Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

186 Georg Cohn. 
e) die Klage aus dem zugrunde liegenden Schuldverhältnis. Sie steht dem Inhaber eines 
dishonorierten Wechsels zu, der ihn zur Begleichung einer bestehenden Schuld zahlungs- 
halber (salvo incasso 1) erhalten und ohne eigenes Verschulden bei der Eintreibung der 
Wechselforderung keine Zahlung gefunden hat. Die Klage geht nur gegen den Wechselgeber 
selbst und erfolgt nur gegen Herausgabe des nicht präjudizierten Wechsels. 
Diese Klage ist ausgeschlossen, wenn der Wechsel unbedingt an Zahlungs Statt 
oder mit der Absicht unbedingter Vovation gegeben worden; im Zweifel ist aber nicht dies, 
sondern Hingabe zahlungshalber t(als Zahlungsversuch) anzunehmen. 
d) die Revalierungsklage (vgl. oben § 8 I, 5); 
e) die Klage auf Herausgabe (vgl. oben § 20); 
) auf Schadensersatz wegen unterlassener Notifikation (vgl. oben § 14); 
g) auf Provision des nicht zur Zahlung gelangten Ehrenakzeptanten (kontrovers) (vgl. oben 
l 15): 
h) auf Ausstellung eines Duplikats (ugl. oben § 17); 
i) auf Herausgabe des Originals oder des Akzeptexemplars (vgl. oben § 17). 
§ 22. Die Wechseltheorie 2. 
1. Nach der älteren Theorie galt das Wechselgeschäft als aus verschiedenen Verträgen 
zusammengesetzt (negotium e varlis Kontractibus conflatum), und zwar aus einem 
Mandatsvertrage zwischen Trassanten und Trassaten, aus einem onstitutum 
zwischen Präsentanten und Akzeptanten und aus demeigentlichen Wechselkontrakt 
zwischen Trassanten und Remittenten. Diesen eigentlichen Wechselkontrakt konstruierte man 
romanisierend höchst verschiedenartig, zunächst als Tausch (permutatio pecuniae absentis et 
futurae pro pecunia praesenti), dann als Summenkauf, Dienstmiete, Darlehn, Mandat, Depo- 
situm, Innominatkontrakt, meist aber als einen kaufähnlichen Konsensualvertrag 
über Zustellung einer Geldsumme am anderen Orte gegen eine Gegenleistung; hierbei galt der 
Wechselbrief nur als das übliche, aber nicht unerläßliche 3 Erfüllungs= und Beweismittel des 
durch die Willensübereinstimmung perfekt gewordenen Vertrages. Diese letztere Theorie der 
Italiener wurde in Frankreich bis vor kurzer Zeit festgehalten. 
12. Nach der gesetzlichen Anerkennung des Indossaments verlegte man in Deutschland 
(Gryphiander (16621, Leyser (1723) und Heineccius (1742) dagegen den 
Rechtsgrund in den Wechselbrief selbst, durch dessen bloße Übergabe die von der causa und 
Gegenleistung des Remittenten unabhängige, einseitige Verpflichtung des Trassanten entstehe 
(Theorie des Literalvertrages oder Chirographarkontrakts); der alte kaufähnliche 
Konsensualvertrag sank damit zu einem bloßen Vor vertrage (pactum de cambiando, Wechsel- 
schluß) herab; auch für das Akzept wurde die Schrift als allein verpflichtend erklärt. 
3. Püttmann (1784) und andere fanden die Eigentümlichkeit des Wechsels in der 
Wechselstrenge oder in einem Nebenvertrage, durch welchen sich der aus irgendeinem 
Obligationsgrunde Verpflichtete der prozessualen Wechselstrenge, namentlich der Personal- 
haft unterwarf. Diese Theorie fand ins Preußische Landrecht Eingang. 
4. Nachdem schon Schmalz (1805) und andere den Wechsel als Repräsentanten des 
klingenden Geldes bezeichnet hatten, lehrte Einert (1839), daß es eigentlich gar keinen 
Wechselkontrakt gäbe; die Wechselverpflichtung beruhe vielmehr auf einem dem Gesamtpublikum 
schriftlich erteilten, einseitigen, abstrakten Zahlungsversprechen, Ein- 
lösungsversprechen des Ausstellers, das jeder rechtmäßige Besitzer des Papiers auf 
1 Cohn in Endemann, Handbuch des Handelsrechts III 8 449 N. 52 u. 64 a. 
: Ich folge hauptsächlich Grünhut I S. 237 ff. u. 266 ff. Vgl. auch Kunze in Ende- 
manns Handbuch IV S. 47 ff. H. O. Lehmann S. 602 ft. Gierke, D. Priv. R. II 
S. 108 u. 145 ff. Langen, Die Kreationstheorie im heutigen Reichsrechte, 1906. Jacobi, 
Die Wertpapiere im Bürg. Recht des D. Reiches, 1901, u. Das Wertpapier als Legitimationsmittel, 
1906. Cosack S. 226 u. 232 ff. Oertmann, Kommentar z. BGB., 3. u. 4. Aufl., 1910, 
Vorbemerkung zu &W 793 ff. S. 991 ff. 
* Vgl. oben § 7 N. 5 (Scaccia, Raph. de Turri).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.