Grundzüge des Handelsrechts. 113
7. Kleinbahnen. Für Kleinbahnen gilt die Verkehrsordnung nicht. Soweit die
Bestimmungen des HGB. nicht zwingendes Recht sind, entscheiden statt der Verkehrsordnung
die Beförderungsbedingungen der Bahnunternehmung. Die Beförderungspflicht besteht hier
nur für die Beförderung auf der eigenen Bahnstrecke (HGB. 8 473).
Literatur: W. Koch, Deutschlands Eisenbahnen, 2 Bde., 1854/58; Z. f. HR. VIII
401 ff., K 58 ff. Eger, Handbuch des deutschen Eisenbahnrechts, 1886 ff.; Komm. zur Eisen-
bahnverkehrsordnung, 2. Aufl. 1901; Komm. zum Berner Vertrag, 2. Aufl. 19063. Endemann,
Recht der Eisenbahnen, 1886. Wehrmann, Eisenbahnfrachtgeschäft, 1890. E. Rosen-
thal, Internationales Eisenbahnfrachtrecht, 1894. v. d. Leyen, Z. f. HR. XXXIX I ff.,
XII 501 ff., XLIX 382 ff. Gerstner, Internationales Eisenbahnfrachtrecht, 1893; Der
neueste Stand des Berner Internationalen Ubereinkommens, 1901. Laband, Staatsr.
(4. Aufl.) III 120 ff. Rundnagel, Die Haftung der Eisenbahn für 2 Kerlußt, Leschädigung
und Lieferfristüberschreitung nach deut. Eisenbahnfrachtrecht, 2 .Aufl., K. Lehmann
1* 206. Gareis #157. Cosack 88 124- 13
Sechstes Buch.
Seerecht und Binnenschiffahrtsrecht.
§ 87. Begriff und Umfang.
1. Seerecht ist der Inbegriff der besonderen Rechtssätze, die sich auf die Seeschiffahrt
beziehen. Das Seerecht zerfällt in das öffentliche und das private Seerecht. Das öffentliche
Seerecht gehört, soweit es intemational ist, dem Völkerrecht, soweit es national ist, dem Staats-
und Verwaltungsrecht an. Als Seeprivatrecht erscheint vor allem das Seehandelsrecht, das sich
auf die dem Erwerbe dienende Seeschiffahrt oder den „Seehandel“ bezieht. Daneben gibt
es seeprivatrechtliche Vorschriften innerhalb des gemeinen bürgerlichen Rechts (z. B. über See-
verschollenheit, Schiffspfandrecht, Seetestament im BGB., über Beurkundung von Geburten
und Sterbefällen auf See im Personenstandsgesetz); auch finden einzelne seehandelsrechtliche
Vorschriften zugleich außerhalb des Seehandels Anwendung (H#G. EG. Art. 7 u. 8). Hier
ist nur das Seehandelsrecht darzustellen. Dasselbe bildet ein in sich geschlossenes Sonderrecht,
das aber ein Teil des Handelsrechts ist und daher zunächst durch die allgemeinen Sätze des
Handelsrechts und erst in Ermangelung solcher durch das bürgerliche Recht ergänzt wird. Ge-
wisse, für das Seehandelsrecht grundlegende Einrichtungen des öffentlichen Seerechts fordem
auch hier Beachtung.
2. Binnenschiffahrtsrecht ist der Inbegriff der besonderen Rechtssätze, die sich
auf die Schiffahrt auf Binnengewässern (Flüssen, Kanälen, Seen, Haffen) beziehen. Das
private Binnenschiffahrtsrecht lehnt sich an das Seehandelsrecht an und ist daher hier mit-
darzustellen; nur das Frachtgeschäft des Binnenschiffahrtsrechts ist, weil und soweit die Ver-
wandtschaft mit dem Landfrachtgeschäft überwiegt, schon oben (in § 85) berücksichtigt. Zum
Binnenschiffahrtsrecht gehört auch das besondere Privatrecht, das für die Flößerei mit ver-
bundenen Hölzern gilt.
§ 88. Geschichte, Quellen und Literatur.
1. Geschichte. Ein besonderes Seerecht entwickelte sich schon im Altertum. Seine
Quelle war das im Seeverkehr aufkommende Gewohnheitsrecht. Früh zeigte das Seerecht
einen Zug zu intemationaler Gemeinschaft und Entlehnung; man denke z. B. an die Auf-
nahme der lex Rhodia de jactu in das römische Recht. Im Mittelalter gewannen Seerechts-
bücher, in denen Seegebräuche und seegerichtliche Urteile zusammengestellt wurden, große
Verbreitung und zum Teil gesetzliches Ansehen. So für das Mittelmeer die tabula Amalkitana
(teilweise aus dem 11. Jahrh.) und das Consulat del mar (im 14. Jahrh. in Barcelona ent-
standen); für den Westen und Norden Europas das Seerecht von Oleron (seit dem 12. Jahrh.
entstanden) und das sogenannte Wisbysche Seerecht (im Hansegebiet zusammengestellt). Da-
neben wurden seerechtliche Bestimmungen in Stadtrechten und städtischen Einze sabungen ge-
Eneutlopadie der Rechtswifsenschaft. 7. der Neubearb. 2. Aufl. Band III.