Zivilprozeß- und Konkursrecht. 311
zu llagen hätte, und wenn etwa durch das Gericht höchstens das Renten- oder Alimentenverhältnis
festgesetzt, nicht aber für die künftigen Leistungen ein vollstreckbarer Titel gegeben werden könnte.
So die § 257 bis 259 Z PO., welche, wie schon ihre Stellung lehrt, nur Erweiterungen der Fest-
stellungsklage bedeuten 1, Erweiterungen, die nicht nötig gewesen wären, wenn man nicht immer
geglaubt hätte, mit einer Fülle von Kagfuistik der Denktätigkeit des Richters nachhelfen zu sollen.
Daß ein rechtliches Interesse gegeben sein muß, hat man als Klagvoraussetzung der Fest-
stellungsklage bezeichnet. Dies ist unrichtig. Die Klage ist auch ohne dieses Interesse vollgültig
erhoben, sie führt nur nicht zu einem günstigen Urteil; es ist ebenso, wie wenn eine Vindikations-
klage erhoben würde, ohne daß der Beklagte besitzt. Die Feststellungsbefugnis ist eine aus dem
Persönlichkeitsrecht hervorgehende materiellrechtliche Befugnis, und wenn ihre Voraussetzungen
nicht gegeben sind, so ist die Klage materiellrechtlich unbegründet.
3. Formen der Klage.
§ 50. Die äußere Form der Klage ist bereits oben (S. 289) dargestellt worden. Was aber die
innere Form betrifft, so sollte es sich von selbst verstehen, daß in der Anspruchsklage der Anspruch,
in der Feststellungsklage das Feststellungsbegehren bezeichnet werden muß, und ebenso ist das
Recht zu bezeichnen, aus dem der Anspruch hervorgeht, weil der Anspruch durch das Recht, dem
er dient, gekennzeichnet wird. Ein Weiteres in die Klage einzubegreifen, widerspricht völlig ihrer
Natur, widerspricht den Grundsätzen über Klagänderung, widerspricht dem § 253. 38PO. Gleich-
wohl hat eine verbreitete Meinung behauptet, die Klage müsse nicht nur das Recht kennzeichnen,
sondern es auch verumständlichen, namentlich das Tatsachenmaterial angeben, aus dem die Ent-
stehung des Rechts hervorgehe, z. B. nicht nur die Angabe des Eigentums, sondern auch den
Entstehungsgrund (Substanzierungs= im Gegensatz zum Individualisierungsgrundsatz). Dies ist
völlig unrichtig. Das Tatsachenmaterial ist mündlich zu bringen und höchstens schriftlich vor-
zubereiten: vorbereitender Schriftsatz; dieser kann allerdings mit der Klage äußerlich ver-
bunden werden. Die ganze gegenteilige Lehre beruht auf der Verschiebung des gemeinen Pro-
zesses, welche, was früher nur in der Verhandlung erfolgte, schon in die Klage hineintragen
wollte, wodurch unendliches Unheil entstanden ist. Daher ist, wenn die Eigentumsklage
erhoben ist, die ganze Eigentumsfrage in den Prozeß gerückt, ohne Rücksicht auf die Entstehung
des Eigentums; und ebenso bei der negativen Feststellungsklage die ganze Negative. Wenn
also zunächst behauptet wird, daß das Recht gar nicht entstanden ist, dann aber, daß es entstand,
aber unterging, so ist dies dieselbe Negativklage, denn beides geht dahinaus, daß das Recht
nicht besteht (R. 30. 10. 1909 Entsch. 72 S. 143).
III. Einheit des Prozeßverhältnisses.
1. Prozessuale Seite.
§ 51. Das Prozeßrechtsverhältnis ist als Rechtsverhältnis eine Einheit; als solche Einheit
wird es prozeßrechtlich anerkannt, als solche Einheit hat es einen gewissen Einfluß auf das Zivilrecht.
Die Einheit des Prozeßverhältnisses pflegt man mit dem Ausdruck Rechtshängigkeit zu
bezeichnen: eine Sache ist rechtshängig vom Beginn des Rechtsverhältnisses bis zu seiner Lösung.
Die prozessualen Folgen dieser Einheit sind:
1. die Folge, daß dieselbe Sache nicht nochmals in ein Prozeßverhältnis gebracht werden
soll (oben S. 300);
2. die Folge, daß die Klage nicht geändert werden darf; damit ist gesagt, daß das Prozeß-
verhältnis nicht auf eine andere Grundlage gestellt werden soll (S. 298);
3. der Satz, daß, wenn das Gericht im Augenblick der Rechtshängigkeit zuständig ist, es
zuständig bleibt, wenn auch die Zuständigkeitsbedingungen sich ändern (5§ 263 ZPO.). denn
die Zuständigkeit für das Rechtsverhältnis wird durch die Zuständigkeit für das Rechtsgeschäft
der Klage gegeben;
1 Richtig RG. 18. 6. 1906 Entsch. 63 S. 406.