Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

Grundzüge des Handelsrechts. 33 
VIII) als besondere Berufsstände innerhalb des Handelsstandes. Von anderen derartigen 
Hilfspersonen (Kommissionären, Spediteuren, Frachtführern) ist nur bei der Normierung ihrer 
Grundgeschäfte die Rede. 
§ 28. Handelsrechtliche Stellvertretung. Das Handelsrecht ließ frühzeitig im rechts- 
geschäftlichen Verkehr die Stellvertretung kraft Vollmacht grundsätzlich zu. Gleichzeitig ent- 
wickelte es im Sinne des germanischen Rechts gegenüber dem römischen Recht das Prinzip der 
unmittelbaren Stellvertretung, demzufolge der Bevollmächtigte durch einc innerhalb seiner 
Vertretungsmacht ausdrücklich oder ersichtlich im Namen des Vertreters vorgenommene Rechts- 
handlung sich selbst überhaupt nicht, den Vertretenen dagegen unmittelbar berechtigt und ver- 
pflichtet. Das alte HGB. sprach dieses Prinzip als Satz des Handelsrechts aus (Art. 52 u. 298 
Abs. 1). Seitdem es vom BGB. aufgenommen ist, entscheiden lediglich dessen Vorschriften 
(BGB. §s 164—166). Ebenso sind die sonderrechtlichen Vorschriften des alten HGB. über 
die Haftung des falschen Vertreters (Art. 55 u. 298 Abs. 2) durch die ähnlichen Vorschriften des 
BG. F 179 ersetzt. Auch hinsichtlich der Zulässigkeit eines Geschäftsabschlusses des Vertreters 
mit oder in sich selbst gilt das bürgerliche Recht (B#B. §5 181). Ebenso hinsichtlich der Haftung 
des Prinzipals für Verschulden der Vertreter oder Gehilfen (BGB. §§8 278 u. 831). 
Handelsrechtliche Besonderheiten, denen gegenüber die sonstigen Be- 
stimmungen des BGB. (bes. s§§ 167—176) nur subsidiär zur Anwendung kommen, werden 
durch die Verknüpfung der Vollmacht mit dem Geschäft, die Verwertung der Firma zur Kenntlich- 
machung der Vertretung und die rechtliche Fixierung des Umfanges der Vertretungsmacht 
herbeigeführt. Hiernach sind verschiedene Arten der handelsrechtlichen Stellvertretung zu 
unterscheiden. 
1. Prokura. Der Vollkaufmann kann durch Erteilung von Prokura eine unbeschränkte 
und unbeschränkbare Vollmacht zum Handelsbetriebe begründen. Die Erteilung muß aus- 
drücklich unter Gebrauch des entscheidenden Wortes („Protura“ oder „Prokurist“) durch den 
Kaufmann in Person oder seinen gesetzlichen Vertreter (nach BGB. §§ 1643 u. 1822 Z. 11 mit 
Genehmigung des Vormundschaftsgerichts) erfolgen (§ 48 Abs. 1). Die Prokura ist (abweichend 
von BGB. F 168) jederzeit widerruflich; sie ist unübertragbar; sie erlischt nicht durch den Tod 
des Geschäftsinhabers (5 52). Erteilung und Erlöschen sind zur Eintragung in das Handels- 
register anzumelden (§ 53). Von der Eintragung hängt die Offenkundigkeit im Sinne des & 15, 
nicht aber Bestand oder Nichtbestand der Prokura ab. 
Die Prokura gewährt eine unbeschränkte Vertretungsmacht zu jeder gerichtlichen 
oder außergerichtlichen Rechtshandlung, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt 
(F 49 Abs. 2). Nur zur Veräußerung oder Belastung von Grundstücken bedarf der Prokurist 
einer besonderen Vollmacht (§F 49 Abs. 3). Im übrigen kann er auch Rechtsgeschäfte schließen, 
Prozesse führen und sonstige Rechtshandlungen vornehmen, die völlig außerhalb des konkreten 
Handelsbetriebes seines Prinzipals liegen. Dagegen kann er Geschäfte, die der Betrieb eines 
Handelsgewerbes niemals mit sich bringt, nicht wirksam für den Prinzipal vornehmen. So 
z. B. Verfügungen von Todes wegen, reine Schenkungen, Verfügung über das Geschäft im 
ganzen oder die Firma. 
Dieser gesetzliche Umfang der Prokura ist zugleich unbeschränkbar. Zede Be- 
schränkung auf gewisse Geschäfte oder Geschäftsarten und jede sachliche, zeitliche oder örtliche 
Bindung der Ausübung ist nur im inneren Verhältnis wirksam, dagegen Dritten gegenüber 
unwirksam (§50 Abs. 1—2). Auch wenn der Dritte die Beschränkung kennt, ist sie für ihn nicht 
vorhanden. Nur kann hier wie überall niemand aus arglistiger Handlungsweise (z. B. im Falle 
der Kollusion mit einem unredlichen Prokuristen) Rechte für sich herleiten. 
Ausnahmsweise ist, wenn derselbe Kaufmann mehrere getrennte Geschäfte oder eine 
Haupt= und Zweigniederlassung unter verschiedenen Firmen betreibt, die Be- 
schränkung der Prokura auf eine dieser Niederlassungen zulässig (§ 52 Abs. 2). 
Das wichtigste und gebräuchlichste Mittel aber, um die Gefährlichkeit der Prokura ab- 
zuschwächen, ist die Erteilung einer Gesamtprokura (* 48 Abs. 2, einzutragen nach § 53 
Abs. 1 S. 1). Die Gesamtprokura oder Kollektivprokura ist eine mehreren Personen zu ge- 
samter Hand gewährte Vertretungsmacht. Hier sind die Mehreren nur in ihrer Verbunden- 
Encyklopädie der Rechtswissenschaft. 7. der Neubearb. 2. Aufl. Band III. 3
	        
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