Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

Zivilprozeß- und Konkursrecht. 293 
system für das eingebrachte Gut der Frau (5 1380 BGB.), eine solche hat der Gläubiger, der 
während des Prozesses die Forderung abgetreten hat und den Prozeß weiterführt; eine solche 
hat der Kapitän, wenn nach s 696, 761 HGB. gegen ihn (statt gegen den Reeder) Klage 
erhoben wird 1. Ein besonders wichtiger Fall liegt dann vor, wenn ein nicht rechtsfähiger 
Verein verklagt wird: er ist eine juristische Person mit bloß prozessualer Rechtsfähigkeit; er 
handelt prozessualisch im eigenen Namen; die zivilistischen Rechtsfolgen des Prozesses aber 
treten in dem Vermögen der einzelnen Vereinsmitglieder ein: denn die juristische Person (als 
bloß prozessuale Person) selbst hat kein Vermögen; das Vermögen gehört den Vereinsgenossen, 
und diese werden von der Entscheidung betroffen. Vgl. oben S. 267. 
Ein besonderer Fall der Prozeßstandschaft ist gegeben bei dem Prozeß gegen eine un- 
bestimmte Person, welchen man im englischen Rechte Prozeß in rem nennt. Ein solcher 
Prozeß ist häufig eine Notwendigkeit, wenn der Beginn des Streites drängt und der Beklagte 
noch nicht bekannt ist. In England gilt dies insbesondere dann, wenn man gegen einen Schiffs- 
reeder prozessualische Schritte unternehmen will und den Reeder nicht kennt: man pflegt in einem 
solchen Fall die Klage an den Mast des Schiffes zu befestigen 2. Bei uns wird in solchem Falle 
gegen den Kapitän geklagt, welcher für den dem Kläger unbekannten Beklagten Prozeß- 
standschafter ist. Ahnliches gilt ferner beim Verfahren zur Sicherung des Beweises, falls 
außerhalb des Prozesses Beweise für einen Schaden ergoben werden sollen, der etwaige 
Entschädigungspflichtige aber noch nicht bekannt ist, 3 494 8PO.; sodann bei einem Prozeß= oder 
Vollstreckungsverfahren gegen ein Grundstück, das nach § 928 BE#. herrenlos geworden ist, 
§§ 58, 787 Z PO., eine Bestimmung, die schließlich auch auf Schiffe erstreckt werden mag 2. 
In allen diesen Fällen findet ein Prozeß gegen einen gerichtlich aufgestellten Prozeßstandschafter 
statt, mit der Wirkung, daß die Personen, um die es sich handelt, und die einstweilen noch gar 
nicht bekannt sind, hierdurch gebunden werden "; endlich bei der Nacherbschaft, wenn zur Zeit 
des Vorerben Prozesse geführt werden sollen, welche die Verhältnisse der noch ungewissen 
Nacherben betreffen. 
§& 33. Von der Prozeßstandschaft muß man ausgehen, um die Intervention zu verstehen: 
Intewenient ist, wer einer Partei in seinem Interesse zu Hilfe kommt. Hilft er etwa nur durch 
Rat, Warnung usw., so tritt er zivilprozessualisch nicht hervor. Wirkt er aber im Prozesse durch 
Bechtshandlungen mit, so wirkt er in bezug auf einen fremden Anspruch; doch unterscheidet 
er sich vom Prozeßstandschafter dadurch, daß er nicht den Prozeß übernimmt, sondern in einem 
Prozeß, der für einen Dritten geführt wird, Prozeßhandlungen vornimmt. 
Die Interwention ist eine Befugnis der Intervenienten; sie bedarf, wenn die Voraus- 
setzungen gegeben sind, nicht der Zustimmung der Partei; ob sie gegeben sind und ob er 
intewenieren darf, wird nötigenfalls durch prozessualisches Zwischenurteil entschieden, gegen 
welcheg sofortige Beschwerde zulässig ist, 71 8PO. Solcher Intewentionen bietet unsere 
ZPO. zwei Arten, die einfache und die streitgenössische Intervention; ein Unterschied, den 
schon frühere Rechte erkannten, der aber erst in neuerer Zeit in voller Klarheit ausgeführt 
worden ist. 
Der streitgenössische Intervenient wird nicht Partei, aber er ist der Partei gegenüber 
selbständig, insofern er auch solche Rechtshandlungen vomehmen kann, die mit der Prozeß- 
tätigkeit der Partei im Widerspruch stehen. Allerdings kann er nur beihelfende Tätigkeiten voll- 
ziehen: er kann nicht etwa die Klage zurücknehmen oder eine Widerklage erheben s oder eine 
  
1 Gesammelte Beiträge S. 570. 
Darauf habe ich schon längst hingewiesen, Gesammelte Beiträge S. 569 (aus Gruchot XXXII). 
Vgl. jetzt auch Leonhard, Schiffe als Prozeßparteien S. 39. 
* So LG. Hamburg 14. Juli 1900, Zeitschr. f. Zivilprozeß XXIX S. 242. 
Schon in der vorigen Auflage habe ich ausdrücklich erklärt, daß es sich um einen Prozeß 
gegen unbestimmte Personen handelt und habe den Ausdruck Prozeß in rem deutlich als eine 
Sprechweise des englischen Rechts gekennzeichnet. Wenn man trotzdem behauptet hat, ich betrachte 
wier aache als Prozeßpartei, so muß ich mich gegen derartige Mißverständnisse ernstlich ver- 
wahren. 
Eine zivilistische Tätigkeit, wie Anfechtung, Aufrechnung, kann er nur vornehmen, wenn er 
zu dieser Tätigkeit als zivilistischer Tätigkeit befugt ist.
	        
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