Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

Grundzüge des Handelsrechts. 109 
nicht binnen drei Tagen gerichtlich geltend macht, ist den Vormännern verantwortlich; er und 
alle anderen Nachmänner verlieren das Rückgriffsrecht; die Pfandrechte der Vormänner sind 
zugleich mit dem Pfandrecht des letzten Frachtführers erloschen; dagegen bleiben die Forde- 
rungen gegen den Empfänger in Kraft (5 442). 
5. Eintritt des Empfängers in das Rechtsverhältnis. Doas innere 
Rechtsverhältnis zwischen dem Absender und dem Empfänger kann sehr verschieden geartet 
sein. Hiemach bestimmen sich der Übergang des Eigentums und die Tragung der Gefahr. 
Dem Frachtführer gegenüber ist dies bedeutungslos. Dagegen tritt im Laufe der Transport- 
entwicklung nach Maßgabe der äußeren Schicksale von Frachtgut und Frachtbrief der Empfänger 
dem Frachtführer gegenüber allmählich in die Stellung des Transportherrn ein (§s 433—436). 
Die Grundlage hierfür bildet das im Frachtvertrage gegebene und empfangene Versprechen 
der Leistung an einen Dritten. Frachtgut und Frachtbrief aber erscheinen dabei als Vehikel 
des Rechtsverhältnisses, das sie zum Empfänger hinübertragen. Der Frachtbrief, der an sich 
nur Beweisurkunde ist, entfaltet hiermit wertpapiermäßige Funktionen. Die einzelnen 
Regeln sind: . 
a) Zunächst steht das Verfügungsrecht über das Frachtgut dem Absender zu, der daher 
den Frachtführer bindend anweisen kann, das Gut anzuhalten, zurückzugeben oder einem anderen 
als dem Empfänger auszuhändigen (stoppage in transitu, droit de suite); er muß nur die Mehr- 
kosten tragen. Dieses Verfügungsrecht erlischt aber, wenn das Gut am Lieferungsort ange- 
kommen und entweder der Frachtbrief übergeben oder vom Empfänger Klage erhoben sst. 
b) Daneben kann schon vor der Ankunft des Guts der Empfänger dem Frachtführer 
bindende Anweisungen wegen Sicherstellung des Guts erteilen; Auslieferung kann er nur mit 
Ermächtigung des Absenders fordern. 
Tbc) Mit der Ankunft des Guts erlangt der Empfänger das Recht, alle Rechte aus dem 
Frachtvertrage, insbesondere den Anspruch auf Ubergabe des Frachtbriefes und Auslieferung 
des Guts, in eignem Namen gegen den Frachtführer geltend zu machen; doch verliert er dies 
Recht durch eine (nach der Regel zu a) noch zulässige entgegenstehende Anweisung des Ab- 
senders. 
d) Ist nach der Ankunft des Gutes der Frachtbrief übergeben oder Klage erhoben, so hat 
nur noch der Empfänger ein Verfügungsrecht; der Frachtführer macht sich ihm haftbar, wenn 
er noch eine Anweisung des Absenders befolgt. 
e) Durch die Annahme von Frachtgut und Frachtbrief tritt der Empfänger auch in die 
Pflichten aus dem Frachtvertrage nach Maßgabe des Frachtbriefes ein. Der Frachtführer kann 
sich an ihn halten, behält aber zugleich den Anspruch gegen den Absender. 
6. Ladeschein. Der Frachtführer kann einen Ladeschein ausstellen (§ 444); nach Binnen 
schiffahrtsrecht ist er auf ein vor Beginn der Verladung gestelltes Verlangen dazu verpflichtet 
(BSch G. # 72 Abs. 1). Ladescheine sind nur im Binnenschiffahrtsverkehr üblich. 
Der Ladeschein ist ein Wertpapier, in dem sich der Frachtführer zur Auslieferung 
des Gutes an den legitimierten Besitzer des Papiers verpflichtet. Er hat die wesentlichen 
Punkte des Frachtvertrages zu enthalten (nach Binnenschiffahrtsrecht auch die Bezeichnung 
des Schiffs) und muß vom Frachtführer unterzeichnet sein; die Ausstellung kann an Order er- 
folgen, auch ohne Nennung eines Empfängers schlechthin an Order, worunter dann die Order 
des Absenders zu verstehen ist; lautet er an die Order einer Person, die am Ablieferungsort 
weder Wohnsitz noch Niederlassung hat, so kann nach Binnenschiffahrtsrecht der Frachtführer 
die Bezeichnung einer Meldeadresse im Ladeschein verlangen (§ 445 Abs. 1—2, BSch G. F 72 
Abs. 2—3). Der Frachtführer hat Anspruch auf eine vom Absender unterschriebene Abschrift 
(§ 445 Abs. 3). 
Der Ladeschein ist als skripturrechtlicher Verpflichtungsschein für das Rechts- 
verhältnis zwischen Frachtführer und Empfänger entscheidend; Bestimmungen des Fracht- 
vertrages, die nicht in den Ladeschein ausgenommen oder in ihm in bezug genommen sind, 
sind dem Empfänger gegenüber unwirksam; dagegen entscheidet zwischen Frachtführer und Ab- 
sender der Frachtvertrag (§ 446). Mit der Übemahme des Gutes auf Grund des Ladescheins
	        
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