132 Otto v. Gierke.
Literatur: Mittelstein, Deutsches Schiffspfandrecht u. Schiffsgläubigerrecht, 1889.
H. Pferdemenges,, Die rechtliche Natur der Klage des Schiffsgläubigers, 1896. V. Ehren-
berg, Das Recht des Schiffsgläubigers, sein Inhalt und seine juristische Natur, Festschrift für
Regelsberger, 1901. R. Byk, Wesen des Schiffsgläubigerrechts, insbesondere am eigenen Schiff.
1910. — Schröder b. Endemann IV 303 ff. Boyens I 182 ff. Pappenheim,
Handb. II ## 19—26, 28—29. K. Lehmann 7 125.
g 99. Seeversicherung. Die Seeversicherung, die seit dem Ende des 13. Jahrhunderts
im Seehandel des Mittelmeeres aus dem Seedarlehen hervorwuchs, hat als älteste geschäftlich
ausgebildete Art der Versicherung gegen Prämie einerseits vorbildlich auf das ganze Ver-
sicherungswesen eingewirkt, anderseits bis heute mancherlei Eigentümlichkeiten bewahrt. Das
Seeversicherungsrecht wurde öfter besonders kodifiziert (z. B. Hamburger Assekuranz-- und
Havereiordnung von 1731), dann aber in die Handelsgesetzbücher aufgenommen. Im deutschen
HG#B. ist es sehr ausführlich und kasuistisch behandelt. Das Sonderrecht der Seeversicherung
ist auch gegenüber der allgemeinen Regelung des Versicherungsvertrages durch das RG. vom
30. Mai 1908 in Kraft erhalten, jedoch durch das RG. betr. Anderungen der Vorschriften des
HG#B über die Seeversicherung von demselben Tage in einer Reihe von Punkten dem neuen
Rechte angepaßt. Ergänzt und abgewandelt wird das Gesetzesrecht durch die von den
Versicherungsgesellschaften aufgestellten allgemeinen Vertragsbedingungen; in Deutschland be-
herrschen die Hamburger Bedingungen von 1867 (zuerst 1847) die ganze Seeversicherung mit
Ausnahme der nach besonderen Bedingungen von 1875 (zuerst 1818) versichernden Bremer
Gesellschaften; sie sind neuestens der Sceversicherungsnovelle angepaßt.
Den Gegenstand der Seeversicherung kann jedes in Geld schätzbare Interesse daran,
daß Schiff oder Ladung die Gefahren der Seeschiffahrt besteht, bilden; neben dem Schiff
(V. auf Kasko), der Fracht, den Überfahrtsgeldern, den Gütern, den Bodmereigeldern, den
Havereigeldern, anderen Forderungen, zu deren Deckung das Schiffsvermögen oder die Güter
dienen, und der Versicherungsgefahr (Rückversicherung) namentlich auch der von der Ankunft
der Güter erwartete („imaginäre“) Gewinn und die zu verdienende Provision; niemals aber
die Heuerforderung des Schiffers und der Schiffsmannschaft (§§# 778—780). Der Versicherungs-
vertrag ist an sich gültig, wenn auch zur Zeit seines Abschlusses die Gefahr schon überstanden
oder der Schaden schon eingetreten war; er ist indes als Versicherungsvertrag ungültig, wenn
beide Teile den Sachverhalt kannten, und für den ununterrichteten Teil (für den Versicherer
unbeschadet des Rechts auf volle Prämie) unverbindlich, wenn der andere Teil den ihm zugute
kommenden Umstand kannte (§ 785).
Einer Form bedarf der Vertrag nicht; der Versicherungsunternehmer kann jedoch die
Aushändigung einer Polize verlangen (& 784). Sie kann an Order gestellt werden (oben
& 70 Z. 1b).
Vertragschließende Personen sind der Versicherer und der Versicherungsnehmer.
Bei der „Versicherung für eigene Rechnung“ ist der Versicherungsnehmer zugleich der Ver-
sicherte. Möglich aber ist „Versicherung für fremde Rechnung“ mit oder ohne Nennung des
Versicherten oder auch Versicherung für Rechnung „wen es angeht“, bei der zunächst unent-
hüllt bleibt, ob eigenes oder fremdes Interesse versichert wird (S 780; die Bestimmung des
§l 781, nach der jede Versicherung für fremde Rechnung für den Versicherer unverbindlich war,
wenn ihr nicht entweder ein Auftrag des Versicherten zugrunde lag oder der Mangel des Auf-
trags dem Versicherer angezeigt war, ist in der Novelle gestrichen). Die Versicherung für
fremde Rechnung ist ein besonders gearteter Fall der Verträge zugunsten Dritter; die im Namen
des Versicherten von einem Vertreter geschlossene Versicherung fällt nicht unter diesen Begriff
(5 782).
Die Versicherungssumme kann den Versicherungswert nicht übersteigen; insoweit sie
ihn übersteigt, ist die Versicherung als Uberversicherung ungültig (8786, abweichend von VG. 851).
Im Falle der Doppelversicherung ist seit der Novelle nicht mehr, wie bisher, die spätere Ver-
sicherung, insoweit sie Überwersicherung ist, nichtig, haften vielmehr die mehreren Versicherer
innerhalb der durch jeden Vertrag gesetzten Grenzen als Gesamtschuldner bis zum Betrage des
Schadens; im Verhältnis zueinander sind sic nach Anteilen verpflichtet; dolose Doppelversiche-
rung ist nichtig; der gutgläubige Versicherungsnehmer kann verhältnismäßige Herabsetzung