Grundzüge des Handelsrechts. 65
hat (ös 266—267). Femer kann eine gleiche Minderheit wider den Willen der Mehrheit binnen
drei Monaten durch gerichtlich ernannte Bevollmächtigte eine Schadensersatzklage der AG.
gegen Gründer, Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder oder Liquidatoren erheben (§#§# 268
bis 269). Auch kann eine gleiche Minderheit die Vertagung der Verhandlung über die Prüfung
der Bilanz durchsetzen (§ 264). Dazu kommt das Minderheitsrecht auf Berufung einer GV.
oder Anderung der Tagesordnung (oben Z. 1).
Literatur: Hergenhahn, Berufung und Tätigkeit der G., 1888. K. Leh-
mann Einzeleecht und Mehrheitswille in den A#G., Arch. f. b. R. IX 297 ff.; Recht der AEG.
II 153 ff. t# B. Simon, Die Vrtretung eigener und fremder Aktien in Generalversamm-
lungen, hecer für Wilke (1900), S. 257.
§ 50. Vorstand. Der Vorstand ist das unentbehrliche Vertretungs- und Geschäfts-
führungsorgan der A#.
1. Die Bildung des Vorstandes richtet sich nach der Satzung (5 231). Er kann aus
einer Person oder aus mehreren Personen bestehen. Die Mitglieder brauchen nicht Aktionäre
zu sein. Die Berufung i in den Vorstand erfolgt mangels anderer Bestimmung durch Wahl der
GV., kann aber einem anderen Organ (dem Vorstand selbst oder dem Ausfsichtsrat) übertragen
sein. Die Abbemfung aus dem Vorstand ist jederzeit zulässig. Jede Anderung ist einzutragen
(6 234).
2. Die Zuständigkeit des Vorstandes umfaßt notwendig die unbeschränkte und
unbeschränkbare gerichtliche und außergerichtliche Veertretung der A#. (§ 231 Abs. 1).
Mehrere Vorstandsmitglieder sind mangels anderer Bestimmung nur gemeinschaftlich zur Ver-
tretung befugt (mit Ermäßigungen durch § 232 Abs. 1); die Vertretungsmacht kann aber einem
einzelnen Vorstandsmitgliede für sich oder zusammen mit einem Prokuristen eingeräumt werden
(#J 232 Abs. 2). Die Zeichnung soll unter Hinzufügung des Namens des Zeichnenden zu der
Firma oder der Benennung des Vorstands erfolgen (§ 233).
Der Vorstand hat überdies die Stellung eines Geschäftsführungsorganes
der A., ist aber hierbei an die satzungsmäßigen Beschränkungen und die Beschlüsse der GV.
gebunden. Insbesondere hat er für die Buchführung zu sorgen (5 239) und die Jahresbilanz
rechtzeitig und ordnungsmäßig nach Maßgabe der wirklichen Vermögenslage aufzustellen und
mit den Bemerkungen des Aussichtsrats nach vorheriger zweiwöchiger Auslegung im Geschäfts-
lokal der GV. vorzulegen (§s 261—263). Im Falle eines Vermögensverlustes, der die Hälfte
des Grundkapitals erreicht, hat er unverzüglich die GV. zu berufen, im Falle der Zahlungs-
unfähigkeit oder Uberschuldung die Konkurseröffnung zu beantragen (§ 240).
3. Die Vorstandsmitglieder sowie die etwaigen Stellvertreter von Mit-
gliedern (§ 242) sind Vereinsbeamte, mit deren Organstellung sich individuelle Rechte und
Pflichten gegenüber der AG. verbinden. Nähere Bestimmungen darüber kann der mit ihnen
geschlossene Anstellungsvertrag treffen, der die Natur eines Dienstvertrages hat, aber nicht den
Regeln über die Dienstverträge mit Handlungsgehilfen unterliegt. Die Vorstandsmitglieder
können nach Satzung oder Vertrag eine Vergütung empfangen, sei es festen Gehalt, sei es Natural-
bezüge, sei es einen Anteil am Jahresgewinn, der dann aber nur vom Reingewinne zu be-
rechnen ist (§ 237). Sie sind verpflichtet, mangels Einwilligung der A. sich des Betriebes
eines Handelsgewerbes, des Geschäftsbetriebes im Handelszweige der A#. und der Teilnahme
an einer anderen Gesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter zu enthalten; die Verletzung
dieser Verpflichtung hat ähnliche Folgen, wie bei den sonstigen Konkurrenzverboten (§ 236).
Bei Erfüllung ihrer Funktionen haben sie die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes
anzuwenden; aus Verletzung dieser Pflicht haften sie der AG. als Gesamtschuldner für Schadens-
ersatz (s 241). Dazu tritt bei schweren Verfehlungen eine besondere strafrechtliche Verantwortlich-
keit (ss# 312—315). Zur Erfüllung gewisser Obliegenheiten können sie durch Ordnungsstrafen
angehalten werden (§ 319).
a6. Ritbrptur- Hergenhahn, Der Vorstand der AG., 1893. K. Lehmann, R. der
8 61. Aussichtsrat. Der Aussichtsrat ist das notwendige Kontrollorgan der AG. (bis.
1870 nur fakultativ).
Encyklopädie der RNechtswissenschaft. 7. der Neubearb. 2. Aufl. Band III. 5