Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

Grundzüge des Handelsrechts. 61 
ansprüche aus der Gründewerantwortlichkeit stehen der geschädigten AG. als solcher zu; sie 
verjähren in fünf Jahren, sind aber fünf Jahre lang unverzichtbar; spätere Verzichte und Ver- 
gleiche bedürfen der Zustimmung der Generalversammlung und scheiteim an dem Widerspruch 
einer Minderheit, die ein Fünftel des Grundkapitals darstellt (§5 205—206). Wissentlich falsche 
Angaben sind überdies mit Strafe bedroht (§ 313). 
10. Zwei Jahre lang nach der Eintragung ist eine sog. Nachgründung durch Uber- 
nahme von Anlagen oder Grundstücken für einen Preis, der ein Zehntel des Grundkapitals 
übersteigt, beschränkt. Ein derartiger Übemahmevertrag bedarf besonderer Prüfung, muß 
von der Generalversammlung mit gualifizierter Mehrheit (drei Viertel des vertretenen und 
im ersten Jahr überdies ein Viertel des gesamten Grundkapitals) gutgeheißen werden und ist 
zum Handelsregister einzureichen. Für den Erwerb durch Zwangsversteigerung und für Grund- 
erwerbsgesellschaften gelten diese Beschränkungen nicht. Die Gründerverantwortlichkeit er- 
streckt sich auf die Nachgründungen (§F 207—208). 
Literatur: Hahn, Über die aus der Zeichnung von Aktien hervorgehenden Rechts- 
verhältnisse, 1874. Wiener, Z. f. HPNR. XXI 333 ff., XXIV. 1 ff., 450 ff., XXV Iff. 
R. Schmidt, Die zivilrechtliche Gründerwerantwortlichkeit, 1888. Rosenwald, Die Re- 
vision bei Gründung von AG., 1898. Averbeck, Wesen der Aktienzeichnung, 1900. Reis, 
Zeichnung von Aktien, 1907. K. Lehmann, Recht der AG. I 138 ff., 308 ff. 
§ 47. Mitgliedschaft. Die Mitgliedschaft in der AG. ist Ausfluß des Anteilsrechtes am 
Grundkapital. Es gibt also eine feste Zahl von Mitgliedschaften, die als „Aktien“ konstituiert sind. 
1. Ihrem Wesen nach ist die Mitgliedschaft, weil sie Vereinsmitgliedschaft ist, ein 
personenrechtliches Verhältnis; sie bedeutet Gliedpersönlichkeit im Organismus einer Gesamt- 
persönlichkeit. Allein weil ihr personenrechtlicher Kemm in einer vermögensrechtlichen Hülle 
steckt, ist sie als Ganzes ein Vermögensgegenstand. Weil ferner die in ihr enthaltenen Pflichten 
nur Modalitäten von Rechten sind, erscheint sie im ganzen als reines Recht. Weil weiter in 
ihr der AG. gegenüber ein selbständiges Sonderrecht konstituiert ist, bildet sie als Ganzes für 
sich ein freies Individualrecht. Weil sie endlich in einem Wertpapier verkörpert wird, teilt sie 
als Ganzes die Rechtsschicksale einer beweglichen Sachc und unterliegt dem sachenrechtlichen 
Verkehr. 
2. Der Erwerb der Mitgliedschaft erfolgt durch den Erwerb des Eigentums an einer 
Aktie. Das Eigentum an einer Aktie macht zum „Aktionär“. 
a) Der ursprüngliche Aktienerwerb vollzieht sich auf Grund der Gründerüber- 
nahme oder der Zeichnung einer Aktie in dem Augenblick, in dem die Aktie als Mitgliedschaft 
entsteht. Also mit der Eintragung der AG. oder im Falle der Schaffung neuer Aktien mit der 
Eintragung der Erhöhung des Grundkapitals. Die Aktienurkunde spielt dabei keine Rolle; 
sie ist kein konstitutives Wertpapier (RGer. XII Nr. 3). Vor der Eintragung der AG. oder 
der Schaffung neuer Anteilsrechte können weder Aktien noch Interimsscheine ausgegeben werden 
(5§5 200, 287). Der Ubernehmer oder Zeichner wird daher Aktionär, bevor ihm die Aktienurkunde 
ausgehändigt ist; er hat aber einen satzungsmäßigen Anspruch auf Aushändigung einer Aktie 
jedoch einer Inhaberaktie stets erst nach Volleinzahlung) oder eines Interimsscheins. 
b) Derabgeleitete Aktienerwerb vollzieht sich durch Gesamtnachfolge (insbesondere 
durch Erbgang) oder durch Sondernachfolge in ein Anteilsrecht. Die Ubertragung des noch 
im Werden begriffenen Anteilsrechts ist der AG. gegenüber unwirksam (§ 200 Abs. 2, § 287 
Abs. 2), begründet also nur einen obligationenrechtlichen Anspruch auf Übertragung der künftigen 
Mitgliedschaft. Dagegen ist die erworbene Mitgliedschaft im Zweifel frei übertragbar. Die 
Ubertragung erfolgt mittels Ubereignung der Aktienurkunde, die somit ein translatives Wert- 
papier ist. Lautet die Aktie auf den Inhaber, so genügt Einigung und Ubergabe. Namen- 
aktien und Interimsscheine können, wenn sie nicht die Rektaklausel tragen, durch Indossament 
übertragen werden (§§ 222 Abs. 3, 224). 
Die Übertragung (auch die Vererbung) von Namenaktien kann beschränkt oder aus- 
geschlossen werden (§ 222 Abs. 2). Zur Ubertragung von Kleinaktien, deren ÜUbertragung an 
die Zustimmung der A. gebunden ist, bedarf es stets der Zustimmung des Aufsichtsrats und
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.