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§ 66. Veründerung und Auflösung.
1. Veränderung. Jede Statutenänderung erfordert Generalversammlungs-
beschluß und Eintragung der Beschluß muß mit einer Mehrheit von drei Vierteln der erschienenen
Genossen gefaßt sein, kann aber durch das Statut nicht nur erschwert, sondern auch erleichtert
werden (5§ 16). Die statutarische Erleichterung ist unzulässig bei Abänderung des Gegenstandes
des Unternehmens, Erhöhung der Geschäftsanteile oder der Haftsummen und Umwandlung
in eine Genossenschaft mit strengerer Haftungsart (§§ 16, 132, 144). Werden die Geschäfts-
anteile oder die auf sie zu leistenden Einzahlungen herabgesetzt oder die Einzahlungsfristen ver-
längert oder die Haftsummen herabgesetzt, oder wird die G. in eine solche mit schwächerer
Haftungsart umgewandelt, so müssen die für die Vermögensverteilung im Falle der Auflösung
geltenden Vorschriften beobachtet werden (§§ 22, 133, 143). Die Umwandlung der Haftungs-
art wirkt auch gegenüber ausgeschiedenen Genossen, doch bleiben bei einer G. m. u. N. die vor
länger als achtzehn Monaten Ausgeschiedenen von jeder Haftung und bei einer G. m. b. H. alle
Ausgeschiedenen von der Haftung über die bisherige Haftsumme hinaus befreit (§ 145).
2. Auflösung. Diee. G. wird aufgelöst durch Versammlungsbeschluß mit mindestens
Dreiviertelsmehrheit (§ 78), Ablauf einer statutarisch gesetzten Zeit (§ 79), gerichtlichen Beschluß
wegen Minderung der Genossenzahl unter sieben (auf Antrag des Vorstandes, nach sechs Monaten
von Amts wegen, § 80), Ausspruch des Verwaltungsgerichts (oder der es ersetzenden Verwaltungs-
behörde) wegen Gefährdung des Gemeinwohls durch gesetzwidrige Handlungen oder Unter-
lassungen oder wegen Verfolgung anderer als der gesetzlich vorgesehenen geschäftlichen Zwecke
(6 81). Hinsichtlich der Eintragung, der Bekanntmachung und Aufforderung der Gläubiger,
der Bestellung der Liquidatoren (mindestens zwei und stets kollektiv berufen, Publizität nach
Registerrecht), des Fortbestandes der korporativen Organisation, der Ausführung der Liqui-
dation und des Zeitpunktes der Zulässigkeit der Vermögensverteilung (Sperrjahr) gelten ähn-
liche Vorschriften wie bei der AG. (§§ 82—93). Die Verteilung des Reinvermögens erfolgt
in der Weise, daß zunächst die Guthaben voll oder nach Verhältnis befriedigt, Überschüsse aber
nach Köpfen verteilt werden; doch kann das Statut die Verteilung anders bestimmen oder ganz
ausschließen (§ 91). «
3. Nichtigkeit. Eine Nichtigkeitsklage kann von jedem Genossen und jedem Vor-
stands- oder Aussichtsratsmitglied angestellt werden, wenn in dem Statut eine wesentliche Be-
stimmung fehlt oder nichtig ist. Doch sind alle Mängel in Form der Satzungsänderung heilbar;
nur darf dadurch bei einer e. G. m. b. H. der Gesamtbetrag der Genossenhaftung nicht ver-
mindert werden. Verfahren und Wirkungen des Urteils wie bei der Anfechtungsklage. Die
Folgen der Nichtigkeitserklärung sind wie bei der AG. geregelt (Abwicklung wie bei der Auflösung,
Aufrechthaltung der mit Dritten vorgenommenen Rechtsgeschäfte, Wirksamkeit der übernommenen
Haftung zugunsten der Gläubiger). (Vgl. §§5 94—97.)
4. Konkurs. Ein Sonderrecht gilt für den Genossenschaftskonkurs. Der Konkurs
findet im Falle der Zahlungsunfähigkeit, nach Auflösung der G. auch im Falle der Überschuldung
statt (§ 98); bei der e. G. m. b. H. auch vor der Auflösung wegen einer ein Viertel des Betrages
aller Haftsummen übersteigenden Überschuldung (§ 140), während bei den beiden anderen
Haftungsformen im Falle der UÜberschuldung nur der Vorstand sofort einer Generalversamm-
lung die Auflösungsfrage vorlegen soll (ss 115, 120). Antragspflicht und Antragsrecht sind
besonders geregelt (§# 98—99). Mit der Eröffnung des Konkurses wird die e. G. spätestens
aufgelöst (§ 101). Sie behält aber während des Konkurses ihre korporative Organisation (§ 104).
Die Besonderheiten des Verfahrens beruhen, von dem Wegfalle des Zwangsvergleiches ab-
gesehen (§ 116), auf der Einschiebung eines Zwangsumlageverfahrens (S§## 105—115), bei dessen
Durchführung der Vorstand oder die Liquidatoren den Konkursverwalter zu unterstützen haben
(§§ 117—118). Dieses Verfahren bezweckt die Verteilung der zur Deckung des Ausfalles er-
forderlichen Nachschüsse auf die einzelnen Genossen nach Verhältnis ihres Verlustanteils (regel-
mäßig also nach Köpfen), zugleich aber die Realisierung der Solidarhaftung durch Überwälzung
der auf unvermögende Genossen fallenden Beiträge auf die übrigen Genossen unter Vorbehalt
der Ausgleichungsansprüche. Zu diesem Behufe wird nach der ersten Bilanz eine „Vorschuß-
berechnung“, bei erforderlich werdenden Ergänzungen oder Berichtigungen eine „Zusatz-