304 J. Kohler.
wird; wesentlich ist nur, daß die Termine verkündet werden; es genügt aber Verkündung im
Termin: in jedem Termin kann der folgende Termin angesetzt und den (anwesenden oder nicht
anwesenden) Parteien angezeigt werden (88 218, 361, 366, 368, 370, 497 3PO.); und be-
züglich der Rechtsmittel vgl. 8 34a, 520, 555.
Eines neuen Parteianstoßes bedarf es nur, wenn entweder das Verfahren unterbrochen
wird, oder wenn es ruht, oder wenn der Prozeß vom einem Verfahren in das folgende
(z. B. in eine höhere Instanz) hineingetrieben werden soll.
Von dem angeführten Grundsatz hat die ZPO. eine systemwidrige und auch praktisch
sehr bedenkliche Ausnahme, nämlich durch die Bestimmung, daß die Zustellung der Urteile durch
die Parteien geschehen soll, mit Ausnahme gewisser Fälle bei der Ehe= und Familienklage
und der Entscheidungen der Gewerbe- und Kaufmannzsgerichte ?2. Eine solche Behandlung
wäre erträglich, wenn die Zustellung nur die Voraussetzung der Vollstreckung wäre; denn ob
die Partei vollstrecken will, ist ihr selbstverständlich anheimgegeben. Aber die Zustellung soll
auch Bedingung sein für den Beginn der Rechtsmittelfrist und damit für die Rechtskraft: dies
kann dahin führen, daß, wenn die Zustellung vergessen wird, die Sache jahrelang nicht zur
Rechtskraft und damit nicht zur Ruhe gelangt; und wenn die Parteien absichtlich die Zustellung
unterlassen, dann bleibt die Sache unbestimmte Zeit in Schwebe. Das ist völlig gegen die
Stellung des Richteramtes und gegen den Charakter des richterlichen Urteils: ein solches soll
nicht zum Spielball in den Händen der Parteien werden. Leider hat man dieses in der neuen
ZPO. nicht geändert. Selbst bei den Amtsgerichten hat man nur bei Versäumungsurteilen
eine Ausnahme gemacht, §## 496, 508.
II. Untersuchungsverfahren.
§s 44. Das Parteiverfahren ist nur dann passend, wenn zwei Personen mit entgegen-
gesetzten Interessen vorhanden sind, zwischen denen eine Prozeßfeststellung stattfinden soll.
Nicht immer ist dies der Fall:
1. nicht bei Feststellungen des Persönlichkeitsrechts: ob eine Person geschäftsfähig, nicht-
geschäftsfähig ist;
2. nicht im Aufgebotsverfahren, wo ein Stand des Rechts absolut gegen jedermann fest-
gesetzt werden soll;
3. nicht im Vollstreckungsverfahren, wo ein absoluter Stand der Sache herbeigeführt
werden soll.
In diesen Fällen bleiben zwei Möglichkeiten übrig, entweder eine künstliche Partei-
bildung oder eine Behandlung der Sache ohne Parteien; das letztere ist das Untersuchungs-
verfahren.
§s45. Im Untersuchungsverfahren hat der Richter das einmal eröffnete Verfahren in
freier Tätigkeit, unbehindert um die beteiligten Personen, zu Ende zu führen, so daß die be-
teiligten Personen zwar unterstützend in den Prozeß eintreten dürfen, ohne aber maßgebende
Parteistellung zu haben. Die Fälle ergeben sich aus dem Obigen:
1. Das Entmündigungsverfahren, d. h. das amtsgerichtliche Verfahren, das zur Ent-
mündigung oder zur Aufhebung der Entmündigung führt (§§ 646 f., 675 f.). In dieser Be-
ziehung ist zu bemerken:
Das Entmündigungsverfahren besteht aus zwei Teilen: zunächst einem Verfahren, wo-
durch jemandem durch Entmündigung die Geschäftsfähigkeit ganz oder teilweise abgesprochen
wird. Dies ist kein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, sondern ein Prozeßverfahren,
denn es handelt sich um Feststellung einer für das Persönlichkeitsrecht im höchsten Grade be-
1 Wenn auf Nichtigkeit, Trennung der Ehe, Nichtehelichkeit erkannt wird (Ss 625, 640, 641
3PO.). Wie ist es hier bei bedingtem (Eides) Urteil? Uber diese formalilstische Kleinigkeit mußte
eine Entscheidung der Vereinigten Zivilsenate des R.s ergehen (Entsch. 48 S. 423)! So weit
stecken wir im Formalismus.
* Hier geschehen die Zustellungen auf Betreiben des Richters (6 32 GG. und # 16 KG.),
ja es kann überhaupt von der Zustellung Abstand genommen werden.