Grundzüge des Handelsrechts. 131
gleich ein Zurückbehaltungsrecht) und kann sich aus ihnen wie wegen Bodmereischuld befriedigen.
Eine persönliche Verpflichtung entsteht auch hier nur aus ungehöriger Auslieferung oder Empfang-
nahme. — Die deutsche Strandungsordnung vom 17. Mai 1874 regelt die Organi-
sation der Strandbehörden (Strandämter und Strandvögte) und das Verfahren in Bergungs-
und Hilfssachen; in privatrechtlicher Hinsicht bestimmt sie, daß nach vergeblichem Aufgebot strand-
triftige und vom Strande aus geborgenc Güter dem Landesfiskus, seetriftige und vom Meeres-
grunde heraufgeholte Güter dem Berger zufallen (§ 35).
Ahnliche, obschon in Einzelheiten abweichende Regeln gelten für Bergung und Hilfsleistung
bei Schiffahrtsnot von Binnenschiffen (Bech G. 5 93—101) und Flößen (FlG.
& 24—29).
Literatur: W. Ulrich, Große Haverei, 1884. Goldschmidt, Lex Rhodia und
Agermanament, Z. f. HR. XXXV 321 ff. Ph. H.ck, Das Recht der großen Hoverei, 1889.
A Se eliger ü„ Der „Erfolg" als Voraussetzung der großen Haverei, 1894. — R. Prien,
Der Zusammenstoß von Schiffen nach den Gesetzgebungen des Erdballs, 2. Ausg. 1899. G. Haekel,
Schadensersatzpflicht des Reeders bei Zusammenstoß von Schiffen, 3. f. HR. LII 171 ff., LIV
44 ff. Junge, Schiffskollisionen auf See, 4. Aufl. 1906. — Burchard, Bergung und Hilfs-
leistung in Seenot, 1897; Gutachten für den XXIII. Deutsch. Juristent. 1. 205 ff. Pappen-
heim, 3. f. HR. XILII 47 fs. Kohler, Jahrb. f. D. XXV 131 ff. — Schröder b. Ende-
n, s7 ff., 296 ff. K. Lehmann ## 217—219. Gareis §§ 115—116. Cosack
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§ W. Schiffaglãubiger. Schiffsgläubiger sind Gläubiger, denen ein Recht bevorzugter
Befriedigung aus dem Schiffsvermögen zusteht. Zum Schiffsgläubiger machen die
im Gesetz speziell ausfgezählten Forderungen (§ 754). Es sind dies im allgemeinen alle Forde-
rungen, die aus der Verwendung des Schiffes zur Seefahrt entstanden sind. Zu ihnen gehören
neben den Forderungen, für die der Reeder überhaupt nur mit dem Schiffsvermögen haftet,
auch solche, für die zugleich eine persönliche Haftung des Reeders besteht. Dies begründet in An-
sehung der Rechte des Schiffsgläubigers keinen Unterschied (§ 762). Unter den Schiffs-
gläubigerm haben die Bodmereigläubiger ein vertragsmäßiges, alle übrigen ein gesetzliches
Pfandrecht an Schiff und Zubehör sowie an der Bruttofracht derjenigen Reise, aus der die
Forderung entstanden ist (§s§ 755—760). Die Befriedigung erfolgt im Wege der Zwangs-
vollstreckung; die Klage kann sowohl gegen den Reeder wie gegen den Schiffer gerichtet werden
(§ 761). Unter den Schiffsgläubigern besteht eine feste Rangordnung, die teils durch den Vor-
zug der späteren Reise, teils durch die Beschaffenheit der Forderung bestimmt wird (§§766—770).
Allen anderen Gläubigern, auch den Pfandgläubigern, denen das Schiff durch Eintragung ver-
pfändet ist, gehen die Schiffsgläubiger unbedingt vor (§ 776). Das Pfandrecht der Schiffs-
gläubiger am Schiff und dessen Zubehör ist gegen jeden dritten Besitzer des Schiffes verfolgbar
(§ 755 Abs. 2); im Falle der Veräußerung kann jedoch der Erwerber unbekannte Gläubiger im
Wege des Aufgebotsverfahrens ausschließen lassen (§S 765). Das Pfandrecht am Schiff erlischt
aber nicht nur durch Zwangsversteigerung, sondern auch durch Notverkauf seitens des Schiffers;
es geht dann auf das Kaufgeld über und haftet auf diesem, solange es aussteht oder sich noch
in den Händen des Schiffers befindet (§ 764). Das Pfandrecht an der Fracht ist so lange wirksam,
als die Fracht noch aussteht oder der Schiffer die Frachtgelder in Händen hat, mag auch die
Frachtforderung vom Reeder abgetreten sein (§ 771 Abs. 1—3). Die Havereivergütung und die
Entschädigung aus rechtswidriger Handlung treten für die Schiffsgläubiger an Stelle des Pfand-
objektes (§ 775 Abs. 1—2). Durch Einziehung von Fracht, Kaufgeld, Havereivergütung oder
Entschädigung und durch Aussendung des Schiffes zu einer neuen Reise wird der Reeder den
Schiffsgläubigern in Höhe der ihnen entzogenen Deckung persönlich haftbar.
Neben den Schiffsgläubigern stehen die Ladungsgläubiger, die kraft eines gesetz-
lichen Pfandrechtes (wegen Fracht, Havereivergütung oder Bergungs= und Hilfskosten) oder
aus Verbodmung ein Recht bevorzugter Befriedigung aus den Gütern haben. Unter ihnen
gilt eine besondere Rangordnung. Die Havereivergütung und die Entschädigung aus rechts-
widriger Handlung sowie der Erlös aus Notverkauf durch den Schiffer treten auch hier an die
Stelle des Pfandes. (Vgl. § 777.)
Das Schiffsgläubigerrecht ist mit der erforderlichen Anpassung auf die Binnenschiff-
fahrt übertragen (BSch G. s#§s# 102—110).
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