216 Paul Schoen.
Schärfe, um juristisch verwertbar zu sein. Die Grenze zwischen dem Ehrenamte und dem Berufs-
amte ist nach ihr keine feste. Mit dem Begriffe des Ehrenamtes ist der Ersatz gewisser, durch die
Amtsführung veranlaßter Kosten wohl vereinbar, wird dieser nun aber, wie oft üblich, in Form
eines Pauschquantums gewährt, so kann es bei reichlicher Bemessung desselben in concreto
leicht zweifelhaft werden, ob man es noch mit einem Ersatze für bare Auslagen zu tun hat oder
mit Vergütung für Zeit und Kraft, wic sie gewöhnlich bei Berufsämtern stattfindet. Es gibt
Ehrenämter, die sich auch wirtschaftlich (direkt oder indirekt) gut bezahlt machen, wie die Wahl-
konsulate; und es gibt umgekehrt Berufsämter, die unentgeltlich versehen werden, wie die Amter
der unbesoldeten Assessoren und die Honorarprofessuren.
2. Die Behörde ist eine öffentliche Stelle, der ein Kreis von staatlichen Geschäften
zur Entscheidung „zugehört“1 (Loening 30,; O. Mayer 1, 96). Im Gegensatze zum Amte, das als
ein Kreis von Geschäften etwas rein Ideelles, nicht Greifbares ist, ist die Behörde eine Erscheinung
der Außenwelt, sie ist die verkörperte Staatsgewalt. Nun nennen wir aber nicht jedes Organ
der öffentlichen Gewalt, das öffentliche Geschäfte verrichtet, eine Behörde; wir bezeichnen den Land-
rat als Chausscepolizeibehörde, nicht aber den Chaussecaufseher, desgleichen die Betriebsinspektion
als Eisenbahnpolizeibehörde, nicht aber den Bahnmeister. Wir verstehen unter Behörden nur
die Stellen, die eine selbständige Entscheidung haben, nicht solche, die nur Befehle und Aufträge
auszuführen, nur unselbständig nach Anweisungen zu handeln haben; vgl. auch in diesem
## unten V a. E. Die Behörde kann aus einer oder mehreren Personen bestehen, deren jede
dann Träger eines bestimmten Amtskreises ist. Während das Amt begrifflich mit einer Person
verbunden ist, indem mit der Verrichtung eines Kreises von Geschäften durch einen öffent-
lichen Auftrag nur eine Person beauftragt werden kann, kann eine öffentliche Stelle, die
Staatsgeschäfte zu erledigen hat, so organisiert sein, daß nur beim Zusammenwirken mehrerer
Personen eine Aktion dieser Stelle vorliegt. Nach außen erscheint auch die aus mehrereren
Personen bestehende Behörde stets als eine Einheit. Die Behörde repräsentiert den
Staat bzw. den öffentlichen Verband. Daraus folgt, daß sie niemals selbständig berechtigtes
Subjekt ist. Sie erscheint dem Untertanen als das Subjekt der Hoheitsrechte, die sie aus-
übt, in Wahrheit ist dieses Subjekt aber der Staat oder Selbstverwaltungskörper, den sie
repräsentiert. Die Staatsbehörden sind lediglich „Apparate des Staates“; durch sie handelt immer
nur der Staat. Sie haben daher dem Staate gegenüber keine Rechte und unterscheiden sich
darin von den Selbstverwaltungskörpem, die dem Staate als selbständige Rechtssubjekte gegen-
überstehen.
Der hier entwickelte Begriff ist nun allerdings nicht der einzige, der mit dem Worte Be-
hörde verbunden wird. Sowohl der gesetzliche wie der gemeine Sprachgebrauch schwanken und
brauchen das Wort Behörde auch in anderem Sinne. In den §§ 114 und 196 des Strafgesetz-
buches z. B. sind unter Behörden nur die kollegialisch organisierten öffentlichen Stellen (vgl.
unten unter III 1) verstanden; in den §§ 277—279 daselbst dagegen ist das Wort Behörde im
Sinne von (unmittelbarem oder mittelbarem) Staatsamt gebraucht, und auch in der Literatur
werden die Ausdrücke Amt und Behörde oft identifiziert.
III. Arten der Behörden. — 1. Die Behörden zerfallen nach ihrer Organisation
in solche, die aus einem, und in solche, die ausmehreren Beamten bestehen. Die aus mehreren
Beamten bestehenden Behörden sind entweder kollegialisch oder bureaumäßig
organisiert. Jenes ist der Fall, wenn alle Entscheidungen der Behörde getroffen werden durch
nach Stimmenmehrheit gefaßte Beschlüsse der Mitglieder; dieses, wenn ein Beamter, der
Chef der Behörde, allein die Entscheidung und Verantwortung hat, während die übrigen Mit-
glieder der Behörde lediglich nach seinen Anweisungen als seine Gehilfen funktionieren. Jedes
der beiden Systeme hat seine besonderen Vorteile und Mängel. Das Kollegialsystem sichert ein
ruhiges Erwägen aller in Betracht kommenden Verhältnisse; es läßt die Geschäfte „kein Spiel
der Willkür, Unerfahrenheit, Unwissenheit, Unredlichkeit des einzelnen werden“; es sichert ihnen
eine unparteisschere Behandlung, indem die Kollegien äußeren Beeinflussungen gegenüber wider-
standsfähiger sind als Einzelbeamte. Daher ist das Kollegialsystem besonders am Platze, wo es
sich um die Entscheidung von Rechtsfragen handelt. Die Kollegien arbeiten aber langsamer
Bgl. Grimm, Wörterbuch 1, 1342 „Behörde: locus ad quem aliquid deferendum est.“