Grundzüge des Handelsrechts. 17
Dies gilt für Verbandspersonen jeder Art, für rechtsfähige Vereine und öffentliche Körper-
schaften, für private Stiftungen und öffentliche Anstalten.
2. Handelsgesellschaften. Handelsgesellschaften sind stets Kaufleute (§ 6
Abs. 1). Und sie sind gan z Kaufleute, indem ihre Einheit in der Kaufmannseigenschaft auf-
geht und für einen nichtkaufmännischen Lebensbereich keinen Raum läßt.
Die Handelsgesellschaften mitbloßer Personeneinheit sind Kauf-
leute auf Grund des für sie begrifflich notwendigen Betriebes eines Handelsgewerbes, das
seinerseits nach Maßgabe der allgemeinen Regeln (§ 1 u. 2) entweder durch bloßen Geschäfts-
betrieb oder erst durch Firmeneintragung begründet wird. So verhält es sich bei der offenen
Handelsgesellschaft und bei der Kommanditgesellschaft.
Die Handelsgesellschaften mit juristischer Persönlichkeit sind
Kaufleute auf Grund ihrer handelsrechtlichen Organisationssorm. Es sind dies die Aktien-
gesellschaft, die Kommanditgesellschaft auf Aktien, bei der zugleich die persönlich haftenden
Gesellschafter als Einzelne Kaufleute sind, und die Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Hier
setzt die Kaufmannseigenschaft einen Handelsgewerbebetrieb, ja überhaupt einen Gewerbe-
betrieb nicht voraus. Die Gesellschaft ist Kaufmann, selbst wenn sie nur gemeinnützige Zwecke
verfolgt (z. B. Herstellung von Arbeiterwohnungen, Kirchenbau, Volksküche) oder rein ideellen
Interessen ihrer Mitglieder dient (z. B. Lesehalle, Studentenheim, Kasino).
Auch eingetragene Genossenschaften gelten, obschon sie Handelzsgesell-
schaften im technischen Sinne nicht sind, als Kaufleute im Sinne des HGB., soweit das Ge-
nossenschaftsgesetz nichts Abweichendes bestimmt (GenossG. & 17 Abs. 2).
Dagegen sind Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit keine Kauf-
leute. Die Bestimmungen des HGB. über den Kaufmannsbegriff (§ 1—7) finden auf sie
keine Anwendung. Doch sind sie den Kaufleuten grundsätzlich gleichgestellt (Quasi-Kaufleute).
Denn die übrigen Vorschriften des ersten und dritten Buchs des HGB. für Kaufleute finden
auf sie entsprechende Anwendung, soweit in dem Gesetz über die privaten Versicherungs-
unternehmungen nicht ein anderes bestimmt ist (RG. v. 12. Mai 1901 F 16).
3. Juristische Personen des öffentlichen Rechts. Die juristischen
Personen des öffentlichen Rechts sind Kaufleute, wenn und soweit sie ein Handelsgewerbe be-
treiben. Sie sind von selbst Kaufleute, falls sie gewerbsmäßig Grundhandelsgeschäfte ab-
schließen. So die öffentlichen Banken (vgl. altes HGB. Art. 5 Abs. 2). Auch die Reichsbank
ist Kaufmann, obschon sie vom Eintragungszwange befreit ist (Reichsbank-G. § 66). Sie sind,
wenn ihr Gewerbebetrieb unter § 2 des HGB. fällt, verpflichtet, wenn er unter § 3 Abs. 2
fällt, berechtigt, die Kaufmannseigenschaft durch Firmeneintragung zu erwerben. Nur das
Reich, die deutschen Einzelstaaten und die inländischen Kommunalverbände sind, weil sie keinem
Eintragungszwange unterliegen (§ 36), in Ansehung eines von ihnen betriebenen Unternehmens,
das sie nicht von selbst zu Kaufleuten macht, niemals verpflichtet, sondern nur berechtigt, sich
dem Kaufmannsrecht zu unterstellen. So z. B. der Staat als Bergbautreibender.
Sehr bestritten aber ist die Frage, wann ein vom Staat oder von einer andern öffent-
lichen Verbandsperson im Nebenberuf betriebenes Gewerbe als Handelsgewerbe anzusehen
ist. Der geschichtlichen Entwicklung gemäß (in Anknüpfung an die alte Unterscheidung von
negotiatio politica und lucrativa) ist anzunehmen, daß ein Handelsgewerbe nicht vorliegt,
sobald das Unternehmen in erster Linie auf den gemeinen Nutzen und nur nebenbei auf Erwerb
abzielt und deshalb durch das öffentliche Recht grundsätzlich abweichend von einem Privat-
unternehmen ausgestaltet ist. Darum war die vielerörterte Streitfrage, ob das Reich in An-
sehung der Reichspost Kaufmann sei, vemeinend zu entscheiden, wie dies jetzt durch ausdrück-
liche gesetzliche Bestimmung geschehen ist (HGB. F 452). Dagegen ist der Staat als Eisenbahn-
unternehmer Kaufmann. Dezsgleichen der preußische Staat in Ansehung der Seehandlung
und der Porzellanmanufaktur. Bei kommunalen Sparkassen, Gasanstalten, Wasserleitungen
usw. läßt sich eine generelle Entscheidung nicht geben.
§ 16. Vollkaufleute und Minderkaufleute. Die Kaufleute im Sinne des H##. sind
eine buntgemischte Gesellschaft. Das ganze Handelsrecht paßt nicht für alle. Darum werden
zahlreiche Kaufleute, ja, tatsächlich die große Mehrheit von den auf größere Betriebe berechneten
Encyklopädie der Rechtswissenschaft. 7. der Neubearb. 2. Aufl. Band III.