Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

130 Otto v. Gierke. 
Betrag für aufgeopferte Güter und für Beschädigung, die Fracht mit zwei Dritteln des ver- 
dienten Bruttoertrages und der entgangenen Fracht verhältnismäßig beitragen; Kriegs= und 
Mundvorräte, Heuer und Habe der Schiffsbesatzung und das Reisegut sind nicht beitragspflichtig 
(5§5 716—724). Nach Binnenschiffahrtsrecht fällt auch die Beitragspflicht der Fracht weg (§ 85). 
Die Feststellung und Verteilung der Schäden erfolgt am Bestimmungsort oder sonstigen 
Endort der Reise mittelst Aufmachung der Dispach durch ständige oder vom Gericht 
besonders bestellte Dispacheure (im Ausland durch die Konsuln); für rechtzeitige Aufmachung 
hat der Schiffer zu sorgen (§§ 727—729; nach BSch G. ö#s 86—88 kann der Schiffer, wenn kein 
Beteiligter die Aufmachung durch Dispacheure verlangt, selbst die Dispache ausstellen). 
Die Vergütungsberechtigten haben wegen der auf Schiff und Fracht lastenden 
Beiträge die Rechte von Schiffsgläubigern und ebenso an den beitragspflichtigen Gütern ein 
gesetzliches Pfandrecht; eine persönliche Verpflichtung wird durch den Havereifall an sich nicht 
begründet, entsteht aber für den Schiffer und Reeder durch Auslieferung der Güter vor Sicher- 
stellung oder Befriedigung der Beiträge und für den Empfänger durch Annahme von Gütern, 
deren Beitragspflicht er kennt (§§ 725—726, 730—731; ähnlich BSch G. §s 89—91). 
Das Seerecht kennt eine der Havereiverteilung nachgebildete Schadensausgleichung unter 
den Ladungsbeteiligten hinsichtlich der Ausfälle bei Ersatzansprüchen wegen Ver- 
bodmung oder Verkaufes von Gütern (§# 732—733). 
3. Schiffszusammenstoß. Der Schade durch Zusammenstoß von Schiffen, 
den das ältere und in gewissen Fällen noch heute das fremde Seerecht verteilt, wird vom deut- 
schen Seerecht als besondere Haverei behandelt (ss§ 734—739; BSch G. 5 92). Ist der Zu- 
sammenstoß durch das Verschulden einer Person der Schiffsbesatzung des einen Schiffes herbei- 
geführt, so haftet der Reeder (Schiffseigner) mit dem Schiffsvermögen für den dem anderen 
Schiffe oder seiner Ladung zugefügten Schaden; desgleichen für den Schaden aus dem durch 
den Zusammenstoß etwa verursachten weiteren Schiffszusammenstoß. Im Falle beider- 
seitigen Verschuldens richten sich die Ersatzpflicht und ihr Umfang nach den Umständen, insbesondere 
der überwiegenden Schuld (wie nach BGB. 5 254). Liegt kein Verschulden vor, so fällt jeder 
Ersatzanspruch weg. Für einen Zwangslotsen ist der Reeder nicht verantwortlich. Sinkt das 
beschädigte Schiff vor Erreichung eines Hafens, so gilt die Vermutung, daß dies Folge des Zu- 
sammenstoßes war. 
4. Bergungund Hilfsleistung. Das Seerecht hat an Stelle des alten Strand- 
rechts einen gesetzlichen Anspruch dritter Personen, die einem Schiffe in Seenot Hilfe leisten, 
auf eine Vergütung ausgebildet (§I§ 740—753). Die Vergütung ist Bergelohn, wenn 
Schiff oder Ladung, die der Verfügung der Schiffsbesatzung entzogen oder von ihr verlassen 
waren, in Besitz genommen oder in Sicherheit gebracht werden (einschließlich der Bergung von 
Seeauswurf oder strandtriftigen Gütem, der Heraufbringung vom Meeresgrunde und der 
Bergung seetriftiger Güter); bei jeder anderen Hilfe ist sie Hilfslohn. Die Höhe kann ver- 
einbart werden; bei einem noch während der Gefahr geschlossenen Vertrage aber ist eine über- 
mäßige Vergütung auf Verlangen herabzusetzen. Mangels Vereinbarung ist die Höhe nach 
billigem Ermessen mit Rücksicht auf die besonderen Umstände (Eifer, Zeit, Aufwendungen, Zahl 
der Helfer, beiderseitige Gefahr, Wert des Geretteten) in Geld festzusetzen; der Bergelohn soll 
in der Regel ein Drittel des geborgenen Wertes nicht übersteigen und nur ausnahmsweise die 
Hälfte erreichen, der Hilfslohn niedriger bemessen werden. Unter mehreren Helfein findet 
die Verteilung nach sachlichen und persönlichen Leistungen, im Zweifel nach Köpfen statt; auch 
Retter von Menschenleben nehmen gleichmäßig teil, während für Menschenrettung als solche 
ein gesetzlicher Anspruch auf Vergütung leider nicht gewährt ist. Von dem durch ein helfendes 
Schiff verdienten Berge= oder Hilfslohn zieht der Reeder zunächst den Ersatz für Schäden und 
Kosten ab; im übrigen erhält er bei einem Dampfschiffe zwei Drittel, bei einem Segelschiffe 
die Hälfte, während der Rest zur Hälfte dem Schiffer gebührt, zur anderen Hälfte nach einem 
vom Schiffer aufzustellenden, im Falle des Einspruchs endgültig vom Seeamt festzusetzenden 
Verteilungsplan unter die übrige Besatzung verteilt wird (§ 749 in der Fassung des R. v. 1902). 
Wer seine Dienste aufdrängt oder geborgene Sachen verheimlicht, hat keinen Lohnanspruch. 
Für die Schuld besteht lediglich eine dingliche Haftung der geborgenen oder geretteten Gegen- 
stände; der Vergütungsberechtigte hat an ihnen ein Pfandrecht (an geborgenen Sachen zu-
	        
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