232 Trumpler.
An den Vorschriften über die Verteilung des Gewinns zwischen Reichs-
bankund Anteilseignern (§5424) sind jeweils durch die Novellen vom 18. Dezember
1889, 7. Juni 1899 und 1. Juni 1909 Anderungen vorgenommen worden, durch welche der
Anteil des Reichs zuungunsten der Anteilseigner schrittweise vermehrt worden ist. Nach der
letzten Novelle ist die Verteilung des Gewinns z. Z. derart geregelt, daß die Anteilseigner
zunächst eine ordentliche Dividende von 3½ c5 vom Grundkapital erhalten, die eventuell aus
dem Reservefonds zu ergänzen ist. Den Rest erhalten zu einem Viertel das Reich, zu drei
Vierteln die Anteilseigner; jedoch werden vom Anteil beider je 5% abgezogen und dem Reserve-
fonds zugeführt. 14
Die Reichsbank hat die Aufgabe, „den Geldumlauf im gesamten Reichsgebiete zu
regeln, die Zahlungsausgleichungen zu erleichtern und für die Nutzbarmachung verfügbaren
Kapitals zu sorgen“ (§ 12). Mit Rücksicht auf die besonderen Aufgaben, welche dem Zentral-
noteninstitut zugewiesen sind, und im Zusammenhang mit dem Umstande, daß die Aktiva zur
Deckung der ausgegebenen Noten jederzeit leicht realisierbar sein müssen, sind die Geschäfte,
deren Betrieb der Reichsbank gestattet ist, im Gesetz cinzeln aufgezählt. Ausgeschlossen sind
hiernach alle Geschäfte spekulativen Charakters. Ferner sind zwei bestimmte Geschäftsformen,
die an sich im Rahmen des zulässigen Geschäftsbetriebs liegen, der Reichsbank ausdrücklich ver-
boten, nämlich die Akzeptierung von Wechseln und der Abschluß von Zeitgeschäften in Waren
oder Wertpapieren für eigene oder fremde Rechnung (wozu insbesondere das Reportgeschäft
gehört) oder die Ubernahme einer Bürgschaft für Zeitgeschäfte (§+ 7). Die der Reichsbank
im einzelnen gestatteten Geschäfte sind die folgenden (§ 13):
1. Der An- und Verkauf von Gold und Silber in Barren und Münzen.
Ein Ankauf von Silber erfolgt tatsächlich nicht. Um so größere Bedeutung haben die
Goldankäufe. Zur Förderung des Goldimports gewährt die Reichsbank zinsfreie Vorschüsse
auf die Goldeinfuhr aus dem Auslande.
2. Der An- und Verkauf von Wechseln (Diskontgeschäft).
Das Diskontgeschäft ist von besonderer Bedeutung, weil das Wechselmaterial, abgesehen
vom baren Gelde, die eigentliche Deckung für die Noten bildet und die Diskontpolitik als Maß-
stab für die Gewährung von kurzfristigem Kredit für das gesamte Geschäftsleben von außer-
ordentlicher Bedcutung ist. Die Wechsel müssen eine Verfallzeit von höchstens drei Monaten
haben, und es müssen aus ihnen in der Regel drei, mindestens aber zwei als zahlungsfähig
bekannte Verpflichtete haften (Aussteller und Akzeptant). In der Praxis begnügt sich die
Reichsbank in der Regel mit zwei guten Unterschriften. Unter dieser Voraussetzung sind auch
bloße Tratten (nicht akzeptierte Wechsel) in der Regel diskontfähig; die Reichsbank legt diese
unentgeltlich zur Annahme vor. Was die geschäftlichen Grundsätze für die Diskontierung
betrifft 1, so kauft die Reichsbank nur solche Wechsel an, die an einem Reichsbankplatze oder an
einem sog. Inkassoplatze zahlbar sind 2. Bei der Prüfung der Sicherheit der Unterschriften
kommt insbesondere die Höhe des von dem Verpflichteten in Anspruch genommenen Wechsel-
usw. Kredits in Betracht. Grundsatz ist ferner, daß nur sog. Warenwechsel angekauft werden,
d. h. Wechsel, die auf Grund einer Warentransaktion vom Verkäufer auf den Käufer aus-
gestellt sind. Dagegen werden sog. Finanzwechsel, d. h. Wechsel, welche lediglich der Kredit-
beschaffung dienen, z. B. von Bankiers auf andere Bankiers oder Banken gezogene Wechsel,
in der Regel nicht diskontiert. Die Reichsbank ist zwar befugt, die angekauften Wechsel zu
verkaufen (rediskontieren), doch macht sie hiervon nur bei ausländischen Wechseln (Devisen)
Gebrauch. Die Reichsbank hat ihren Diskontsatz jeweils öffentlich bekannt-
zugeben s (7 15). Im Gegensatz zu dem Reichsbankdiskont steht der Privatdiskont
desoffenen Marktes,, d. h. derjenige Satz, zu welchem an der Börse Privatdiskonten,
1 Vgl. hierüber Prion, Das deutsche Wechseldiskontgeschäft.
„ Die näheren Bestimmungen über die geschäftliche Tätigkeit der Reichsbank sind in den
sog. Allgemeinen Bestimmungen über den Geschäftsverkehr mit der Reichsbank enthalten
(grünes Heft).
6 * Der Diskontsatz bezieht sich nur auf Inlandwechsel; Auslandwechsel werden zum Kurswert
gehandelt (vgl. oben S. 213).