Literatur.
Die Anfänge der Behandlung des Prozesses reichen in die Glossatorenzeit zurück; in ihren
Distinktionen und Summen finden sich schätzenswerte Ausführungen, sowie im
Brachylogus (Buch 1IV); wichtig ist ferner die kanonistische Behandlung im 12. und 13. Jahr-
hundert. Eine gewaltige, aber völlig unverdaute Sammlung des wissenschaftlichen Prozeß-
materials seiner Zeit bietet Durantis (1 1296) speculum juris, das auf die Entwicklung einen
ungeheuren Einfluß ausgeübt und (mit den Auditiones des Johannes Andreae) unmittelbar wie
mittelbar den romanisch-kanonischen Prozeß beherrscht hat. Daran schließen sich die Schriften
der Postglossatoren, unter denen Bartolus und Baldus weit hervorragen; auch der
spanische Bartolus: Covvaruvias,, ist bedeutsam. Eine Reihe deutscher Prozeßwerke sind
für die Rezeptionsgeschichte wichtig, bieten aber keinen Fortschritt in der Behandlung des Rechts.
Eine neue Bahn betraten die Sachsen: König (bractica und Prozeß der Gerichtsleuffte 1550),
Carpzov (Processus juris in foro Saxonico und Jurisprudentia forensis Romand--Sagonica),
sowie die Kameralschriftsteller, namentlich Mynsinger und Gaill. Ein weiterer Antrieb
kam in die Entwicklung durch das Naturrecht im Anfang des 19. Jahrhunderts, namentlich durch
Gönner und Grolman. Dagegen war, was sonst die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts
brachte, insbesondere der Zivilprozeß von Hieron ymus Bayer, von bedauellicher Mittel-
mäßigkeit. Eine neue Behandlung begann mit Wezell, der zuerst das eingehende historische
Studium des italienischen und sächsischen Prozesses anregte und wenigstens den Versuch einer
tieferen Systematik machte, aber für den modernen Prozeß und seine Bedürfnisse nicht das mindeste
Verständnis hatte. Sein „System des ordentlichen Zivilprozesses“ erschien in 3 Auflagen (1854,
1864, 1878). Im Vergleich hierzu ist Renand (1867, 2. Aufl. 1873) sehr minderwertig und
Endemann, Das deutsche Zivilprozeßrecht (1868), geradezu schlecht. Von Einzelarbeiten
ragen Briegleb, Geschichte des Exekutivprozesses (2. Aufl. 1845), Einleitung in die Theorie
der summarischen Prozesse (1859), Planck, Mehrheit von Rechtstreitigkeiten (1844), Lehre vom
Beweisurteil (1848), Zummermann, Glaubenseid (1863), und Bülow, Lehre von den
Prozeßeinreden (1868) weitaus hervor. Bahnbrechend aber war das nicht genug zu rühmende Werk
von Zink, Ermittelung des Sachverhaltes im französischen Zivilprozeß (1860), 2 Bände (1. Band
die Abhandlung, 2. Band die Belege enthaltend), welches die ganze Verknöcherung und ungelenke
Steifheit, die Unkultur und Kulturunfähigkeit des gemeinen Prozesses darlegte.
Mit der deutschen Zivilprozeßordnung erfolgte im großen Ganzen die Niederwerfung des
sächsischen Verfahrens und des jüngsten Reichsabschiedes und die Rückkehr zum romanisch-germanisch-
kanonischen Prozeß, während auf einigen Gebieten der germanische Prozeß eine neue Entwicklung
nahm. Die Literatur war zunächst vorwiegend Kommentarliteratur, die notwendig ist, aber eine
niedrigere Stufe in der wissenschaftlichen Behandlung kennzeichnet. Doch nahm jetzt unter Erfassung
der rechtsgeschäftlichen Natur des Prozesses und unter scharfer Analyse seiner Bestandteile die Doktrin
selbst einen neuen Ausschwungj jetzt erst entstand eine wahre Prozeßwissenschaft. Wach, Hand-
buch des deutschen Zivilprozeßrechts (1885), welches, wenn auch ohne Rechtsvergleichung verfaßt
und in vielem abirrend und auf unrichtige Bahnen führend, doch eine bedeutsame wissenschaftliche
Leistung war, ist nicht über den ersten Band gediehen, und auch dieser ist nicht nach der neuen
Zivilprozebordnung umgearbeitet. Im Gegensatz dazu ist Planck, Lehrbuch des deutschen
Zivilprozeßrechts 1 (1887), II (1896), zwar vollendet, aber völlig rückständig; es steht weder dog-
matisch noch historisch auf der Höhe und kann mit den früheren prozessualischen Arbeiten des Ver-
fassers nichr verglichen werden. Später erschienen lehrbuchartige Darstellungen des Zivilprozesses
von Richard Schmidt, Hellwig, Kleinfeller, Kisch, Weismann. Unter
ihnen ist Weismanns Darstellung als die ausgereifteste Leistung hervorzuheben.
Den Prozeß als Rechtsverhältnis arbeitete ich heraus in meiner Schrift „Prozeß als Rechts-
verhältniß“ (1888), welche Schrift zugleich gegen die Irrtümer Wachs und seiner Nachfolger Front
machte. Weitere, namentlich rechtsvergleichende Studien von mir erschienen als „Prozeßrecht-
liche Forschungen“ (1888), sodann „Ungehorsam und Vollstreckung im Zivilprozeß“ (1893); eine
Sammlung verschiedener prozessualischer Abhandlungen enthalten die „Gesammelte Beiträge zum
Zivilprozeß“ (1894); eine Zusammenfassung bietet „Grundriß des Zivilprozesses“ (1907) und eine
Erörterung verschiedener Grundfragen: Dernburg-Kohler, Bürgerl. Recht VI S. 548—596. Ein
Lehrbuch des Zivilprozesses soll in Bälde erscheinen.
Von der Literatur über Konkursrecht ist aus früherer Zeit zu nennen Salgado de
Samoza (/ 1664), Labyrinthus creditorum, der einen mächtigen, aber nicht eben günstigen
Einfluß auf die Entwicklung übte. Viel fruchtbarer sind die Schriftsteller zur Ordonnance du