Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

144 Georg Cohn. 
I) denjenigen, der die Münzen bar dem campsor hingibt (Remittent, Valutageber); 
d) diejenige Person, durch welche der Remittent den Wechsel einzuziehen beabsichtigt 
(Präsentant, (solutionis causal adjectus, expositus). 
Allmählich unterblieb die Benennung des Präsentanten im Wechselbrief. Der Remittent 
konnte die Tratte selbst einziehen oder nachträglich einen Präsentanten benennen oder Meß- 
wechsel formlos zu Skontrationszwecken begeben. 
Der Remittent konnte aber auch die Wechselsorderung zedieren oder für die Einziehung 
einen Mandatar bestellen (Commissarius, Commis). 
Diese Bestellung geschah (wohl in Nachahmung eines Gebrauchs der Kampsoren bei der 
Meßskontration) durch einen Vermerk auf dem Wechselbrief, und zwar anfangs wie eine Bürg- 
schaft durch einen Vermerk am Fuß der Vorderseite (girata), (1600, neapol. Urkunde), später, 
nach dem Vorbild der Übertragung anderer Bankpapiere, auf der Rückseite des Papiers (in 
dorso), daher FIndossament genannt (auch inductio, indousche). Mit dem Indossament 
verband man oft eine antizipierte Quittung, als ob der Indossant die Zahlung des Wechsels 
vom Bezogenen selbst empfangen hätte. Hierdurch gewann der Erwerber (Indossatar, adjectus 
in rem suam), der ursprünglich gegen den Bezogenen nur abgeleitete Rechte gehabt, selbständige 
Gläubigerrechte, so daß er sich Einreden aus der Person des Indossanten nicht mehr gefallen 
zu lassen brauchte 1. 
Diese Entwicklung vollzog sich nicht ohne erheblichen Widerspruch der Juristen und der 
in ihren Interessen gefährdeten Kampsoren und Girobanken. Im Kampfe mit einer wenig 
weitblickenden Gesetzgebung (Venedig 1593), welche die wirklichen oder vermeintlichen Gefahren 
der Neuerung überschätzte, mußte die Freiheit des Indossaments, namentlich desmehrfachen 
Indossaments (sog. Giro), errungen werden. Man ließ zunächst nur einmalige Indossierung 
zu und erschwerte sie noch durch das Erfordernis notarieller Form (Neapel 1607 und 1617). 
Umgehungen blieben nicht aus, so besonders durch Freilassen des Platzes für den Namen des 
Giratars (in blanco); allmählich gestattete man hie und da eine beschränkte Zahl von Giros, 
später aber unter dem Vortritt Frankreichs fast überall eine beliebige Zahl formloser Indossa- 
mente. Alle Indossanten hafteten für den Eingang des Wechsels. 
Diese Haftung der Indossanten ähnelte derjenigen der sog. Avalisten oder Wechsel- 
bürgen, welche die Haftung für den Aussteller mittelst Unterzeichnung der Urkunde über- 
nommen hatten; solche Avalisten begegnen schon frühzeitig, beim Eigenwechsel schon 1233, bei 
der Tratte 1359. Um der Ahnlichkeit der Haftung willen wurden daher bis ins 18. Jahrhundert 
oft inkorrekterweise die Ausdrücke „Indossament“ und „Aval“ als gleichbedeutend gebraucht. 
Daß das Indossament aus dem Aval entstanden sei (Götz), ist unzutreffend; dagegen ist ein 
Spezialfall des Aval, das sog. Giro-Aval, als Vorstufc des Indossaments zu bezeichnen; 
es besteht in der Unterzeichnung eines Wechsels, den der erste Verkäufer einer vor der Wechsel- 
ausstellung unter mehreren Personen zirkulierenden Forderung auf einen fremden Wechsel- 
platz zugunsten des letzten Käufers dieser Forderung unter Angabe der Zwischenpersonen als 
sukzessiver Geldgeber ausgestellt hat, und zwar seitens jener Zwischenpersonen als Avalisten 
(Wechsel mit mehreren Valuten oder von terze persone) 3. 
Das Valutenbekenntnis verlor seit dem 16. Jahrhundert an Strenge. 
7. Mit der Girofreiheit war die Möglichkeit gegeben, den Wechsel über den Kreis 
der ursprünglichen drei oder vier Wechselinteressenten hinaus zu verbreiten, das Uber- 
gewicht der Meßwechsel zu beseitigen und das wirtschaftliche Anwendungsgebiet weit 
über das ursprüngliche Remittierungsgeschäft hinaus (zur Ersparung von Zahlungen 
und zum Handel mit kaufmännischen Guthaben) zu erweitem. Das Indossament machte 
den Wechsel zum zirkulationsfähigen negotiablen Papier; Kuntze vergleicht es „einer 
elastischen Schnur, an welcher immer neue Obligos sich aufreihen können". Der 
Wechsel wurde vom bloszen Kampsorenpapier zum allgemeinen kaufmännischen Institut, 
ja, zum universellen Wertpapier aller Vertragsfähigen; nur vereinzelt blieben die Wechsel bis 
1Vgl. aber noch Zimmerl, Mühlenbruch u. A. m. bei Alexander Leist, Privat- 
recht und Kapitaliemus. 1911, S. 105U ff. 
* Vgl. aber auch E Bassermann , Die Champagnermessen, 1911 S. 66 ff. u. 88. 
*s Grünhut S 58 Nr. 14 u. Nr. 5; Adler S. 6650.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.