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Handelsrechtlicher Natur ist aber das Emissionsgeschäft, das in der Vermittlung
der Emission einer öffentlichen Anleihe durch einen Bankier oder ein Bankkonsortium (Syndikat)
besteht. Der Bankier, der die Unterbringung der auszugebenden Papiere beim Publikum (Ver-
öffentlichung des Prospekts, Einladung zur Subskription, Entgegennahme der Zeichnungen,
Zuteilung der Stücke und Begebung gegen Preiszahlung) übernimmt, emittiert entweder für
Rechnung des Anleiheschuldners gegen prozentuale Provision zum vereinbarten Kurse oder
für eigne Rechnung gegen Zahlung eines Gesamtpreises an den Anleiheschuldner zu dem von
ihm selbst bestimmten Kurse. Auch im ersten Falle kontrahiert er meist in eignem Namen mit
den ersten Nehmern, denen er dann vertragsmäßig haftet. Späteren Nehmern haftet er nur
aus unerlaubter Handlung. — Das Emissionsgeschäft kommt in ähnlicher Weise auch bei der
Ausgabe von Aktien vor.
Handelsrechtlich geregelt sind ferner die Zulassung emittierter Papiere zum Börsen-
handel und die besondere Haftung aus Einführung an der Börse (oben § 70).
2. Zettelgeschäft. Das Zettelgeschäft besteht in der Ausgabe unverzinslicher, auf
Sicht lautender Schuldverschreibungen auf den Inhaber (Banknoten), die als Geldzeichen um-
laufen sollen. Es darf nur auf Grund eines staatlichen Privilegs von der Reichsbank und den
Privatnotenbanken betrieben werden. Die Notenbanken sind gesetzlichen Beschränkungen unter-
worfen, die darauf abzielen, die stete Einlösbarkeit auf Grund vorhandener Deckung (ein Drittel
bar) sicherzustellen. Durch die Bankgesetznovelle v. 1. Juni 1909 sind die Noten der Reichsbank
v. 1. Juni 1909 zum gesetzlichen Zahlungsmittel erhoben. Im übrigen sind Banknoten gleich
Reichskassenscheinen ein freies Zahlungsmittel. Es besteht keine Verpflichtung, sie als Geld
anzunehmen. Werden sie aber genommen, so liegt Zahlung, nicht bloß Hingabe an Zahlungs-
statt vor.
3. Depositengeschäft. Das Depositengeschäft besteht in der Hinterlegung von
Geld mit der Abrede, daß die Rückforderung jederzeit oder doch (bei größeren Summen) nach
kurzfristiger Kündigung erfolgen kann, inzwischen aber ein niedriger Zins (Depositenzins) zu
zahlen ist. Es wird von Bankiers betrieben, um die eingezahlten Gelder mit höherem Ertrage
für sich nutzbar zu machen, während die Hinterleger stets verfügbares und doch nicht ganz nutzlos
daliegendes Geld haben wollen. Seiner rechtlichen Natur nach ist es, da das Eigentum am Gelde
auf den Bankier übergeht, ein unregelmäßiger Verwahrungsvertrag (BGB. F 700).
4. Verschlossenes Depot. Die im Bankgewerbe vorkommende entgeltliche Über-
nahme der Aufbewahrung verschlossen übergebener Wertpapiere oder anderer Wertsachen ist
ein regelmäßiger Verwahrungsvertrag. Hieran ändert es auch nichts, wenn dem Hinterleger
ein besonderes, unter seinem Mitverschluß befindliches und ihm in den Geschäftsstunden stets
zugängliches Tresorfach eingeräumt wird. Doch wird hierüber gestritten, indem manche Sach-
miete oder doch ein mit Sachmiete gemischtes Geschäft annehmen.
5. Offenes Depot. Das offene Depot ist die Übernahme der Aufbewahrung un-
verschlossener Wertpapiere, regelmäßig verbunden mit der Übernahme der Besorgung der er-
forderlichen Verwaltungsgeschäfte (Realisienung von Zins-, Gewinnanteil- und Erneuerungs-
scheinen, Kontrolle von Kündigungen, Auslosungen und Aufgeboten, Umtausch, Kapital-
einziehung usw.). Der Hinterleger erhält gewöhnlich einen Depotschein (kein Wertpapier).
Die Vergütung besteht in prozentualen Depotgebühren. Wenn ein Vollkaufmann (Bankier
oder anderer Kaufmann) im Betriebe seines Handelsgewerbes Wertpapiere unverschlossen in
Verwahrung nimmt, gelten nach dem zur Verhütung von Mißbräuchen ergangenen Depot-
gesetz (RGes. v. 5. Juli 18960) besondere Rechtssätze.
Das Geschäft ist an sich ein regelmäßiger Verwahrungsvertrag. Der
Hinterleger bleibt Eigentümer; der Verwahrer darf über die Papiere nicht zu eignem Nutzen
verfügen und muß dieselben Stücke zurückgeben. Nach dem Depotgesetz hat er die besondere
Verpflichtung, die Papiere jedes Hinterlegers gesondert mit erkennbarer Bezeichnung aufzu-
bewahren und sie in ein besonderes Handelsbuch oder ein darin gehörig in bezug genommenes
Verzeichnis einzutragen (S 1). Wenn ein Bankier oder anderer Vollkaufmann als Kom-
missionär für Rechnung eines Kommittenten Wertpapiere einkauft, die nicht alsbald ausgeliefert
oder wiedewerkauft werden sollen, oder den Umtausch von Papieren oder die Geltendmachung