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Erben das Geschäft fortführen, dieselben handelsrechtlichen Grundsätze wie bei der Veräußerung
des Geschäfts unter Lebenden. Insoweit die Erben hiernach für Geschäftsschulden haften,
können sie sich auf die beschränkte Erbenhaftung nicht berufen. Doch können sie die unbe-
schränkte Haftung aus Fortführung der Firma binnen drei Monaten nach Erlangung der Kenntnis
vom Erbschaftsanfalle durch Einstellung des Geschäftsbetriebes wieder abstreifen (§ 27).
Literatur: Behrend, Zeitschr. f. Gesetzg. u. Rechtspflege IV 429 ff. Regels-
berger, 3Z. f. HR. XIV 1 ff. Simon, ebenda XXIV 91 ff. Mommsen, Busch' Arch.
XXXII 201 ff. Ladenburg, Busch' Arch. XXXIV 25 ff., XL 49 ff., Z. f. HR. XXX 90 ff.
Adler, Arch. f. bürg. R. III 1 ff. Bolte, Der Paragraph 27 des neuen HGB., Z. f. HR.
LI 413 ff. M. Jacusiel, Nutzungsrechte am Handelsgeschäft, 1906. K. Lehmann 325.
Gierke, Schuldnachfolge u. Haftung (in Festschr. f. v. Martitz), 1911, S. 72 ff.
#§ 22. Handelsregister. Der Handel strebt, soweit er nicht für die „Interna“ Geheim-
haltung vorzieht, nach möglichster Publizität. Anschläge am Geschäftslokal oder an öffent-
lichen Stellen, Anzeigen in öffentlichen Blättern, Zirkulare, Schaustellungen, Ausrufungen
usw. dienen als Mittel der Kundmachung. Zum regelmäßigen und rechtlich entscheidenden
Mittel aber, um handelsrechtliche Tatbestände offenkundig zu machen, ist durch die neuere Gesetz-
gebung das aus den alten Gilderollen heworgegangene und allmählich verstaatlichte Handels-
register erhoben. Doch ist es nur für Vollkaufleute bestimmt.
Die Führung des Handelsregisters liegt den Gerichten ob (§ 8) und bildet eine
Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Freiw. GG. §§ 125—144). Das Handels-
register ist unbeschränkt öffentlich (S 9). Die Eintragungen werden vollständig oder auszugs-
weise im deutschen Reichsanzeiger und mindestens einem anderen öffentlichen Blatte bekannt-
gemacht (S§s 10—11). Registergerichte sind die Amtsgerichte (im Auslande die Konsuln); die
Organe des Handelsstandes sind zu ihrer Unterstützung verpflichtet (Freiw. GG. Is 125—120).
Zuständig ist das Gericht der Handelsniederlassung, in Ansehung jeder Zweigniederlassung das
Gericht der Zweigniederlassung, das aber die Eintragung nicht vornehmen darf, bevor nach-
gewiesen ist, daß die Eintragung beim Gericht der Hauptniederlassung geschehen ist (58 13).
Die Gegenstände der Eintragung sind gesetzlich bestimmt. Es sind die Firmen der
Einzelkaufleute und gewisse auf ihre Rechtsverhältnisse bezügliche Tatsachen; die Handels-
gesellschaften und alle für sie wesentlichen Tatbestände; die Prokuren; die Eröffnung und Be-
endigung des Konkurses (5 32). Andere Tatsachen, die früher nach Landesrecht eingetragen
wurden, sind nicht mehr eintragungsfähig. So Verhältnisse des ehelichen Güterrechts, über
die jetzt nur noch das Güterrechtsregister Auskunft gibt.
Die Eintragung erfolgt nur ausnahmsweise von Amts wegen. So bei der Löschung
einer Firma, wenn eine Anmeldung nicht zu erwirken ist (seit dem RG. v. 30. März 1888,
jetzt nach HG. § 31 Abs. 2 u. Freiw. GG. § 141), beim Konkurse (§ 32) und bei der Löschung
einer unzulässigen oder nichtigen Eintragung (Freiw. GG. §§ 142—143). Der Regel nach
bedarf es einer Anmeldung seitens der Beteiligten. Die Anmeldung ist persönlich vor Gericht
zu bewirken oder in öffentlich beglaubigter Form einzureichen; dieselbe Formvorschrift gilt für
die zur Aufbewahrung bei Gericht bestimmten Zeichnungen und Unterschriften und für eine
Vollmacht zur Anmeldung (5 12, dazu Freiw. G.G. ö§ 128—129). Sind mehrere Beteiligte
vorhanden, so ist die Anmeldung aller erforderlich; es kann aber, wenn einer angemeldet
hat, die Anmeldung der übrigen durch ein Urteil des Prozeßgerichts ersetzt werden (§ 16).
Regelmäßig besteht eine Anmeldungspflicht, deren Erfüllung verwaltungs-
rechtlich erzwingbar ist. Das Gericht hat von Amts wegen darüber zu wachen, daß die vor-
geschriebenen Anmeldungen gehörig erfolgen, und erforderlichenfalls durch Androhung und
Vollstreckung von Ordnungsstrafen (die einzelne nicht über 300 Mark) die Anmeldung herbei-
zuführen (§ 14). Das Verfahren richtet sich nach Freiw. GG. Ss 132—139.
Die rechtliche Wirkung, die sich an die Unterlassung oder Bewirkung der Ein-
tragung knüpft, besteht regelmäßig in einer gesetzlichen V#errmutung wider oder für
die Offenkundigkeit. Diese Vermutung, die das alte H#GB. nur für die wichtigsten
Einzelfälle aufstellte, gilt jetzt allgemein, soweit nichts anderes bestimmt ist. Danach kann
eine einzutragende Tatsache, solange sie nicht eingetragen und bekanntgemacht ist, einem
Dritten nur entgegengesetzt werden, wenn ihm nachgewiesen wird, daß er sie kannte. Ist da-