Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

Grundzüge des Handelsrechts. 117 
§ 90. Reeder und Schiffseigner. 
1. Reeder ist der Eigentümer eines ihm zum Erwerbe durch die Seefahrt dienenden 
Schiffes (HOGB. § 484). Wer ein ihm nicht gehöriges Schiff zum Erwerbe durch die See- 
fahrt für eigne Rechnung verwendet (z. B. als Mieter, Nießbraucher oder unbefugter Besitzer), 
ist bloßer Ausrüster, nimmt aber im Verhältnis zu Dritten die Stellung des Reeders ein; 
der Eigentümer kann den Dritten, der aus der Verwendung Ansprüche als Schiffsgläubiger 
herleitet, nur dann hindern, sich an das Schiff zu halten, wenn die Verwendung widerrechtlich 
und der Dritte nicht in gutem Glauben war (7 510). 
Für den Reeder gilt Sonderrecht hinsichtlich der Haftung aus den durch die Seefahrt 
entstehenden Schuldverhältnissen. Einerseits ist seine Haftung erweitert; insbesondere haftet 
er für den Schaden, den eine Person der Schiffsbesatzung einem Dritten durch ihr Verschulden 
in Ausführung (nicht bloß bei Gelegenheit) ihrer Dienstverrichtungen zufügt (§ 485; zur 
Schiffsbesatzung gehören nach § 481 in der Fassung der Novelle v. 2. Juni 1902 der Schiffer, 
die Schiffsoffiziere, die Schiffsmannschaft und alle sonst auf dem Schiffe angestellte Per- 
sonen). Anderseits haftet er zwar, wenn er haftet, der Regel nach persönlich mit seinem ganzen 
Vermögen („kortune de terre“), in einer Reihe von Fällen aber bloß mit dem Schiffsvermögen 
(„fortune de mer“), also mit Schiff nebst Zubehör und Fracht, und zwar, wenn er mehrere Schiffe 
hat, nur mit dem beteiligten Schiffe und seiner Fracht. Diese beschränkte Haftung mit einem 
Sondervermögen tritt ein, wenn der Reeder als solcher für das Verschulden einer Person der 
Schiffsbesatzung einstehen muß, oder wenn der Anspruch gegen ihn auf ein vom Schiffer nur kraft 
seiner gesetzlichen Vertretungsmacht geschlossenes Rechtsgeschäft oder auf Erfüllungsmängel 
bei einem zwar vom Reeder geschlossenen, aber vom Schiffer kraft seiner gesetzlichen Obliegen- 
heiten auszuführenden Vertrage gegründet wird und nicht etwa eignes Verschulden oder be- 
sondere Gewährleistung des Reeders konkurriert (§ 486). Nur für Forderungen der Schiffs- 
besatzung aus Dienst= und Heuerverträgen haftet er (abweichend vom älteren Recht) stets per- 
sönlich (S 487). Außerdem ist die Haftung des Reeders für Auslagen des Schiffers (5 532), 
für Beiträge zur großen Haverei (§ 726) und für Berge= und Hilfslohn (§ 753) auf das Schiffs- 
vermögen beschränkt. Der Reeder als solcher kann, mag er persönlich oder beschränkt haften, 
stets vor dem Gericht des Heimatshafens belangt werden (§ 488). — Die beschränkte Haftung 
für fremdes Verschulden ist auf den Eigentümer eines nicht dem Erwerb dienenden Seeschiffes 
ausgedehnt (CG. Art. 7). Sie tritt daher auch, obschon dies lebhaft bestritten wird, für das 
Reich als Eigentümer eines Kriegsschiffs ein. 
2. Schiffseigner. Im Binnenschiffahrtsrecht entspricht dem Reeder der Schiffs- 
eigner (§ 1), dem auch hier Dritten gegenüber der Ausrüster gleichsteht (§ 2). Seine Haftung 
ist ganz wie die des Reeders geordnet (88 2—6). Nur ist sie dadurch gemildert, daß er auch 
dann, wenn er das Schiff selbst führt, für einen Schaden aus fehlerhafter Führung außer dem 
Falle einer böslichen Handlungsweise nur mit dem Schiffsvermögen haftet (§ 4 Abs. 2 S. 2). 
Auch trifft bei einem Schleppzuge die Haftung nur das Schiff, das den Schaden verursacht hat, 
und die Fracht (oder den Schlepplohn) dieses Schiffes (§ 4 Abs. 3). 
Nach Flößereirecht haftet der Floßeigentümer für die durch das Floß infolge 
Verschuldens des Floßführers oder der Floßmannschaft verursachten Beschädigungen mit dem 
Floß; der Beschädigte hat ein gesetzliches Pfandrecht am Floß, das erst erlischt, wenn das Floß 
aufgelöst und von einem Dritten in gutem Glauben erworben ist; dann haftet der Veräußerer 
persönlich in Höhe des Erlöses (s 22—23). 
Literatur: Ehrenberg, Die beschränkte Haftung des Schuldners nach See= und 
Handelsrecht, 1880. P. Rehme, Die geschichtliche Entwicklung der Haftung des Reeders, 1891. 
Lewisb. Endemann IV 37 ff. Wagner, Handb. I I#§s 18, 21—23. K. Lehmann §22, 
26. — Über die Haftung für Kriegsschiffe. Haekel, Z. f. HR. IIV 80 ff.; Pappenheim, 
Leipz. Zeitschr. IV. Nr. 6, und bei Gruchot LVI 19 ff.; Hertz, ebenda LV 39 ff. 
8 91. Reederei. Eine dem Seerecht eigentümliche, schon im Mittelalter ausgebildete 
Gesellschaftsform ist die Reederei. Reeder kann eine Handelsgesellschaft unter ihrer Firma 
oder eine juristische Person sein. Auch kann ein Schiff mehreren Personen als Miterben oder 
kraft ehelicher Gütergemeinschaft gemeinsam gehören. Nach der gesetzlichen Regel aber bilden
	        
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