Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

Zivilprozeß- und Konkursrecht. 371 
ist gesagt, daß, wenn vor Erteilung des Zuschlags ein entgegengesetztes Recht nicht angemeldet 
wird, es nur noch auf den Erlös, nicht mehr auf die Sache geltend gemacht werden kann. 
Damit sind diese prozessualischen Rechtsvorgänge mit Garantien versehen, welche den 
entsprechenden zivilrechtlichen Vorgängen fehlen, und hierdurch ist zur Geltung gebracht, daß es 
sich um Prozeßrecht, nicht um Zivilrecht handelt, wenn auch die Folgen im großen ganzen den 
zivilrechtlichen Erscheinungen nachgebildet sind. 
Daher kann auch der Ersteher den Zuschlag nur in prozessualischer Weise, also durch Be- 
schwerde anfechten 7. 
2. Vollstreckung auf bewegliche Gegenstände. 
§ 95. Das Vollstreckungsverhältnis zur Gelderlangung ist ein öffentlich-rechtliches, welches 
aber zu bürgerlich-rechtlichen Ergebnissen, nämlich zur Erlangung von Geld führen soll; um 
dieses zu erreichen, bedient sich das öffentliche Recht (hier wie sonst) des bürgerlichen Rechts, 
indem man dem Gläubiger zum Zwecke der Gelderlangung ein Wertrecht gibt. 
Das Wertrecht ist dasjenige, was man Pfändungspfandrecht zu nennen pflegt, und der 
Akt, welcher das Wertrecht schaffen soll, ist die Pfändung. Natürlich hängt der Erfolg von zivil- 
rechtlichen Voraussetzungen ab: die Rechtsordnung unterwirft dem Wertrecht die Vermögens- 
stücke des Schuldners, nicht die Vermögensstücke Dritter; und werden daher fremde Sachen 
gepfändet, so sind sie zwar mit dem öffentlichen Beschlag belegt, aber das zivilrechtliche Wert- 
recht fehlt; und der öffentliche Beschlag muß aufgehoben werden, denn die öffentliche Tätigkeit 
ist auf falsches Gebiet abgeirrt. Dasselbe gilt, wenn die Vollstreckung sich auf solche Rechts- 
objekte erstrecken will, welche außerhalb des Verfolgungskreises des Schuldners stehen 2. 
Das Wertrecht kann individuell sein, d. h. jeweils dem Einzelgläubiger zustehen. Es kann 
kollektiv sozial sein, d. h. so geartet, daß es einer Reihe von Personen zusammen zukommt. 
Wir haben als Regel das System angenommen, welches das sächsische Recht entwickelt 
hat, und das auf altgermanischer Grundlage beruht: die Pfändung ist individuell 5, es entsteht 
ein Pfandrecht des Gläubigers, welches den Pfandrechten späterer Gäubiger vorgeht. Das 
entgegengesetzte System dagegen befolgen wir im Konkurs: die Gläubiger, welche den Konkurs- 
beschlag veranlassen, bewirken damit nicht ein Pfandrecht zu ihren Gunsten, sondern zugunsten 
sämtlicher Gläubiger, welche sich als Beschlagsgläubiger nachträglich anschließen und am Konkurs 
teilnehmen werden. Andere Prozeßordnungen haben das gleiche Prinzip auch außerhalb des 
Konkurses. 
Für das eine wie für das andere System sprechen praktische Gründe. Für unseres läßt 
sich namentlich folgendes geltend machen: Soll der Gläubiger sich bei der Pfändung auf einen 
seiner Forderung entsprechenden Teil des Schuldvermögens beschränken — auch dies ist ein 
begreiflicher Grundsatz unseres Rechts (§ 803)" —, so muß man auch dafür sorgen, daß er den 
Pfändungsgegenstand allein für sich hat; denn er käme nicht zum Ziele, wenn sich andere mit 
gleichem Rechte anschließen könnten. Ist aber die Vollstreckung bestimmungsmäßig eine Gesamt- 
vollstreckung, wie im Konkurs, dann hat dieses Prinzip der Vereinzelung keine Gründe mehr 
für sich, und darum haben wir im Konkurs den Grundsatz der Gleichbeteiligung. 
Die Pfändung darf nur gegen das Vermögen, nicht gegen die Person gerichtet werden, 
1 OLG. Posen 5. 12. 1900 Seuffert 56 Nr. 191, R. 30. 3. 1910 Entsch. 73 S. 195. 
Außerdem steht dem Ersteher, wenn ihm, auf offenbaren Irrtum hin, zu seinem Nachteil die Sache 
zugeschlagen worden en allerdings auch hüiie Hilfe der actio und exceptio doli zu Gebot, RG. 17. 10. 
1908 Entsch. 69 S. 2 
* So können A#prache des Vermieters aus dem Mietverhältnis gepfändet werden, nicht 
aber ein ganzes Mietverhältnis; denn dieses steht nicht in der freien Verfügung des Vermieters; 
vgl. LG. Dresden 17. 12. 1902 Z. f. Ziv.-Pr. XXXIX S. 519. Nur ausnahmsweise sind Rechte 
für die Gläubiger verfügbar, die es für den Schuldner nicht sind; vgl. 88 399, 761 BGB., 851 
3PO., 8 15 G. m. b. H., RG. 27. 11. 1908 Entsch. 70 S 
So auch im altfranzösischen Recht; vl. n#des * Konk. R. 2. Aufl. S. 17 f. Ein 
interessantes Zwischensystem findet sich in a. 110 f. des Schweizer Schuldbetreibungsgesetzes; 
arüber vgl. Curti, Pfändungspfandrecht und Gruppenpfändung S. 59 f. 
* Daher soll auch der durch Faustpfand gedeckte Gläubiger regelmäßig nicht auf andere 
Gegenstände greifen (6 777 ZSPO.). 
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