Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

134 Otto v. Gierke. 
Opfer, sowie die für Rettung und Schadensfeststellung ausgewendeten Kosten; die Kosten muß 
er auch insoweit, als sie die Versicherungssumme übersteigen, erstatten; er kann sich jedoch, wenn 
er dies binnen drei Tagen erklärt, durch Zahlung der vollen Versicherungssumme von der Haftung 
für nicht schon entstandene Kosten befreien (§§ 8341—843). Besondere Havereien hat der Versicherer 
nicht zu ersetzen, wenn sie 3 Prozent (oder den im Vertrage bestimmten Prozentsatz) des Ver- 
sicherungswertes nicht übersteigen (ss 845—847). Für einzelne die Haftung beschränkende 
Polizeklauseln (wie „frei von Kriegsmolest“, „nur für Seegefahr“, „für behaltene Ankunft", 
„frei von Beschädigung außer im Strandungsfall“, „frei von Bruch außer im Strandungsfall") 
gelten gesetzliche Auslegungsregeln (§§ 848—853). 
Hinsichtlich des Umfanges des Schadens ist Totalverlust und Teilschade zu unter- 
scheiden. Totalverlust liegt vor, wenn der versicherte Gegenstand in einer versicherten 
Gefahr für den Versicherten vollständig loder doch nur mit Ausnahme einzelner Teile des 
Wracks oder Inventars) verloren gegangen ist; im Falle des Totalverlustes hat der Versicherer 
die volle Versichenungssumme (abzüglich des durch den Unfall Ersparten und des Erlöses für 
Gerettetes) zu zahlen, tritt aber damit von Rechts wegen in die Rechte des Versicherten in An- 
sehung des versicherten Gegenstandes ein (ss§ 854—860). In gewissen Fällen ist der Ver- 
sicherte zum Abandon befugt; er kann, als wäre Totalverlust eingetreten, gegen Abtretung 
seiner Rechte die Zahlung der vollen Versicherungssumme fordern (§§ 861—871). Der Haupt- 
fall ist die Schiffsverschollenheit; sie liegt vor, wenn innerhalb der Verschollenheitsfrist, die je 
nach der Reiseentfermung 6 (bei Dampfern nur 4), 9 oder 12 Monate beträgt, weder das Schiff 
im Bestimmungshafen angekommen noch Nachricht über das Schiff eingelaufen ist. Außerdem 
tritt das Abandonrecht ein, wenn Schiff oder Güter unter Embargo gelegt, von einer krieg- 
führenden Macht aufgebracht, auf andere Weise durch Verfügung von hoher Hand angehalten 
oder durch Seeräuber genommen und nicht innerhalb einer Frist von 6, 9 oder 12 Monaten 
freigegeben sind. Der Abandon muß rechtzeitig und gehörig erklärt werden, widrigenfalls das 
Abandonrecht erlischt und nur noch die gewöhnlichen Ansprüche aus dem Versicherungsvertrage 
geltend gemacht werden können. Die Abandonfrist, innerhalb deren die Abandonerklärung 
dem Versicherer zugegangen sein muß, beträgt 6 oder 9 Monate seit Eintritt des Abandonrechts. 
Die Erklärung muß vorbehaltlos und vollständig lauten und ist unwiderruflich. Mit ihr gehen 
die Rechte des Versicherten in Ansehung des versicherten Gegenstandes auf den Versicherer 
über. Der Versicherte muß aber auch nachher dem Versicherer zur Erlangung der abandonnierten 
Gegenstände behilflich sein. Auch hat er auf Verlangen einen „Abandonrevers“ in öffentlich 
beglaubigter Form zu erteilen. — Bei bloßem Teilschaden hat der Versicherer den Unter- 
schied zwischen dem erhaltenen Wert und dem Versicherungswert vollständig oder im Falle 
der Untewersicherung zu einem verhältnismäßigen Teil zu ersetzen (§§ 872—881). 
Die Bezahlung des Schadens kann der Versicherte verlangen, wenn er dem 
Versicherer eine Schadensberechnung mitteilt und durch genügende Belege sein Interesse, den 
Eintritt der Versicherungsgefahr, den Unfall, den Schaden und den Schadensumfang nachweist 
(§58 882, 884—885). Der Versicherte kann den Entschädigungsanspruch auch in Ansehung künftiger 
Unfälle abtreten (5 891). Ist eine Polize erteilt, so bedarf es ihrer Beibringung zur Legiti- 
mation des Versicherten oder seines Rechtsnachfolgers; lautet die Polize an Order, so legitimiert 
das formgerechte Indossament (§ 891). Unter Umständen hat der Versicherer auf Grund un- 
gefährer Ermittlung den ihm zur Last fallenden Mindestbetrag vorläufig zu zahlen (§ 892). 
Auch ist er in bestimmten dringenden Fällen zu Vorschußzahlungen verpflichtet (§ 893). 
Besondere Regeln gelten bei der Versicherung für fremde Rechnung. Hier 
stehen die Rechte aus dem Versicherungsvertrage (mit Ausnahme des Anspruchs auf Aushändi- 
gung der Polize) dem Versicherten zu; er kann jedoch ohne Zustimmung des Versicherungs- 
nehmers über seine Rechte nur verfügen und sie gerichtlich nur geltend machen, wenn er im 
Besitze einer Polize ist (§ 886). Auch muß er, wenn er Zahlung verlangt, nachweisen, daß er 
Auftrag erteilt hat oder die Versicherung ohne Auftrag in seinem Interesse genommen ist (§ 883). 
Anderseits kann der Versicherungsnehmer über die Rechte des Versicherten in eigenem Namen 
verfügen, jedoch, falls eine Polize ausgestellt ist, ohne Zustimmung des Versicherten dessen Rechte 
nur übertragen und die Versicherungsgelder nur einziehen, wenn er im Besitz der Polize ist; 
der Versicherer braucht an ihn nur zu zahlen, wenn er ihm die Zustimmung des Versicherten
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.