Zivilprozeß= und Konkursrecht. 377
nicht statthaft, sondern die hypothekarische Belastung ist nach Angabe des Gläubigers unter die
Grundstücke zu verteilen; denn Gesamthypotheken sind ein Übel, das, wo immer möglich, ver-
mieden werden soll (§§& 866, 867 8PO.).
4. Hindernisse der Vollstreckung.
§ P7. Findet die Vollstreckung statt an Vermögensstücken, die dritten Personen, nicht
dem Schuldner gehören, so treten zwar die öffentlich-rechtlichen Folgen der Vollstreckung ein,
allein ohne privatrechtliches Ergebnis, ohne Wertrecht, ohne den entsprechenden Gläubiger-
erlös; noch mehr, es ist Sache der Beteiligten, dahin zu wirken, daß der öffentlich-rechtliche Be-
schlag aufgehoben und das Eigentum des Dritten befreit werde, und vor allem hat dieses Recht
der Eigentümer der Sache selbst, aber auch der etwaige Nichteigentümer, welchem ein Heraus-
gabeanspruch zusteht, z. B. der Verleiher der Sache oder der Hinterleger.
Man hat diesen Anspruch völlig mißverstanden. Man hat behauptet, er sei gegen die
öffentliche Tätigkeit des Staates gerichtet und stelle daher eine Art von Rechtsmittel dar,
welches einem, wenn nicht fehlerhaften, so doch objektiv ungeeigneten öffentlichen Akte ent-
gegentrete. Dies ist unzutreffend. Der Staat handelt, wenn er sich innerhalb der Besitzlage
des Schuldners hält, völlig in seiner Berechtigung; er kann sich, wenigstens bei beweglichen
Sachen, um die Eigentumsverhältnisse nicht kdimmer. Das objektive Unrecht liegt lediglich
an dem Kläger, der es zuläßt, daß die Vollstreckung auf solche im Besitz des Schuldners befind-
lichen Sachen erstreckt wird, die dem Schuldner nicht angehören, und deren Beschlag in das
Recht eines Dritten eingreift. Die Richtigkeit dieses Gesichtspunktes ergibt sich aus folgendem:
Es ist dem Kläger gestattet, zu bestimmen, daß die Vollstreckung sich nicht auf gewisse Vermögens-
gegenstände beziehen solle; macht er keine solche Beschränkung, oder bezeichnet er ausdrücklich
Gegenstände, die fremdes Eigentum sind, als Vollstreckungsgegenstände, so bewirkt er durch
die Stellung und Nichtstellung des Antrags den Eingriff in fremdes Recht. Tritt daher der
Sachberechtigte der Vollstreckung entgegen, so tritt er ihm entgegen, und dies ist ein
Streit von Privatperson gegen Privatperson, ganz ähnlich wie im Konkurs, wenn der Dritt-
berechtigte verlangt, daß Gegenstände, die dem Gemeinschuldner nicht gehören, aus der Konkurs-
masse ausgesondert werden sollen. Und wenn daher der Berechtigte Aussonderungsklage er-
hebt:, so ist dies keine Beschwerung gegen den Richter, sondern es ist Erhebung eines privat-
rechtlichen Anspruchs gegen den Kläger auf Aussonderung, welche ihn zwingen soll, von der
vollstreckenden Tätigkeit abzulassen, also eine Art von actio negatoria?. Wie be-
merkt, kann die Klage nicht nur von dem Eigentümer erhoben werden 3, sondern auch von
irgendeinem Drittberechtigten, der einen Anspruch auf Herausgabe der Sache hat und zur
Geltung bringen will, daß der Kläger verpflichtet sei, sie von der Vollstreckungstätigkeit aus-
1 Sie findet sich auch bei Beaumanoir c. 54, 3: Ce West pas merveille quant ü convient
penre les biens Taucun por dete, s’on prent les cozes c'’on voit en son pooir, si comme ce qui
est en se meson ou en son commandement. Neporquant, se autres vient avant qui proeve le
Coze prise à soie, ill le doit r’avoir; mais ü doit dire et metre en voir la cause por quoi ele
estoit en le main de celi sor qui ele fu Prise, si comme se ll Pavoit prestée, ou louée, ou baillié
en garde; car par tex cozes à on le saizine de autrui cozes, et c'est bon à savoir por oster les
fraudes; und in den französischen Coutumes, z. B. Orléans (1509) a. 359: si celuy opposant
maintient lesdits biens luy appartenir, 1l y sera receu, et de ce seront lesdits opposants et le
Gobteur creuz par leurserment. So auch Orléans (1583) a. 456. Ferner Civitavecchla
(1451) a. 14.
* Mit allen Wirkungen einer negatoria. Wird der Kläger abgewiesen, so kann er nicht etwa
Can den dändenden Gläubiger eine Bereicherungsklage anstellen. Unrichtig RG. 3. 11. 1908
tsch. . 26.
„ Besonderheiten gelten bezüglich des eingebrachten und Gesamtgutes nach 8 741, 774 gPO.:
Ist gegen ein Erwerbsgeschäft der Ehefrau ein Einspruch (Widerruf) des Mannes nicht eingetragen,
so findet gegen diese Vermögensmasse aus Schulden der Ehefrau die Vollstreckung statt, wie wenn der
Ehemann diese Schulden genehmigt hätte. Dies wird in der Regel gerechtfertigt sein; nun kann
aber: 1. die Schuld der Frau aus einem anderen Grunde stammen, als dem Erwerbsgeschäft;
2. der Ehemann den Einspruch deshalb unterlassen habe, weil er das Erwerbsgeschäft nicht kannte;
3. die Eintragung deshalb unnötig sein, weil der Gläubiger den Einspruch kannte (58§8 1405, 1435,
1452, 1519, 1550). Aus all diesen Gründen kann der Ehemann kraft seines dinglichen Rechts
die Widerspruchsklage haben.