Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

16 Otto v. Gierke. 
die Kaufmannseigenschaft, die sie an sich nicht haben, durch Eintragung erwerben. Ebenso 
aber unter Umständen Grundstückshändler, Bauunternehmer, Bergbautreibende, Handels- 
gärtner, Pfandleiher, Unternehmer von Auskunftsbureaus, Leihbibliotheken, Reitinstituten 
usw. Die Fülle der Betriebe, die so dem Handelsrecht unterworfen werden können, ist un- 
übersehbar. 
Die gesetzliche Regel wird aber durch die der Land- und Forstwirtschaft ein- 
geräumte Ausnahmestellung durchbrochen (§ 3). 
Der Betrieb der Land= und Forstwirtschaft als solcher ist niemals Handelsgewerbe. 
Er ist es niemals von Rechts wegen, auch wenn ihm der gewerbemäßige Betrieb von Grund- 
handelsgeschäften (z. B. Ankauf von Magewieh zur Weiteweräußerung als Mastvieh) bei- 
gemischt ist. Er ist aber auch, wenn er kaufmännisch eingerichtet ist, von der Umwandlung in 
ein Handelsgewerbe durch Eintragung ausgeschlossen. 
Auch ein mit dem Betriebe von Land-ooder Forstwirtschaft verbundenes Nebengewerbe 
ist niemals von selbst ein Handelsgewerbe, mögen auch in ihm gewerbsmäßige Grundhandels- 
geschäfte geschlossen werden (anders nach altem HOGB). So, wenn eine Brennerei, Ziegelei, 
Sägemühle auf den Zukauf von Kartoffeln, Lehm, Holz angelegt ist, oder wenn ein Landwirt 
Lohnmüllerei im großen betreibt. Der Land= oder Forstwirt ist aber auch niemals verpflichtet, für 
ein Nebengewerbe die Kaufmannseigenschaft zu erwerben. Er ist jedoch, falls das Neben- 
gewerbe nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb 
erfordert, zum Erwerbe der Kaufmannseigenschaft in Ansehung des Nebengewerbes durch 
Firmeneintragung berechtigt. In diesem Falle hat er also die freie Wahl, Kaufmann zu werden 
oder nicht. Hat er aber einmal die Eintragung bewirkt, so bleibt der Betrieb bis zur Einstellung 
für ihn und für jeden Rechtsnachfolger ein Handelsgewerbe. 
Die Wirkung der Firmeneintragung besteht in den Fällen der s§ 2 und 3 
nicht bloß, wie in den Fällen des § 1, in der Feststellung, sondern in der Begründung der 
Kaufmannseigenschaft. Diese Wirkung tritt aber an sich nicht ein, wenn die Eintragung un- 
gehörig erfolgt ist, weil es an ihren materiellen Voraussetzungen gebricht. Soweit jedoch der 
Mangel in der Beschaffenheit des unter der Firma betriebenen Gewerbes liegt, ist der Eintragung 
bis zur Löschung eine noch über den öffentlichen Glauben des Grundbuches hinausgehende 
formale Rechtskraft beigelegt (§5 5). Denn gegenüber dem, der sich auf die Eintragung beruft, 
ist der Einwand, daß das Gewerbe kein Handelsgewerbe sei, unbedingt und selbst dann, wenn 
er den gegenteiligen Sachverhalt kennt, unzulässig. Der eingetragene Nichtkaufmann kann 
also jedem Dritten gegenüber Kaufmannseigenschaft geltend machen und muß sich von jedem 
Dritten als Kaufmann behandeln lassen. Für das öffentliche Recht, für den Strafrichter, für 
die Registerbehörde besteht diese formale Rechtskraft nicht; der Registerrichter kann daher die 
ungehörige Eintragung nachträglich löschen. Auch erstreckt sich die formale Rechtskraft nicht 
auf sonstige Mängel in den Voraussetzungen der Kaufmannseigenschaft. So bleibt der Ein- 
wand zulässig, die Eintragung sei ohne die erforderliche Genehmigung des gesetzlichen Ver- 
treters oder aus Irrtum herbeigeführt, oder es handle sich überhaupt um kein „Gewerbe“, oder 
der Geschäftsbetrieb sei eingestellt. 
* 15. Personeneinheiten und juristische Personen als Kaufleute. 
1. Uberhaupt. Die Kaufmannseigenschaft kann mehreren Personen in 
ihrer Verbundenheit zustehen. Dies ist der Fall, wenn ein Handelsgewerbe von 
mehreren Personen in einer Gemeinschaft zur gesamten Hand betrieben wird. Sie haben 
dann nicht nur eine jede für sich, sondern zugleich in ihrer Personeneinheit die Rechte und 
Pflichten von Kaufleuten. Somit kann namentlich Gesellschaften des bürgerlichen Rechts 
und nicht rechtsfähigen Vereinen Kaufmannseigenschaft zuzuschreiben sein. Dabei gelten 
die allgemeinen Regeln. Eine Ausnahme besteht für Bergwerksgesellschaften ohne juristische 
Persönlichkeit (insbesondere Gewerkschaften alten Rechts), indem sie auch dann, wenn ihr 
Betrieb die Voraussetzungen des § 2 erfüllt, nicht als Kaufleute eingetragen werden (EG. Art. 5) 
Die Kaufmannseigenschaft kann ferer einer juristischen Person zukommen. 
Sie wird, wenn eine juristische Person ein Handelsgewerbe betreibt, nach den allgemeinen 
Regeln entweder schon durch den Geschäftsbetrieb oder erst durch Firmeneintragung begründet.
	        
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