Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

A. Börsenwesen. 
1. Geschichtliche Einleitung.: Allgemeine Bestimmungen über 
die Börse und deren Organe. Zulassung zum Boörsenbesuch. 
1. Von alters her pflegten die Kaufleute zur Abwicklung ihrer Geschäfte sich zu bestimmter 
Zeit an einem bestimmten Platze zu treffen. Insbesondere waren es die großen Handels- 
städte Oberitaliens, in denen sich schon seit dem 12. Jahrhundert ein börsenähnlicher Verkehr 
im Anschluß an die Tische der Geldwechsler und Bankiers entwickelte. Der erste Gegenstand, 
der börsenmäßig gehandelt wurde, war der Wechsel. Wichtig für die Ausbildung der Technik 
des Börsenverkehrs wurden sodann die großen internationalen Messen, die vom 12. Jahr- 
hundert an in der Champagne, in Lyon, an verschiedenen niederländischen Plätzen und in 
Frankfurt a. M. abgehalten wurden. Auf diesen Messen pflegten die Kaufleute ihre wechsel- 
seitigen Forderungen durch Abrechnung (Skontration) zu tilgen; auch wurde hier zuerst ein 
offizieller Kurs für Wechsel festgesetzt. Die Bezeichnung „Börse“ wurde nach dem Bericht 
eines zeitgenössischen Schriftstellers zuerst von den börsenartigen Versammlungen in Brügge 
nach einer dort ansässigen Kaufleutefamilie van der Bourse gebraucht. Die erste eigentliche 
Börse ist wohl die 1460 in Antwerpen errichtete gewesen. Die französische Regierung er- 
richtete Börsen 1549 in Toulon, 1556 in Rouen und 1563 in Paris. In London wurde 
1566/70 eine Börse unter dem Namen Royal Exchange gebaut. Der Börsenhandel in Aktien 
und damit die komplizierten Formen des modernen Börsengeschäfts (Termin-, Prämien-, 
Reportgeschäft) entwickelte sich zuerst im 17. Jahrhundert an der Amsterdamer Börse. Um 
diese Zeit kam auch der Handel in Schuldbriefen der verschiedenen Souveräne, Regierungen, 
Städte und anderer Körperschaften an den niederländischen und französischen Börsen sowie 
an der Londoner Börse auf. Von den deutschen Börsen wurde die Hamburger von einer 
Kaufleutegenossenschaft im Jahre 1558 errichtet. Die Frankfurter Börse entwickelte sich zu 
Anfang des 17. Jahrhunderts aus den alten Messen, und zwar zunächst als Privatveranstaltung 
der christlichen Kaufleute. Die Berliner Börse wurde 1738 von den beiden Gilden der 
Materialisten und der Tuch= und Seidenhandlung errichtet. 
Vor Erlaß des Börsengesetzes vom 22. Juni 1896 fehlte es an einer reichsgesetzlichen 
Regelung des Börsenwesens. Auch die Landesgesetzgebung enthielt nur vereinzelte Be- 
stimmungen über die Materie. So war nach § 3 des Preuß. EG. zum HGB. vom 24. Juni 
1861 zur Errichtung einer Börse, zum Erlaß oder zur Ergänzung von Börsenordnungen die 
Genehmigung des Handelsministers erforderlich. Nach Artikel 12 des Württembergischen CG. 
zum H#B. vom 13. August 1865 hatten das Recht zur Feststellung von Börsenpreisen nur 
solche Vereine, denen auf Grund einer landesherrlich genehmigten Börsenordnung die Eigen- 
schaft öffentlicher Börsenvereine durch landesherrliche Entschließung zuerkannt war. Infolge 
des wirtschaftlichen Ausschwungs in Deutschland gewannen auch die Börsen, oder wenigstens 
einzelne derselben, immer größere Bedeutung. Mißstände, welche hierbei zutage traten, ver- 
anlaßten schon im Jahre 1888 die Petitionskommission des Reichstages zu dem Beschluß, dem 
Reichskanzler die Veranstaltung einer Enquete über die Zustände der Börse und eine reichs- 
gesetzliche Regelung der Materie zur Erwägung zu geben (Reichstagsdrucksachen Nr. 185, 
1 Vergl. hierüber Ehrenberg, Zeitalter der Fugger 1896; Kirchenpauer, Die 
alte Börse, Hamburg 1841; Geschichte der Handelskammer Frankfurt a. M. 1707—1908, 1908.
	        
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