Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

376 J. Kohler. 
regelmäßig etwas unter dem Nominalbetrag der befristeten Zahlungen stehen; allein, sie kann 
höher als jedes unmittelbare Bargebot sein: dann geht es vor, und damit ist den Anforde- 
rungen abgeholfen; die Gläubiger bekommen mehr als bei dem reinen Angebot, der Ersteher 
hat di Bequemlichkeit der Fristen (es ist das sogenannte badische, d. h. früher schon in Baden 
übliche System), ös 60, 61 Z VG. 
Der Zuschlag erfolgt durch Beschluß; er bezeichnet die maßgebenden Versteigerungs- 
bedingungen; gegen den Beschluß ist sofortige Beschwerde statthaft. Mit dem Zuschlag geht 
das Eigentum auf den Ersteher über (§s§ 90 ZVG.). Bestehende Miet= und Pachtverträge hat 
er auszuhalten, vorbehaltlich des Rechts der Kündigung in gesetzlicher Frist (§ 57 Z VG.) und 
vorbehaltlich der Vorausverfügung über die Mietzinsen nach § 573 BGB. Uber die Verteilung 
des Erlöses findet nach Rechtsähnlichkeit des früher Entwickelten (S. 373 f.) ein Verteilungs- 
verfahren statt; doch müssen hierbei die im Grundbuch eingetragenen Berechtigungen von selbst 
berücksichtigt werden, auch wenn sie keinen vollstreckbaren Titel haben, vorbehaltlich des nötigen- 
falls gerichtlich auszutragenden Widerspruchs. 
Soweit der Ersteher die Barsumme nicht sofort zahlt, tritt die Barerlösforderung an 
Stelle des Grundstückes 1, sie kommt also den Gläubigern nach Maßgabe ihrer Vorrechte zu; 
das Gericht hat daher die Gläubiger dementsprechend auf diese Summe anzuweisen und für 
sie eine Sicherungshypothek in dem Range ihres Gläubigerrechts einzutragen ?. Außerdem 
ist der Eintrieb dieser Summe, sowohl was das Grundstück, als auch, was das sonstige Vermögen 
des Erstehers betrifft, besonders erleichtert (S#§ 128, 132 Z VG.). 
Die Zwangsversteigerung ist aber nicht die einzige Art der Zwangsvollstreckung auf Grund- 
stücke. Möglich ist auch die Zwangsverwaltung, d. h. eine Verwertung des Grundstücks in der 
Art des Nutzpfandes. Die Zwangsverwaltung kann mit der Zwangsversteigerung verbunden 
sein (§866 8 PO.)sie hat den Vorteil, daß, während bei der Zwangsversteigerung der Schuldner 
(von Ausnahmen abgesehen, I§s 24, 25 Z VG.) bis zum Zuschlag in der Verwaltung und Be- 
nutzung des Grundstücks bleibt, diese sofort an einen vom Gericht aufgestellten Verwalter über- 
geht, der als Vertreter der Beteiligten das Nutzpfand am Grundstück ausübt, weshalb auch die 
Früchte und Miet= und Pachtzinsen sofort in die Vollstreckung gezogen werden; doch soll er den 
Schuldner, der im Grundstück wohnt, soweit tunlich, wohnen lassen (§5 146 ff. ZVG.). 
Das Nutzpfand gibt die Mittel zur Befriedigung der öffentlichen Kosten, der Arbeits- 
löhne und der Zinsen; hierwegen ist für die ganze Dauer der Zwangsverwaltung ein Teilungs- 
plan aufzustellen. Es kann auch Deckung für Forderungskapitalien ergeben, in welchem Falle 
ein besonderer Termin zur Feststellung und Rechtfertigung stattfindet (S 158 ZVG.). 
Für die Geschäftsführung der Zwangsverwalter können die Landesgesetzgebungen An- 
ordnungen treffen (§ 14 EG. zur Z8VG.); dies ist z. B. in Preußen geschehen durch Ministerial- 
verordnung vom 8. Dezember 1899; hier sind auch Zwangsverwaltungsinspektoren als Kontroll- 
beamte vorgesehen. Über bureaukratischen Betrieb bei der Zwangsverwaltung wird von 
den Kreditinstituten manchmal geklagt. 
Die glimpflichste Weise der Zwangsvollstreckung in Grundstücke ist die Eintragung einer 
Sicherungshypothek für die einzutreibende Forderung (5 866 ZPO.). Das Grundbuchamt 
ist hier die Vollstreckungsbehörde. 
Die Erfahrungen, die man früher, namentlich im badisch-französischen Recht, gemacht 
hatte, führten dazu, diese Sicherungshypothek nur für Beträge von über 300 Mark zuzulassen, 
weil sonst das Grundbuch mit lauter Kleinigkeiten überlastet würde. Darum kann zwar eine 
Eintragung stattfinden, wenn ein einziger vollstreckbarer Titel, z. B. ein Urteil über 300 Mark, 
aus kleineren Posten entstanden ist, nicht aber, wenn mehrere Vollstreckungstitel unter diesem 
Betrag vorhanden sind, die zusammen die Summe von 300 Mark überschreiten. Hierüber 
herrscht allerdings ein (unberechtigter) Streit". Auch eine Gesamthypothek ist auf diesem Wege 
1 Kraft Subrogation; vgl. RG. 13. 7. 1909 Entsch. 71 S. 404. 
Welche Sicherungshypothek gewisse Eigentümlichkeiten hat, s# 128, 129 ZVG. 
* Allerdings wird durch Vorauszession der Mietzieler dieser Zweck vielfach vereitelt, & 1124 BeG#. 
Gilt die Beschränkung auch für die Arresthypothek? Besahend RG. 15. 3. 1906 Entsch. 60 
S. 279. Es ist aber zu verneinen, da dies die einzige Weise ist, wie ein Arrestbefehl auf Grund- 
stücke geltend gemacht werden kann. Vgl. S. 397. 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.