Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

Bankwesen. 241 
order vom 17. Januar 1820 (GS. S. 25) wurde die Seehandlung als „ein für sich bestehendes, 
von dem Ministerinm des Schatzes unabhängiges Geld= und Handlungsinstitut des Staates"“ 
organisiert und ihr als Aufgabe besonders die Besorgung der für Rechnung des Staates vor- 
fallenden Geldgeschäfte zugewiesen. Die rechtsgeschäftliche Vertretung des Instituts worde 
dem Präsidenten übertragen, dem zwei Räte zur Seite stehen. Von da ab hat sich die See- 
handlung an einer großen Anzahl von industriellen und kaufmännischen Untemehmungen be- 
teiligt oder solche auf eigene Rechnung betrieben, woraus ihr erhebliche Verluste entstanden. 
Durch die Kabinettsorder vom 14. Februar 1845 wurde daher eine weitere Ausdehnung der 
industriellen Untemehmungen für unstatthaft erklärt und diese Untemmehmungen auf Grund 
eines Beschlusses der zweiten Kammer im Jahre 1850 allmählich abgestoßen. Zurzeit besitzt 
die Seehandlung noch das Königliche Leihamt in Berlin, die Bromberger Mühlen und die Landes- 
huter Spinnerei. 
Auf Grund des Beschlusses des Abgeordnetenhauses vom 17. Dezember 1869 (Stenogr. 
Ber. 1869/70 Bd. II S. 1029 ff., Anlagen Bd. II Nr. 177) ist das Kapital der Seehandlung 
auf 11 Mill. Taler beschränkt, durch Gesetz vom 4. August 1904 aber auf 100 Mill. Mk. erhöht. 
Seit der AE. vom 17. April 1848 ist die Seehandlung dem Finanzminister untergeordnet. 
Nach der Allerhöchst bestätigten Instruktion vom 18. Juli/3. September 1850 nebst Nach- 
trägen (vgl. Begründung zur Novelle vom Jahre 1904) ist dem Präsidenten die gesamte Ge- 
schäftsführung übertragen, doch bleibt zu gewissen Geschäften, insbesondere Erwerb und Ver- 
äußerung von Grundstücken, Abschluß neuer größerer Finanz- und Handelsoperationen, Auf- 
nahme von Geldern außerhalb des Depositen= und Kontokorrentverkehrs, Aufnahme von Dar- 
lehen ohne Lombardunterlagen in Wechseln oder Inhaberpapieren oder auf mehr als ein Jahr, 
die Zustimmung des Finanzministers vorbehalten. Die Seehandlung besitzt keine selbständige 
Rechtspersönlichkeit, vielmehr ist Träger des Instituts der preußische Fiskus. Zurzeit besorgt 
die Seehandlung insbesondere die sämtlichen Anleihegeschäfte des Staates, sie diskontiert Staats- 
wechsel und Schatzanweisungen, überwacht und kontrolliert den Kurs der preußischen Staats- 
papiere. Andererseits fließen ihr die verfügbaren Gelder des Staates zu, die sie gewöhnlich 
im Lombardgeschäft anlegt. Im Verkehr mit Privaten pflegt die Seehandlung vornehmlich 
das Effektenkommissionsgeschäft, die Annahme verzinslicher Depositen, das Lombardgeschäft, 
den Kontokorrent= und Scheckverkehr. Nach Art. 85 des AG. zum BGB. in Verbindung mit 
der Ministerialverfügung vom 17. Dezember 1899 ist die Seehandlung als Hinterlegungsstelle 
für Mündeldepots zugelassen. Filialen besitzt die Seehandlung nicht. 
Ein der Seehandlung entsprechendes Institut besteht in Bayern unter dem Namen 
Königliche Bankt. Diese wurde im Jahre 1780 nach dem Vorbilde der Seehandlung 
von dem Markgrafen Chr. Friedr. Karl Alexander in Ansbach gegründet. Im Jahre 1792 wurde 
die Bank, als die Fürstentümer Ansbach-Bayreuth an Preußen übergingen, vom preußischen 
Staate übernommen und 1795 nach Fürth verlegt. Im Jahre 1806 wurde die Bank von Bayern 
übernommen und ihr Sitz nach Nürnberg verlegt. Das Verhältnis des Aktienbesitzes war der- 
art geregelt, daß zwei Drittel des Kapitals dem Staate und ein Drittel den Beamten der Bank 
zustehen sollten. Das Aktienkapital, das verschiedentlich wechselte, hielt sich längere Zeit in der 
ungefähren Höhe von 120 000 fl. Größere Betriebsmittel erhielt die Bank auf Grund des 
Gesetzes vom 25. Juli 1850, wonach ihr die gerichtlichen und administrativen Depositen zugeführt 
wurden. Im Anschluß hieran erging die Verfügung vom 4. Oktober 1850 J, durch welche unter 
anderem die Aktienanteile der Beamten beseitigt und in sog. Kautionskapitalien umgewandelt 
wurden, die mit einem festen Zins und einem Anteil am Reingewinn nach Maßgabe des An- 
stellungsdekrets ausgestattet waren. Seit 1864 wurden die Gewinnanteile des Staates der 
Bank als sog. Dotationskapital zur Verstärkung ihrer Betriebsmittel überlassen. Durch die Ver- 
fügung vom 13. Dezember 18782 wurden die Verhältnisse der Bank neu geregelt. Danach ist die 
Königliche Bank „eine unmittelbar unter dem bayrischen Staatsministerium der Finanzen stehende 
Staatsanstalt mit kaufmännischer Geschäftsführung, welche vorzugsweise den Zweck hat, als 
1 Limburg, Die Königliche Bank zu Nürnberg in ihrer Entwicklung 1780—1900 (Wirt- 
schafts= und Verwaltungsstudien, hrsg. von Schanz 1903). 
„: Limburg, Se. 146 ff. 
* Limburg, S. 133 ff. 
Encytlopädle der Rechtswissenschaft. 7. der Neubearb. 2. Aufl. Band III. 16
	        
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