Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

Zivilprozeß- und Konkursrecht. 317 
entfalten zu lassen. Einen besonderen Charakter aber nimmt diese Einredegeltendmachung durch 
Erfüllungsverweigerung im Prozeß an; denn im Prozeß führt sie zur Abweisung der Klage: 
wenn das Gericht annimmt, daß der Beklagte mit der erfolgten Zahlungsweigerung recht habe, 
so kann es ihn nicht, auch nicht bedingt, verurteilen; durch ein klageabweisendes Urteil wird daher 
der Anspruch erledigt und für immer. Hier im Prozeß hat also die Zahlungsweigerung eine 
Bedeutung, welche sie außerprozessualisch niemals hätte, und darum ist die prozessuale Erklärung 
etwas Eigentümliches, in keiner anderen Weise Ersetzbares 1.e 
Die Prozeßtätigkeit kann auch die Form abgeben, in welcher zwei andere zivilistische Tätig- 
keiten vollzogen werden können. So 2. die Anfechtung sie hat die Bedeutung, ein Recht, 
welches zwischen Sein und Nichtsein schwebt, im Nichtsein festzuhalten, so daß das Recht von 
Anfang an nichtig gewesen ist: die Alternative entscheidet sich dann nach dieser Seite. Hat 
die Anfechtung vor dem Prozeß stattgefunden, so ist etwas Rechtsnichtiges vorhanden, und 
dieser Umstand muß selbstverständlich vom Richter ebenso berücksichtigt werden wie irgendeine 
andere für den Bestand erhebliche Tatsache: dann ist eine Anfechtung nicht mehr erforderlich, 
ja, nicht mehr möglich. Erfolgt sie aber durch Klage, so ist dies eine besondere Rechtshandlung, 
die den Regeln einer sonstigen Klage entspricht, in deren Form sie gekleidet ist; sie kann daher 
wie eine jede Klage zurückgenommen werden (vogl. §§ 1341, 1596, 2312 BGB.). Eine An- 
fechtung durch Einrede ist allerdings nicht statthaft (die Anfechtungslage kann aber das Material 
für eine Einrede bilden) 2. So 3. die Aufrechnung; die Aufrechnung kann außerhalb 
des Prozesses erfolgen und zerstört dann das Schuldverhältnis in der Art, daß der Richter, 
wenn nachträglich der Anspruch geltend gemacht wird, das Aufhören des Schuldverhältnisses 
ebenso berücksichtigen muß wie etwa eine Zerstörung durch Zahlung oder durch eine andere 
anspruchbeendende Tätigkeit. Es ist aber auch möglich, daß die Aufrechnung im Prozeß erfolgt; 
dann tritt die Aufrechnungswirkung erst im Prozeß ein; vorher besteht nur die Aufrechnungs- 
möglichkeit: solche hat weder der Richter zu berücksichtigen, noch braucht der Gegner sich an sie 
zu kehren; hier bewirkt also die prozessuale Aufrechnungserklärung der Partei eine neue wirk- 
same Wandlung in der Rechtslage — sie ist eine Rechtshandlung 3. Sie folgt, in die Form der 
Klage oder Einrede gebracht, den Regeln derselben und kann, wie diese, zurückgenommen und 
wirkungslos gemacht werden. 
d) Prozeßeinwendungen und Prozeßeinreden. 
§* 58. Das Prozeßeinwendungsvorbringen ist cin Vorbringen von Prozeßmängeln oder 
von sonstigen Umständen, welche die Prozeßfortführung als unzulässig erscheinen lassen. Die 
Prozeßeinwendungen beziehen sich auf Umstände, dic das Gericht auch ohnedies berücksichtigen 
muß: Prozeßeinreden dagegen betreffen solche Umstände, welche den Prozeß nicht un- 
statthaft machen, welche nur dem Beklagten das Recht geben, den Prozeß abzulehnen; dieses 
Vorbringen hat völlig den Charakter einer Rechtshandlung: der Beklagte erklärt nicht nur, 
daß solche Umstände vorliegen, sondern erklärt auch, auf Grund ihrer den Prozeß ablehnen 
zu wollen. ' 
Bei gewissen Arten der Prozeßeinwendungen und Prozeßeinreden gilt aber noch etwas 
Besonderes: der Beklagte hat nämlich die Befugnis, den Prozeß zu hemmen, nicht etwa bloß, 
wenn die Umstände gegeben sind, sondern er hat das Recht, schon durch das Vorbringen dieser 
Umstände den Prozeß so lange zurückzuschieben, bis Einwendung oder Einrede urteilsmäßig 
zurückgewiesen ist. Man spricht hier von prozeßhindernden Einreden. Es 
gehören hierher zwei Fälle der eigentlichen Prozeßeinreden und fünf Fälle der Prozeß- 
einwendungen; es sind die Fälle der ZPO. § 274 Z. 5 und 6, und die Fälle der ZPO. 3 271 
Z. 1—4 und 7. 
Wird diese Hemmerklärung nicht gegeben, so kann das Gericht zwar auch den Prozeß 
hemmen, aber es hat die freic Wahl (§ 275 ZP0.). 
Die weitere Ausführung über den Einredebegrifs s. im Lehrb. des bürgerl. Rechts 1 S. 189 f. 
* Agl. Z. f. 3P. XIX S. 29 f., 32 f. 
* Lehrbuch des bürgerl. Rechts II S. 215 f.
	        
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