Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

128 Otto v. Gierke. 
geworfen. Neben der „eigentlichen“ Bodmerei des Schiffers wurde nun die Bodmerei des 
Reeders (Bielbriefvertrag) für Schiffsbau und Schiffsausrüstung und die Bodmerei des Be- 
frachters (Großaventurvertrag, Respondentia) für Warenversendung anerkannt und als „un- 
eigentliche“ Bodmerei geregelt (auch im Preuß. ALR. und im Cocke de commerce). Doch gewann 
die uneigentliche Bodmerei in Deutschland geringe Bedeutung; der im alten HGB. (Art. 701) 
zu ihren Gunsten noch gemachte Vorbehalt für das Landesrecht ist im neuen HGB. gestrichen. 
Die Befugnis des Schiffers zur Eingehung der Bodmerei ist dadurch bedingt, daß 
er entweder während des Aufenthalts des Schiffs außerhalb des Heimatshafens zur Aus- 
führung der Reise oder während der Reise im alleinigen Interesse der Ladungsbeteiligten 
zur Erhaltung und Weiterbeförderung der Ladung des ausgenommenen Geldes bedarf; im 
letzteren Falle kann er die Ladung allein, sonst zwar Schiff oder Fracht allein, die Ladung 
aber nur zusammen mit Schiff und Fracht verbodmen (§ 680). Die Höhe der Prämie, die 
vor allem Gefahrprämie ist, im Zweifel aber die Zinsen einschließt, unterliegt freier Verein- 
barung (§ 681). 
Die Bodmerei ist an die Form der Beurkundung in einem Bodmereibrief (See- 
wechsel) gebunden, den der Schiffer mit bestimmtem Inhalt auszustellen und (auf Verlangen 
in öffentlich beglaubigter Form) zu unterschreiben hat (zs 682—683). Der Bodmereigeber 
kann die Stellung des Bodmereibriefes an die Order des Gläubigers oder lediglich an Order 
(d. h. an die Order des Bodmereigebers) und die Ausstellung in mehreren Exemplaren ver- 
langen; den Einwand, daß der Schiffer zur Eingehung der Bodmerei nicht oder nicht im vorliegen- 
den Umfange befugt gewesen sei, muß sich auch der Indossatar entgegensetzen lassen (Is 684, 
686). Durch ein vor Ausstellung des Bodmereibriefes vom Konsul (evtl. von der zuständigen 
Ortsbehörde oder in deren Ermangelung von den Schiffsoffizieren) erteiltes urkundliches 
Zeugnis wird die Notwendigkeit des Geschäfts bis zum Gegenbeweise festegestellt (§ 685). 
Die Zahlung der Bodmereischuld hat im Zweifel im Bestimmungshafen der Bodmerei- 
reise am achten Tage nach Ankunft des Schiffs zu erfolgen; von da an laufen Zinsen der Schuld 
einschließlich der Prämie; nur eine Zeitprämie läuft bis zur wirklichen Zahlung (§ 687). Be- 
rechtigt, die Zahlung gegen Rückgabe des quittierten Bodmereibriefes zu verlangen, ist der 
legitimierte Inhaber auch nur eines Exemplars; melden sich mehrere legitimierte Inhaber, so 
sind alle zurückzuweisen und das Geld zu hinterlegen (§# 688—689). 
Die Pfandhaftung der verbodmeten Gegenstände, deren jeder für die ganze 
Bodmereischuld haftet (§ 691 Abs. 1), ist eine reine Sachhaftung, so daß der Bodmereigläubiger 
sich lediglich an sie halten kann. Wenn daher auch dem Bodmereigläubiger Haverei nicht zur 
Last fällt, so trägt er doch den Nachteil, soweit durch Haverei die Gegenstände zu seiner Be- 
friedigung unzureichend werden (§ 690). Doch haftet ihm der Schiffer und im Falle einer 
von ihm ausgehenden Anordnung auch der Reeder persönlich für den Ausfall aus schuldhafter 
Vernachlässigung der Gegenstände, Vergrößerung oder Veränderung der Gefahr, willkürlicher 
Abänderung oder Erweiterung der Reise und verfrühter Auslieferung der Ladung (§s 692—694). 
Der Gläubiger kann die verbodmeten Gegenstände nach der Ankunft im Bestimmungshafen 
ohne weiteres mit Arrest belegen lassen (§ 691 Abs. 2) und nach der Fälligkeit der Bodmerei- 
schuld sich aus ihnen im Wege der Zwangsvollstreckung befriedigen (§ 696). Gegen einen 
dritten Erwerber, der den Besitz in gutem Glauben erlangt hat, kann er seine Rechte nicht geltend 
machen; der Empfänger aber, der bei der Annahme die Verbodmung kennt, wird ihm persön- 
lich in Höhe des entzogenen Werts verpflichtet (§ 697). 
Wird die Bodmereireise überhaupt nicht angetreten, so wird die Bodmereischuld sofort 
fällig, die Prämie aber verhältnismäßig herabgesetzt („Ristorn o“); endet dagegen die 
Bodmereireise in einem anderen als ihrem Bestimmungshafen, so ist die Bodmereischuld ohne 
Abzug von der Prämie hier nach Ablauf der im Zweifel achttägigen Zahlungsfrist zu zahlen (5698). 
Das Bodmereirecht mit seiner rein dinglichen Haftung findet auch Anwendung, wenn 
der Schiffer als solcher nicht kraft seiner gesetzlichen Vertretungsmacht, sondern kraft Eigen- 
tums an Schiff oder Ladung oder kraft beson derer Anweisung verbodmet (7 699). 
Literatur: Matthias, Das foenus nauticum und die geschichtliche Entwicklung 
der Bodmerei, 1881. Pappenheim, Z. f. HR. XL 378 ff. Schröder b. Endemann 
IV 250 ff. Boyens II 422 ff. K. Lehmann 37* 123. Gareis & 114. Cosack 5 92.
	        
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