Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Vierter Band. (4)

Deutsches Verwaltungsrecht. 263 
den Zentralbehörden zu erlassenden Strafvorschriften in der Regel auf dem Wege der Gesetz- 
gebung gegeben werden sollen, und haben daher dem Landesherrn überhaupt keine Ermächtigung 
erteilt, den Ministern — unter Verlassung des sonst von ihnen anerkannten Grundsatzes der 
allgemeinen Ermächtigung — nur wenige spezielle Delegationen. In manchen Staaten (Preußen, 
Hessen, Württemberg, Baden u. a.) sind außer den Polizeibehörden auch Organe der Selbst- 
verwaltung an der Ausübung des Polizeiverordnungsrechtes beteiligt, indem jene nur mit Zu- 
stimmung oder doch nur nach Vernehmung gewisser Selbstverwaltungskollegien ihre Straf- 
verordnungen erlassen dürfen. Das Reich hat in seinen zahlreichen Delegationen bald den Kaiser, 
bald den Bundesrat, bald den Reichskanzler oder andere Reichsbehörden (z. B. Marinestations- 
chefs), bald auch die Einzelstaaten schlechthin oder bestimmte einzelstaatliche Behörden ermächtigt. 
IV. Alle Polizeiverordnungen bedürfen als Rechtsverordnungen der Verkündigung. 
Diese ist gewöhnlich gesetzlich dahin geordnet, daß für die Polizeiverordnungen der höheren Polizei- 
behörden die Bekanntmachung im Gesetzblatte oder im Regierungs-- bzw. Kreisamtsblatte vor- 
geschrieben ist, während die Regelung der Publikation der Polizeiverordnungen der niederen 
Polizeiorgane den Aufsichtsbehörden dieser überlassen ist, die auch eine Bekanntmachung in 
bestimmten Organen der Tagespresse vorschreiben können (Pr. LVG. 8§ 140, 1442; Bay. Pol. 
StrGB. Art. 11, Württ. PolStr GB. 55, Bad. Pol tr G. 27). 
V. Die Ausübung des Polizeiverordnungsrechtes unterliegt einer direkten Kontrolle 
durch die höheren Verwaltungsbehörden und einer indirekten durch die Gerichte. Jede höhere 
Polizeibehörde hat die Verordnungen der ihr untergeordneten Stellen auf ihre Recht= wie Zweck- 
mäßigkeit zu prüfen und ist, sofern das Recht der Außerkraftsetzung nicht ausdrücklich nur be- 
stimmten obersten Instanzen vorbehalten ist (Pr. LVG. F 145), befugt, rechts= oder zweckwidrig 
befundene Verordnungen dieser aufzuheben. Zur gerichtlichen Kontrolle der Polizeiverordnung 
kommt es, sobald auf ihrer Grundlage eine Strafe verhängt werden soll, oder eine polizeiliche Ver- 
fügung erlassen ist und diese mit der Verwaltungsklage angefochten wird. Dann hat der Straf- 
richter bzw. der Verwaltungsrichter die Verordnung hinsichtlich ihrer materiellen wie formellen 
Gesetzmäßigkeit zu prüfen und ihr, falls es an dieser nach der einen oder anderen Richtung hin 
fehlt, die Anwendung im vorliegenden Falle zu versagen; der formelle Fortbestand der be- 
mängelten Verordnung wird durch solche richterliche Feststellung ihrer Gesetzwidrigkeit jedoch 
nicht berührt. 
VI. Die Polizeiverordnung kann wie jede andere Verordnung abgeändert undauf- 
gehoben werden a) durch formelles Gesetz, b) durch eine neue Verordnung der Behörde, 
die sie erlassen hat, c)h durch Verordnung einer Behörde, die der Stelle, von der die Polizei- 
verordnung erlassen ist, als Aufsichtsinstanz übergeordnet ist (loben unter V). 
8 22. Die Verfügungen. 
Literatur: Loening *s 52; Meyer-Anschütz 647 f.; Meyer-Dochow 
#§J 21, 23; v. Stengel §5 39; O. Mayer 8§ 8, 20, 21, 30; Bernatzik, Rechtsprechung 
und materielle Rechtskraft, Wien 1886; Thoma, Der Polizeibefehl, 883 7—9; Kormann, 
System d. rechtsgeschäftl. Staatsakte #§ 7 ff.; Derselbe in den Annalen des Deutschen 
Reichs Jahrg. 1912 40 ff. (ss 19—24); Fleiner, 167—188. 
I. Die Verfügungen zerfallen ihren Rechtswirkungen nach zu- 
nächst in positive und negative. Zu jenen gehören alle Verfügungen, welche eine Ande- 
rung im bestehenden Rechtszustande (in Rechtsverhältnissen oder Rechtslagen) hervorrufen, zu 
diesen alle, welche die Herbeiführung einer solchen ablehnen. Die negativen Verfügungen 
stellen sich regelmäßig als Abweisungen von Anträgen auf Vormahme von Verwaltungs- 
akten dar (Konzessionsverweigerungen, Versagung der Naturalisation, der Erteilung von 
Bescheinigungen (Vereins G. § 51, Unzuständigkeitserklärung, Verweisung auf den Rechtsweg 
[GewO. ) 19; stellt sich dar als Versagung behördlichen Einschreitens verb. m. Rechtsbelehrung)). 
Die positiven Verfügungen können sehr verschiedenen Inhalt und sehr verschiedene Wirkungen 
haben. Will man sie nach diesen gruppenweise zusammenfassen, so lassen sich besonders rechts- 
schaffende, rechtsvernichtende und rechtsfeststellende Verfügungen unterscheiden (Loening 291 ff., 
Bematzik 11, Kormann, System 63).
	        
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