Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Vierter Band. (4)

234 Paul Schoen. 
Bezirksausschusse gefaßten Beschlüsse. Er hat zu beschließen über einige wenige ihm zur Er- 
ledigung in erster Instanz zugewiesene Angelegenheiten und über einzelne Anordnungen 
des Oberpräsidenten, die seiner Zustimmung bedürfen (LVG. F 139; ZG. g88 51, 144). 
IV. Für den Verwaltungsbezirk Berlin fungiert als Oberpräsident der Oberpräsident 
von Brandenburg, dem auch die Wahrnehmung eines Teiles der Geschäfte des fehlenden 
Provinzialrates überwiesen ist, während ein anderer Teil dieser direkt vom zuständigen Minister 
besorgt wird. Die Kompetenzen der Bezirksbehörden sind für Berlin teils dem Oberpräsidenten 
und dem Provinzialschulkollegium von Brandenburg, teils dem Polizeipräsidenten von Berlin 
und der für Berlin besonders errichteten „Direktion für die Verwaltung der direkten Steuern“ 
beigelegt. Ein Bezirksausschuß ist für Berlin besonders gebildet, jedoch fungiert derselbe wesent- 
lich nur als Verwaltungsgericht (LVG. I# 41 ff.). 
B. Die MWittelstaaten und Elsaß-Lothringen. I. In Bayern, Württemberg 
und Sachsen bestehen Mittelbehörden für die Kreise, in Elsaß-Lothringen für die 
Bezirke, in die das Land eingeteilt ist. Es sind in den beiden erstgenannten Staaten die Kreis- 
regierungen, in Sachsen die Kreishauptmannschaften und die Kreisausschüsse. Die Kreis- 
regierungen wie die Kreishauptmannschaften bestehen aus einem Vorstande (Präsident, Kreis- 
hauptmann) und der erforderlichen Zahl von Räten. Die Geschäfte werden von ihnen teils 
nach Anweisung des Vorstandes, teils nach Mehrheitsbeschlüssen der Mitglieder erledigt; der 
Bureauweg aber bildet die Regel, die kollegialische Beschlußfassung findet nur in den gesetzlich 
bestimmten Fällen statt. Der von dicsen Staaten, namentlich von Württemberg und Sachsen, 
gelegentlich der Reorganisation in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts anerkannte Grundsatz, 
daß in der Mittelinstanz die kollegialische Geschäftsbehandlung die Regel bilden soll, ist also 
wieder fallen gelassen. Die Kompetenz dieser Mittelbehörden ist verschieden abgegrenzt. Eine 
ähnlich allumfassende wie die preußischen Regierungen haben nur die bayrischen Kreisregierungen, 
die denn auch für die Geschäftserledigung in zwei Abteilungen, die des Innern und die der Finanzen, 
geteilt sind. Die Kompetenz der württembergischen Kreisregierungen beschränkt sich auf die innere 
Verwaltung mit Ausschluß des Kirchen- und Schulwesens; für dieses und ebenso für das Finanz- 
wesen sind als Mittelstellen Spezialbehörden mit örtlicher Zuständigkeit für den ganzen Staat 
bestellt. Die sächsische Kreishauptmannschaft ist vor allem Organ des Ministeriums des Innerm 
und mit Polizeiverwaltung befaßt, daneben hat sie nur noch einzelne Geschäfte auf dem Ge- 
biete der Finanz= und Militärverwaltung zu verrichten. Nichtberufsbeamte sind an der Verwaltung 
in der Mittelinstanz nur in Sachsen in dem hier neben der Kreishauptmannschaft stehenden Kreis- 
ausschusse beteiligt, der aus dem Kreishauptmann als Vorsitzendem und ehrenamtlichen, von 
kommunalen Vertretungen gewählten Mitgliedem besteht. Dieser Kreisausschuß fungiert teils als 
„entscheidendes“ (Beschwerdeinstanz gegen Cntscheidungen der Bezirksausschüsse; erste Instanz für 
gewerbepolizeiliche Verfügungen, Gemeindeaufsichtsangelegenheiten u. a.), teils als den Kreis- 
hauptmann und das Ministerium „beratendes Organ". In Elsaß-Lothringen ist die Mittelbehörde 
für die Verwaltung rein bureaumäßig organisiert. Sie besteht aus dem Bezirkspräsidenten und den 
diesem beigegebenen Räten, die nur für Verwaltungsrechtsstreitigkeiten ein Kollegium, den Bezirks- 
rat, bilden; auf den Bezirkspräsidenten sind alle Befugnisse des früheren Präfekten übergegangen. 
II. In Baden und Hessen gibt es eigentliche Mittelbehörden nicht. Jedoch sind 
in Baden für größere Bezirke Einzelbeamte, Landeskommissäre, bestellt, welchen Aufsichts- 
und für außerordentliche Fälle auch Anordnungsbefugnisse beigelegt sind. Und in Hessen ist 
den Provinzialdirektoren, welche an der Spitze der Provinzen, der obersten Kommunalverbände, 
in die das Land zerfällt, stehen, das Recht beigelegt, polizeiliche Maßregeln anzuordnen; wie 
auch die diesen zur Seite stehenden, zunächst als kommunale Organe gebildeten Provinzial- 
ausschüsse mit einer Reihe einzelner staatlicher Geschäfte betraut sind. 
§ 10. Die Unterbehörden. 
Unterbehörden sind diejenigen Behörden, welche in Unterordnung unter die Mittelstellen 
oder, wo solche nicht vorhanden, in unmittelbarer Unterordnung unter die Zentralstellen Ver- 
waltungsgeschäfte in kleineren Bezirken erledigen. Sie haben die Aufgabe, selbst erstinstanzlich
	        
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