Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

20 Otto v. Gierke. 
Privatrechtliche Beschränkungen der Handelsfreiheit können vertrags- 
mäßig hergestellt werden, begründen aber keinerlei Unfähigkeit, sondern immer nur Obliga- 
tionen auf Unterlassung und Schadensersatz. 
Nach gesetzlicher Regel sind Handlungsgehilfen und Handlungslehrlinge, Handels- 
gesellschafter und Vorsteher von Aktiengesellschaften kraft ihres Vertragsverhältnisses während 
dessen Dauer verpflichtet, sich in bestimmtem Umfange des eignen Handelsbetriebes zu ent- 
halten (ugl. unten § 29 Z. 4, §J 38 Z. le, § 50 Z. 3). Diese Beschränkungen können weg- 
bedungen werden. 
Durch besonderen Vertrag (Konkurrenzklausel) kann jemand sich 
einem anderen verpflichten, sich in bestimmtem Umfange des Wettbewerbes zu enthalten. 
Ein solcher Vertrag ist an sich gültig und kann Auswüchse des freien Wettbewerbes wohltätig 
beschneiden oder ein illoyales Verhalten (z. B. des ausgeschiedenen Gesellschafters, des Ge- 
schäftsvorgängers, des ehemaligen Angestellten) verhindern. Er ist aber nichtig, wenn er gegen 
die guten Sitten verstößt, weil er die wirtschaftliche Freiheit vernichtet oder übermäßig ein- 
schränkt oder wucherische Ausbeutung enthält. Die Praxis verlangt namentlich eine gehörige 
sachliche, zeiltiche oder örtliche Beschränkung des Konkurrenzverbots. 
Engere Grenzen zieht das HG., §§ 74, 75, in unabänderlicher Weise der Wirksamkeit 
von Vereinbarungen, durch die Handlungsgehilfen oder Handlungslehrlinge 
für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses dem Prinzipal 
gegenüber in ihrer gewerblichen Tätigkeit beschränkt werden. Das Versprechen ist hier schon 
wegen bloßer Unbilligkeit insoweit unverbindlich, als die Beschränkungen nach Zeit, Ort und 
Gegenstand die Grenzen überschreiten, durch die eine unbillige Erschwerung des Fortkommens 
ausgeschlossen wird. Der Richter kann die Beschränkung auf das rechte Maß zurückführen. 
Immer gilt die Beschränkung höchstens für drei Jahre nach Beendigung des Dienstverhältnisses. 
Das von einem Minderjährigen abgegebene Versprechen ist überhaupt nichtig. Der Prinzipal 
kann Rechte aus dem Vertrage nicht herleiten, wenn er dem Gehilfen gerechten Grund zur Auf- 
lösung des Dienstverhältnisses gibt oder seinerseits ohne erheblichen Anlaß oder aus einem 
selbstverschuldeten Anlaß kündigt. Doch kann er im letzteren Falle die Klausel dadurch in Kraft 
halten, daß er den Gehalt fortzahlt. Ist eine Vertragsstrafe bedungen, so kann der Gehilfe 
sich stets durch deren Erlegung von der Vertragserfüllung und jeder weiteren Ersatzleistung 
befreien (abweichend von BGB. §§ 340, 341). Das richterliche Ermäßigungsrecht bei zu hoher 
Vertragsstrafe (BGB. F 343) bleibt unberührt. — Diese zum Schutze gegen Mißbrauch der 
sozialen Ubermacht des Dienstherrn getroffenen Bestimmungen sind in ihrem Kern durch die 
GewO. 133k auf höhere gewerbliche Angestellte ausgedehnt worden. 
Verträgsmäßige Beschränkungen hinsichtlich des Betriebes und Absatzes werden femer 
durch die als Kartelle bezeichneten Vereinbarungen von Gewerbtreibenden gleicher 
Gattung begründet. Verträge und Vereinssatzungen dieser Art sind gültig, soweit sie einen 
erlaubten Zweck (Hinderung der Üüberproduktion und der Warenverschleuderung infolge 
schrankenloser Konkurrenz und des dadurch drohenden Niederganges des Gewerbes) mit er- 
laubten Mitteln (den sinngemäßen Einschcänkungen der wirtschaftlichen Freiheit) verfolgen. 
Sie sind dagegen nichtig, wenn sie einem unsittlichen Zwecke (z. B. der Erzielung eines 
übermäßigen Gewinnes durch einen sog. „Ring“") dienen oder unsittliche Mittel (z. B. un- 
gehörigen Zwang, Verrufserklärungen, völlige Unterdrückung der Freiheit des einzelnen) an- 
wenden. 
8 20. Das kaufmännische Geschäft. Unter dem „Geschäft“ oder „Handelsgeschäft“ eines 
Kaufmannes („konds de commerce“) versteht man den Inbegriff der seinem Handelsgewerbe 
angehörigen Verhältnisse. Die äußere Einrichtung, in der das Geschäft sichtbar wird, heißt 
auch „Handelsniederlassung“ (Etablissement, Handlungshaus, „maison de commerce“). 
Die Begründung eines Geschäfts erfolgt durch einen tatsächlichen Akt, der als 
„Eröffnung“ bezeichnet wird, weil er in der Regel mit der Offnung eines Geschäftslokals 
(Kontors, Ladens, Werkstätte) verbunden ist. Doch kann ein Lokal auch fehlen (z. B. beim 
Hausiergeschäft). Ublich sind außerdem Kundmachungen an das Publikum (Inserate, Zirkulare, 
Anschläge usw.). Die Geschäftseröffnung kann mit dem Erwerbe der Kaufmannseigenschaft
	        
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