Bankwesen. 231
gesellschaft nachgebildet, unterscheidet sich aber von dieser wesentlich dadurch, daß, obgleich das
Grundkapital vollständig im Besitze von Privatpersonen sich befindet, den Anteilseignern ein
entscheidender Einfluß auf die Verfassung oder Verwaltung der Bank nicht zusteht. Die Reichs-
bank und ihre Zweiganstalten sind frei von staatlichen Einkommen= und Gewerbesteuern (§ 21).
Die Bestimmungen des HGB. über die Eintragung in das Handelsregister finden auf sie keine
Anwendung. Das Grundkapital der Reichsbank war ursprünglich 120 Mill. Mk., ein-
geteilt in Anteile von je 3000 Mk. Durch die Novelle vom 7. Juni 1899 wurde das Kapital
mit Gesetzeskraft vom 1. Januar 1901 um weitere 60 Mill. Mk., in Anteilen von je 1000 Mk.,
erhöht. Die Anteile lauten auf Namen und sind durch Indossament übertragbar (§ 23 Abs. 3,
Statut § 5). Betreffs der Form des Indossaments kommen die Bestimmungen der Art. 11
bis 13 der WO. zur Anwendung, dagegen sind die materiellen Bestimmungen über die Indossa-
mente, insbesondere Art. 36 (Legitimation des Wechselbesitzers), 74, 82 (Schutz des gutgläu-
bigen Erwerbers) nicht für anwendbar erklärt. Die Eigentümer werden in die Stammbücher
der Reichsbank eingetragen. Im Verhältnis zur Reichsbank gilt nur der Eingetragene als
Eigentümer.
Die Reichsbank steht unter Aufsicht und Leitung des Reichs (§ 12). Die Auf-
sicht wird von einem Bankkuratorium ausgeübt, das sich einmal vierteljährlich versammelt und
aus dem Reichskanzler und vier Mitgliedern besteht. Eines der Mitglieder ernennt der Kaiser,
die anderen der Bundesrat (§ 25). Die oberste Leitung der Bank obliegt dem Reichskanzler;
unter ihm steht als verwaltende, ausführende und die Reichsbank nach außen vertretende Be-
hörde das Reichsbankdirektorium, das aus dem Präsidenten und der erforderlichen Anzahl von
Mitgliedern besteht, die wie der Präsident auf Vorschlag des Bundesrats vom Kaiser auf
Lebenszeit ernannt werden (5§5 27). Die Reichsbank ist berechtigt, allerorten im Reichsgebiet
Zweiganstalten zu errichten (§ 12). Die Zweiganstalten gliedern sich in Reichsbank-
hauptstellen, die vom Bundesrat errichtet werden (z. Z. 20), in Reichsbankstellen,
die vom Reichskanzler errichtet werden (z. Z. 77); an ihrer Spitze steht ein aus
mindestens zwei Mitgliedern bestehender Vorstand (§ 36). Außerdem sieht das Gesetz noch unselb-
ständige Zweiganstalten vor (§ 37), die zum Abschluß wichtiger Geschäfte der Zustimmung der
vorgesetzten Anstalten bedürfen; als solche bestehen die Reichsbanknebenstellen und die Reichs-
bankwarendepots (am 31. Dezember 1912: 385 bzw. 4). Die Beamten der Reichsbank beziehen
festes Gehalt, das von der Reichsbank getragen wird; nur die Vorstandsbeamten der Haupt-
stellen und Stellen erhalten auch Tantiemen. Die Aufsicht über die Reichsbankhauptstellen
übt im Auftrag des Direktoriums der vom Kaiser ernannte Bankkommissarius aus (§ 36). Ver-
pflichtet wird die Reichsbank durch die Unterschrift von zwei Mitgliedern des Reichsbank-
direktoriums bzw. des Vorstandes der Reichsbankhauptstellen bezw. Bankstellen, oder den
als Stellvertreter der letzteren bezeichneten Beamten (§ 38).
Die Organe der Anteilseigner sind die Generalversammlung, der Zentral-
ausschuß und die Bezirksausschüsse. Die Generalversammlung wird jährlich zur Entgegen-
nahme des Verwaltungsberichts nebst der Bilanz und Gewinnberechnung berufen. Sie wählt
die Mitglieder des Zentralausschusses und beschließt über Erhöhung des Grundkapitals und
Abänderung des Statuts, sofern diese Gegenstände in der Berufung ausdrücklich erwähnt sind
(Stat. § 21). Der Zentralausschuß besteht aus 15 Mitgliedern, die von der Generalversamm-
lung aus der Zahl derjenigen Anteilseigner gewählt werden, welche auf ihren Namen lautende
Anteilsscheine über einen Mindestbetrag von 9000 Mk. besitzen; sie werden auf je drei Jahre
gewählt, sind im Ehrenamt tätig, und 9 von ihnen müssen ihren Wohnsitz in Berlin haben.
Der Zentralausschuß wird wenigstens einmal monatlich vom Präsidenten des Reichsbank-
direktoriums berufen. Seine Hauptaufgabe ist, die Maßnahmen der Bankleitung, insbesondere
Festsetzung des Diskontsatzes und Lombardzinsfußes, zu begutachten (§ 32). Zur fortlaufenden
Kontrolle der Geschäftstätigkeit der Reichsbank wählt der Zentralausschuß aus seiner Mitte
auf je ein Jahr drei Deputierte (§ 34). Neben dem Zentralausschuß bestehen für den Bezirk
der Hauptstellen Bezirksausschüsse, deren Mitglieder aus den vom Bankkommissar und vom
Zentralausschuß aufgestellten Vorschlagslisten vom Reichskanzler ausgewählt werden. Der
Bezirksausschuß wählt zur fortlaufenden Kontrolle der Geschäftstätigkeit der Hauptstellen aus
seiner Mitte zwei bis drei Beigeordnete (§ 36).