Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

156 Georg Cohn. 
8) Die Reichsbank unterscheidet in ihrer Jahresbilanz: Platzwechsel, d. h. Wechsel, 
die am Sitz der ankaufenden Bankstelle oder einer ihr untergeordneten Bankstelle zahlbar sind, 
Versandwechsel (auf andere deutsche Bankplätze) und Wechsel auf außerdeutsche Plätze 
(Devisen) 
h) Bereits indossierte Wechsel werden als „gemachte Wechsel“ bezeichnet im Gegen- 
satz zu den sog. „Wechseln von der Hand, d. h. den vom Aussteller dem Remittenten über- 
gebenen (vagl. unter § 21 IIIb). 
Der hohe Nutzen des Wechsels als des wichtigsten Zahlungs-, Ausgleichungs= und Kredit- 
instruments ist enthusiastisch gefeiert worden. Pacioli meinte, der Wechsel sei dem Handel 
so nötig wie das Wasser für das Schiff; Stryk hält ihn für ein fünftes, der Welt unentbehr- 
liches Element und für die Geschäfte so nötig wie den Kompaß für die Schiffahrt; der Pan- 
dektist Leyser hat ihn mit dem Blut in den Adem des menschlichen Verkehrs, Kuntze mit 
einem geldbringenden Zauberstab, Kohler mit der Elektrizität verglichen und ihm nachgerühmt, 
daß er im Schuldrecht den Raum überwinde und auch die Zeit gleichsam aus den Angeln hebe 1. 
Anderseits hat der Wechsel auch herben Tadel erfahren, und einzelne (Stöpel und 
Kuhlenbeck 2) haben allen Ernstes die Aufhebung des Wechselrechts gefordert. In der 
Tat läßt sich der Wechsel zu unerlaubten, besonders zu wucherischen Geschäften verwenden; 
er verschleiert bedenkliche Verträge; er begünstigt den Gläubiger, schneidet dem Schuldner (im 
Wechselprozeß) unter Umständen auch begründete Einwendungen ab und verhilft hierdurch dem 
sormellen Rechte, wenigstens einstweilen, zum Siege über das materielle; auf die Wechselreiterei 
ist schon oben hingewiesen worden; endlich können der schleunige Prozeß und die sofortige Voll- 
streckung des Urteils zum wirtschaftlichen Ruin von Wechselschuldnern führen, die bei längeren 
Fristen nicht zahlungsunfähig gewesen wären. Diese möglichen Nachteile warnen aber nur 
vor dem unrichtigen Gebrauch des Wechsels und finden auch teilweise die strafrechtliche Ahndung; 
keinesfalls vermögen die Gefahren die großen Vorteile des richtig verwendeten Instituts auf- 
zuwiegen. « 
§ 6. Wechselfähigkeit und Stellvertretung. 
I. Die objektive Wechselfähigkeit ist die Fähigkeit, Gegenstand einer Wechselverpflich- 
tung zu sein. Sie kommt fast überall nur dem Gelde zu; immerhin sind in Italien, Rumänien, 
San Marino und Pern auch ordine in derrate (Warenwechsel auf Bodenprodukte 2) und in 
Mexiko und Nicaragua eigene Effektenwechsel zugelassen. 
II. Die subjektive Wechselfähigkeit im weiteren Sinne ist die Fähigkeit, berechtigtes 
oder verpflichtetes Subjekt einer wechselmäßigen Obligation zu werden. Es ist zu unter- 
scheiden: 
a) Die aktive Wechselrechtsfähigkeit, d. h. die Fähigkeit, Subjekt von 
Wechselrechten (Wechselgläubiger) zu werden; sie steht jeder rechtsfähigen Person zu; 
in Osterreich fehlt sie jedoch u. a. den Ordensgeistlichen und Deserteuren "s, in England u. a. bei 
Kriegszeiten den kings enemies 5; diese können weder selbst noch durch Vertreter Wechsel- 
forderungen erwerben. « 
b) Dieaktive Wechselgeschäftsfähigkeit, d. h. die Fähigkeit, durch eigene 
Erklärung Wechselgläubiger zu werden; sie fehlt den Kindern und Geisteskranken 
(§ 104 BG.); diese können nur durch ihre gesetzlichen Vertreter Wechselforderungen erwerben. 
c) Die passive Wechselrechtsfähigkeit, d. h. die Fähigkeit, Wechsel- 
schuldner zu werden; sie steht jetzt (ugl. oben S. 145) jeder physischen oder juristischen 
Person, auch den Handelsgesellschaften zu, fehlt aber außerhalb Deutschlands einzelnen Per- 
sonenklassen, so den Militärpersonen in Osterreich (aber nicht in Ungarn) und zum Teil 
: Kohler, Einleitung in die Rechtswissenschaft, 1902, & 41 S. 85 u. 87. 
* Vgl. Kuhlenbeck, Der Check, 1890, S. 157, der Stöpel, Die freie Gesellschaft, 
und eine anonyme Schrift v. J. 1900 zitiert. 
* In Rumänien über Produkte und auch andere Waren. Trumpler S. 40. 
* v. Canstein, Lehrb. S. 106. 
* Meyer I S. 32.
	        
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