers stattfinden, § 11837. 
8 46. Aber auch wenn man das Vorrücken ausschließt, kann die gemeinrechtliche Gestaltung 
der Hypothek dem Bedürfnis noch nicht genügen; denn die gemeinrechtliche Hypothek ist doch 
noch von der Forderung abhängig, sie ist ihre bloße Befestigung und Verbürgung, und wenn 
die Forderung nicht besteht, so tritt zwar eine Eigentümerhypothek ein, allein der Hypothekar 
erwirbt nichts. Was man aber erstrebt, ist, die Hypothek zu etwas frei Veräußerlichem zu ge- 
stalten, zu einem blanken Wert, wie etwa der Wechsel, und daher abgelöst von allen Zufälligkeiten. 
Die Zufälligkeiten aber bestehen darin, daß der Erwerber einer Forderung im Fall der Zession 
nicht etwa die Sicherheit hat wie der Erwerber eines Wechsels, daß er vielmehr in alle Zufällig- 
keiten der Forderung hineingestürzt wird, und wenn die Forderung in der Person des Vor- 
Kraft dieser Verpflichtung kann eine Vormerkung eingetragen werden (5 1179 BB.). 
Kann die Einräumung des künftigen Vorranges auch zum voraus direkt geschehen? Das ist zu ver- 
neinen; man kann sich verpflichten, künftig die Vorrangordnung zu ändern, man kann sie aber nicht 
zum voraus ändern, OL. Kolmar 2. 1. 1901 Z. Els. Lothr. XXV1I 132. Wohl aber ist eine 
Verpflichtung zur Gestattung des Vorrückens und eine entsprechende Vormerkung auch dann 
möglich, wenn der, zu dessen Gunsten die Vormerkung gilt, noch keine spätere Hypothek hat, 
sondern sie erst künftig erwerben will; Oberst LG. Bayern 17. April 1902 Mugdan IV S. 490. 
Vgl. auch oben S. 46. 
* Vgl. Horn, Eigentümerhypothek (1906), S. 128 f. Vgl. oben S. 46. 
: Man hat allerdings angenommen, es bedürfe mindestens einer Einigung; wenn der Eigen- 
tümer ohne solche eine Hypothek für einen Dritten eintragen lasse, so genüge dies nicht: man sagt, 
das würde dem Betrug Tür und Tor öffnen, RG. 3. März 1909 Entsch. 70 S. 353. Doch halte ich 
diese Bedenken nicht für durchschlagend; die auf solche Weise nichtige Hypothek gilt als Grundschuld 
nach § 1196, die Täuschung der Gläubiger durch einen Strohmann kann auch sonst geschehen. 
* Die Eigentümergrundschuld bleibt auch bestehen, wenn sie nicht valutiert wird, RG. 6. De- 
zember 1911 Entsch. 78 S. 21. Überhaupt: die Stelle kann zum Nachrücken nur dann frei werden, 
wenn der Eigentümer die Rangerhöhung durch Nachrücken gestattet. Vgl. auch Strohal, 
Jahrb. f. Dogmat. 59 S. 186. 
5 Die Frage ist allerdings bestritten; vgl. die Kammergerichtsentsch. 31. Dezeimber 1901 2. De- 
zember 1901 und 26. Mai 1902 bei Mugdan V S. 155, IV S.70, V S. 256. Man vgl. auch noch §5P 1115, 
1158, 1159, 1178 BG. („Nebenleistungen“, wozu die Amortisation nicht gehört). Die besondere 
Natur der Amortisationsrenten (Tilgungsbeiträge) ergibt sich namentlich aus Hypothekenbankgesetz 821. 
* Die Eigentümerhypothek bietet andererseits große Schwierigkeiten. Wie wird sie ge- 
pfändet? Vgl. Enzyklopädie III S. 372. 
!* Dieselbe Person kann nicht Bevollmächtigter des Gläubigers und des Eigentümers sein, 
§ 181, Kammergericht 20. Dezember 1909 Entsch. f. Gerichtsb. X S. 238.
	        
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