Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

362 J. Kohler. 
selben Gerichte verlangt. So der Widerspruch im Verteilungsverfahren (5 876 3PO.), der 
Widerspruch im Mahnverfahren (§ 694 ZPO.), der Widerspruch gegen den Arrestbefehl (8 924 
3POD.). 
In manchen Fällen kann durch eine besondere Klage geltend gemacht werden, daß 
eine Entscheidung abzuändern ist. Dies ist insbesondere der Fall im Untersuchungsverfahren, 
wo durch eine solche Klage die Sache in ein Parteiverfahren, oft mit künstlicher Partei- 
bildung, übergeführt werden kann; so im Entmündigungsprozeß (§§s 664, 679, 684, 686 
8ZPO.), so im Aufgebotverfahren (I§ 947, 973 ZPO.), so im Fall des Widerspruchs im Ver- 
teilungsverfahren (§ 879 ZPO.), im Fall des Widerspruchs im Konkursverfahren (58 144, 146 
KO.). In allen diesen Fällen handelt es sich um einen neuen Prozaeß, der allerdings die 
Funktion hat, Irrungen des alten Prozesses zu beseitigen; man spricht hier vom Anschluß- 
prozeß: ein neuer Prozeß, der sich an den alten anschließt, als wärc er ein Stück von ihm. 
Fünftes Buch. 
Mehrheit von Prozessen. 
1. Verbindung von Prozessen. 
a) Klagenhäufung. 
8 87. Von dem Fall eines Prozesses mit einer Mehrheit des Verfahrens ist wohl zu 
unterscheiden der Fall einer Mehrheit von Prozessen, welche nur in der äußerlichen Er- 
scheinung miteinander verbunden sind, also in den gleichen Schriftsätzen und den gleichen 
Terminen zur Verhandlung kommen. Hier sind mehrere voneinander selbständige Prozesse 
gegeben, von denen jeder sein eigenes Schicksal verfolgt 1. 
Da die Verbindung nur eine äußerliche ist, so gilt der Satz: 
Das Gericht kann, sofem es findet, daß die Verbindung unzweckmäßig ist, trennen; es 
kann, wenn eine Verbindung zweckmäßig ist, mehrere getrennte Prozesse miteinander ver- 
binden; es kann diese Trennung oder Verbindung wieder aufheben (Is 145, 147, 150 ZPO.). 
Der erste Fall der Verbindung mehrerer Prozesse ist die Verbindung mit Gleichheit der 
Parteien, die Klagenhäufung. 
Der Kläger kann in derselben prozessualen Form mehrere Klagen gegen den nämlichen 
Beklagten zusammenfassen, und dies kann zur Folge haben, daß auch die künftigen prozessualen 
Tätigkeiten vereinigt, daß insbesondere die mündlichen Erklärungen in den verschiedenen durch 
die Klage angerührten Prozessen verbunden werden. Innerlich bleiben die Prozesse getrennt, 
und die Verbindung der Klagen hat nur die Bedeutung, daß für die sachliche Zuständigkeit und 
die Revivisionsmöglichkeit die Summen vereinigt werden (ss 5, 546 ZPO.). 
b) Streitgenossenschaft. · 
8 88. Schwieriger ist der Fall, wenn mehrere Kläger ihre Klagen vereinigen, oder 
wenn jemand gegen mehrere Beklagte auftritt. In diesem Falle liegen so viele Prozesse vor, 
als es Kläger und Beklagte sind, welche Prozesse zu einer Prozeßform vereinigt sind. Solche 
vereinigte Personen der Kläger- und der Beklagtenrolle nennt man Streitgenossen. 
Die Streitgenossenschaft ist aber nicht überall statthaft; sie verlangt vielmehr entweder eine 
materiellrechtliche Beziehung der behaupteten Ansprüche, oder sie verlangt, daß die An- 
sprüche nach Grund und Inhalt gleichartig sind (ös 59, 60 ZPO.). Im ersten Fall ist die 
Streitgenossenschaft besonders empfehlenswert und darum besonders begünstigt, begünstigt 
dadurch, daß für die mehreren Streitgenossen durch Beschluß des übergeordneten Gerichts ein 
  
Vgl. darüber meine Abhandlung über die Philosophie des Prozesses im Arch. f. Rechts- 
philosophie VI S. 589 f.
	        
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