Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Vierter Band. (4)

148 G. Anschütz. 
weise verschieden. Nicht als ob das Beamtenverhältnis ein Mischinstitut halb privat-, halb öffent- 
lichrechtlicher Natur wäre; es hat gar nichts Privatrechtliches an sich, gehört vielmehr ganz dem 
öffentlichen Recht an. Das Vermittelnde liegt auch nicht darin, daß, wie eine verbreitete Meinung 
annimmt, das Beamtenverhältnis ein Vertragsverhältnis, wenngleich nicht des Privat-, so 
doch des öffentlichen Rechtes sei. Bei Lichte besehen ist es überhaupt kein Vertragsverhältnis, 
sondem ein Unterwerfungsverhältnis, eine im Vergleich mit dem gemeinen Recht 
der Untertanenpflichten gesteigerte Subjektion des einzelnen unter den Staat, allerdings 
auch mit gesteigerten Ansprüchen an den Staat. Darin aber darf die Mittelstellung des Beamten- 
tums zwischen den beiden anderen Staatsdienstformen erblickt werden, daß der Beamte einer- 
seits zwar seinen Dienst tut, nicht weil er will, sonderm weil er muß, daß jedoch anderseits die 
dauernd wirksame Ursache dieses Müssens, die Qualität als Beamter, die Zugehörigkeit 
zum Beamtenstand niemal ohne seine Einwilligung entstehen kann. Man beachte wohl: 
nur der Eintritt in den Beamtenstand, die Begründung des Beamtenverhältnisses erfordert 
jene Einwilligung; der Inhalt dieses Verhältnisses ist ausgefüllt durch zwingende Normen 
des öffentlichen Rechts, welche die Möglichkeit abändernder Parteidispositionen ausschließen. 
Das Beamtenverhältnis ist kein Vertrag zwischen dem Staate und dem Beamten, sondem ein 
Zustand, ein Status, gekennzeichnet durch besondere Pflichten und besondere Rechte, welche 
insgesamt — wie bei dem Staatsdienst kraft allgemeiner Untertanenpflicht — unmittelbar 
auf dem Gesetz, nicht auf Vertrag beruhen. Ein Zustand der aber nur begründet werden kann 
für den, der will. Das Beamtenverhältnis ist somit zunächst und vor allem charakterisiert durch 
die Art seiner Begründung: es wird im Einzelfalle (s. d. nächst. Paragraphen) begründet durch 
einen Akt der Staatsgewalt, für welchen die Einwilligung dessen, über den er ergeht, unerläß- 
liche Vorbedingung der Gültigkeit ist. Dieser rechtsbegründete Akt heißt technisch „Anstel- 
lung“. Es ist eine nicht nur ad hoc brauchbare, sondem allgemein zutreffende und ausreichende 
Begriffsbestimmung, wenn unser Strafgesetzbuch, § 359, unter „Beamten“ verstanden wissen 
will: „alle im Dienste des Reichs oder eines Bundesstaates an- 
gestellten Personen“. — Über den Inhalt des Beamtenverhältnisses läßt sich allgemein 
und zusammenfassend nur soviel sagen: es ist ein besonderes (von der allgemeinen Untertanen- 
dienstpflicht verschiedenes), dauerndes öffentlichrechtliches Dienst= und Treueverhältnis zum 
Staate, kraft dessen der, welcher darin steht, dem Staate zur Ubernahme von Amtern 
verpflichtet ist, und dessen Einzelheiten im übrigen durch besondere Gesetze, die Beamten- 
gesetze 1, näher bestimmt werden. 
Nur die Verpflichtung zur Ubemahme von Staatsämtem ist für den Beamten begriffs- 
wesentlich, nicht die Tatsache der Innehabung eines Amtes. Der Beamte ist und bleibt Beamter, 
auch soweit und solange er ohne Amt, „unbeamtet“ ist (Assessor nach der Staatsprüfung, der seiner 
Verwendung im Justiz= oder Verwaltungsdienst erst entgegensieht, Diplomat im einstweiligen 
Ruhestand, Offiziere „z. D."). Anderseits gibt es, wie Beamte ohne Amt, so auch Amtsinhaber, 
die nicht Beamte sind (Schöffen, Geschworene, Laienmitglieder der Versicherungsbehörden 
der Arbeiterversicherung). Keine wesentlichen Merkmale des Beamtenbegriffs sind ferner: 
die Besoldung (Ekrenbeamte, unbesoldete Universitätsprofessoren und Assessoren!), die 
Lebenslänglichkeit des Verhältnisses (Anstellung auf Zeit kommt vor, vgl. RBeamten G. 
§§ 32, 38; StrB. F 359) und die Tatsache, daß der Angestellte aus dem Staatsdienst seinen 
Lebensberuf macht (naturale, nicht essentiale des Begriffs: Beispiele für Beamte, welche 
ihre dienstliche Tätigkeit als Nebenbeschäftigung betreiben: der Wahlkonsul, der Handelsrichter, 
Amtsvorsteher, Reserveoffizier, der Rechtsanwalt, welcher als Notar, der Geistliche, der als 
Schulinspektor angestellt ist). 
1 Kodifikation für den Reichsdienst: Ges., betr. die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten 
(„RBeamten G.“) vom 31. März 1873, auf Grund der Novelle vom 17. Mai 1907, neu publiziert 
am 18. Mai 1907. In Preußen fehlt es an einem zusammenfassenden Beamtengesetz; es gelten 
zahlreiche Spezialgesetze, insbesondere über Disziplinarwesen, Gehalt, Pensionen, Hinterbliebenen- 
versorgung, hinter denen noch heute das ALR., Teil II, Tit. 10 („von den Rechten und Pflichten 
der Diener des Staates"“) steht. Bayern: BG. vom 16. August 1908. Sachsen: Ges., die Ver- 
hältnisse der Zivilstaatsdiener betr., vom 7. März 1835, mit zahlreichen Novellen. Württemberg: 
Ges., betr. die Rechtsverhältnisse der Staatsbeamten, vom 28. Juni 1876. Baden: B . vom 
24. Juli 1888.
	        
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