Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

192 Georg Cohn. 
In Österreich und Deutschland war der Rechtszustand lange Zeit höchst un- 
befriedigend. Abgesehen von steuerrechtlichen Bestimmungen und von dem in Elsaß-Lothringen 
auch nach 1871 fortgeltenden französischen Gesetz v. 1865 fehlte es in beiden Reichen an Spezial- 
normen, so daß das für den Scheckverkehr ganz ungeeignete Anweisungsrecht zur Anwendung 
kommen mußte. Ein dreißigjähriger Kampf um ein Scheckgesetz entbrannte; große Verdienste 
erwarben sich in Osterreich Funk und der Minister Klein, in Deutschland der Reichsbank- 
präsident Koch und Rießer. Nach mannigfachen Entwürfen und Stockungen erging zu- 
nächst das Osterr. Scheckgesetz v. 3. April 1906. Unter seinem Einfluß, der durch die vom 
Mitteleuropäischen Wirtschaftsverein veranstaltete Budapester Scheckkonferenz 1907 noch ver- 
stärkt wurde, kam am 11. März 1908 das deutsche Scheckgesetz zustande. Zu seiner Aus- 
führung ergingen Bek. des Reichskanzlers v. 19. März u. 5. Aug. 1908, sowie v. 9. Januar 
u. 4. Febr. 1909. Dem Deutschen Scheckgesetz schloß sich das Un9 garische v. 31. Dez. 1908 
wesentlich an. Den Gesetzen Osterreichs, Deutschlands, Ungarns und Skandinaviens steht das 
Japanische Handelsgesetzbuch v. 7. März 1899 nicht ganz fern . 
In den Niederlanden und seinen Kolonien (Indien, Curacao und Surinam) ist 
durch das Handelsgesetzbuch von 1838 (resp. 1847 und 1848) außer dem Recht der Assignatie 
(Anweisung) auch das dem Scheck entsprechende Kassierspapier eingehend und eigentümlich 
geregelt. Dagegen begnügen sich mit der Regelung des Rechts der einfachen resp. kauf- 
männischen oder Ordre-) Anweisungen Agypten, Bolivia, Chile, Kolumbia 2, Ecuador, Guate- 
mala, Haiti, Nicaragua und St. Domingo; in Guatemala sind sogar ausdrücklch die (den 
Schecks entsprechenden) Luédanes um der Mißbräuche willen durch A. 664 des HGB. 
v. 1877 für unklagbar erklärt 3. 
Entwürfe sind für Finnland (1895) und Rußland (Entw. des Oblig.-Rechts 1901) ausgearbeitet. 
Mit den Bestrebungen für ein Weltwechselrecht verband sich bald auch der Wunsch nach 
einem Weltscheckrecht. Schon im Brüsseler Entwurf des Weltwechselrechts 1888 ist auch 
der Scheck mitgeregelt“. Der Vereinheitlichung des Scheckrechts widmeten sodann mehrere 
Vereinigungen eingehende Beratungen und Resolutionen; so zunächst für Deutschland, Oster- 
reich und Ungarn unter Rießers Haupteinfluß der von Jul. Wolf ins Leben gerufene 
Mitteleuropäische Wirtschaftsverein 1907 auf seiner zweiten gemeinschaftlichen Konferenz in Buda- 
pest (sog. Scheckkonferenz5)j; sodann für alle Kulturstaaten die Intern. Law Assossiation 
1910 in London und die Union éCconomique intern. im April 1912 in Brüssel 7. 
Auch die Kongresse der Handelskammern (Verona, Prag) und die Altesten der Berliner 
Kaufmannschaft waren für das Weltscheckrecht tätig s. 
Endlich und hauptsächlichst hat auch (nach Ausgabe eines Fragebogens ? durch die nieder- 
ländische Regierung) die amtliche Haager Wechselrechtskonferenz im Juli 1912 einen Weltscheck- 
gesetzentwurf aufgestellt 1°. 
: Tru mpler S. 193. Uber das frühere japanische Scheckrecht (HGB. v. 1890 vgl. HWB. 
d. Staatswiss. VII S. 221. 
* Vgl. jedoch auch die Verordnung v. 29. Juli 1898 betr. Ausstellung von Schecks ohne 
Deckung (Trumpler S. 188). 
* Vgl. Z Vergl R. III S. 74 ff. und ebendaf. „Gotthelf Meyer. 
* Näheres im HWB. der Staatswiss. VII S. 232. 
* Die Verhandlungen sind 1908 in Fcgene erschienen; vgl. oben über ihren Einfluß auf 
das Deutsche Scheckgesetz und auch Arch. f. R.= u. Wirtsch. Philos. I S. 565 ff. 
lAntern. Law Asscciation. London Conference 1910. Vgl. besonders Bernat Sicher- 
mann, Paper on the Unification of the Laws concerning Cheques, London 1910. — Es wurden 
7 Rules for adoption by all nations von der Konferenz anempfohlen. Vgl. Niemeyer in 
Z. f. intern. R. 22 S. 215 ff. 
?! Union économique internationale. Conférence intern. de Bruxelles (15 et 16 avril 1912) 
Bruxelles 1912. Entwürfe und Referate von van der Smüßen, von Sichermann 
und Hammerschlag. Vgl. auch Frankf. Zig. v. 30. April 1912 
b - Ein im Auftrag der Altesten verfaßtes Werk von Felix Me yer ist im Erscheinen 
egriffen. 
s Zu seiner Beantwortung fanden Sachverständigenberatungen im Osterr. Justizministerium 
am 18. März 1911 statt; die Verhandlungen sind publiziert. 
i Ein von Sichermann verfaßtes Projet de la délégation hongroise liegt in französischer 
Sprache gedruckt vor. — Vgl. übrigens auch Redlich, Vorschläge zur Vereinheitlichung des 
Scheckrechts, Berlin 1911.
	        
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