Grundzüge des Handelsrechts. 25
gegen die Tatsache eingetragen und bekannt gemacht, so muß jeder Dritte sie gegen sich gelten
lassen, wenn er nicht nachweist, daß er sie weder kannte noch kennen mußte. Man setze z. B.
den Fall, daß ein wegen Untreue entlassener Prokurist noch ein Darlehn für den Kaufmann
aufnimmt und mit dem Gelde verschwindet. War zur Zeit der Darlehnsaufnahme die Ent-
ziehung der Prokura noch nicht publiziert, so muß der Kaufmann das Darlehn zurückzahlen,
wenn er nicht dem Darlehnsgeber nachweisen kann, daß dieser bereits um die Entlassung wußte.
Grob verschuldete Unkenntnis steht hier der Kenntnis keineswegs gleich. War dagegen die
Publikation bereits ordnungsmäßig vollzogen, so kann der Darlehnsgeber das Geld vom Kauf-
mann nur fordern, wenn er nachweist, daß er trotzdem noch nichts von der Entlassung wußte
und daß seine Unkenntnis vollkommen unverschuldet war. Es genügt also nicht, daß er die
Zeitung noch nicht gelesen hatte, sondern nur etwa, daß er sie noch nicht gelesen haben konnte,
weil sie an seinem Wohnort noch nicht angekommen war. Im Verkehr mit einer Zweig-
niederlassung entscheidet die Kundmachung durch das Registergericht der Zweigniederlassung. —
Die Wirkung des Publizitätsmangels zugunsten Dritter beruht auf dem Vertrauensprinzip.
Sie kommt daher nach richtiger Auffassung dem Dritten nur im rechtsgeschäftlichen und pro-
zessualen Verkehr, keineswegs schlechthin (z. B. nicht bei Ansprüchen aus unerlaubten Hand-
lungen) zugute.
Eine schwächere Wirkung kommt einzelnen Eintragungen, wie z. B. denen, die sich
auf den Konkurs beziehen, zu. Sie wirken lediglich informatorisch.
Eine stärkere Wirkung begegnet bei vielen Rechtsverhältnissen. Oft hängt der Be-
stand eines Rechtsverhältnisses von der Eintragung ab. So in den schon besprochenen Fällen,
in denen die Eintragung Kaufmannseigenschaft begründet, und vielfach im Handelsgesellschafts-
recht. Nicht selten ferner bestimmt die Eintragung den Beginn einer Verjährung. Dazu
tritt die schon erwähnte formale Rechtskraft, vermöge deren der eingetragene Nichtkaufmann im
Verkehr als Kaufmann und der eingetragene Minderkaufmann als Vollkaufmann gilt.
Literatur: Lastig, Florentiner Handelsregister des Mittelalters, 1883. Keyßner,
B. f. HRK. XXV 449 ff. O. uͤ dorff, Die Vorschriften über die Führung des Handelsregisters,
1882. Späing, Handelsregister und Firmenrecht, 1882. Th. Cohn, Handels= und Ge-
ssenschesteregiter, 1892; 3. Aufl. 1901. Schultze-Görlitz, Führung des Handels= und
Musterregisters, 1893. H. Lührs, Die Folgen der falschen Eintragungen in das Handels
register. 1898. Ehrenberg, Jahrb. f. D. XIVII 273 ff. K. Lehmann § 30. Cosack
§9. Rauch, Grenzen der negativen Publizität des Handelsregisters (in Festg. f. Güterbockj),
1910. W olff. Über einige Grundbegriffe loben zu Anm. 18) S. 138 ff. F. Alten burg,
Das Publizitätsprinzip des Handelsregisters, 1911. F. Fester, Die Bedeutung des Eintrags
ins Handelsregister, 1911.
§ 23. Firma. Der Vollkaufmann ist berechtigt und verpflichtet, eine Firma anzunehmen
und zu führen.
1. Begriff und Geschichte. Die Firma ist der Name, unter dem ein Kauf-
mann im Handel seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgibt (§+ 17 Abs. 1). Das Wort
„Firma“ kommt von „kirmare“, das Bekräftigen einer Urkunde durch die Hand („Handfeste")
und dann durch Unterschrift bedeutet. Der Gebrauch eines besonderen kaufmännischen Namens
kam im Mittelalter bei den Handelsgesellschaften auf. Noch im Preuß. LR. und im Code de
comm. ist nur die Gesellschaftsfirma berücksichtigt. Mehr und mehr wurde auch ein besonderer
Handelsname des Einzelkaufmanns üblich und errang gleichen Wert und Schutz. Die Firma
ist Name des Kaufmanns (Personenname), nicht des Geschäfts. Geschäftsnamen (wie Gasthof
zum goldnen Kreuz, Adlerapotheke, Goldene Hundertundzehn) sind keine Firmen. Die Firma
ist aber ein vom bürgerlichen Namen verschiedener Name des Kaufmanns als Geschäftsinhaber.
Darum kann ein Kaufmann für mehrere Geschäfte oder für Haupt= und Zweigniederlassung
auch verschiedene Firmen führen.
2. Beschaffenheit. Die Firma muß ein Name für eine Person sein, kann aber
als Einzelfirma auf eine Einzelperson, als Kollektivfirma auf eine Personeneinheit oder als
Vereins= oder Anstaltsfirma auf eine juristische Person hinweisen. Wesentlich ist jeder Firma
eine feste, schablonenhafte Form.