Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Vierter Band. (4)

266 Paul Schoen. 
4. Die Verfügungen sind, da sie auf den Willen dessen, für den sie ihrem Inhalte nach 
bestimmt sind, bestimmend einwirken wollen, empfangsbedürftige Willens- 
erklärungen. Sie müssen daher dem oder den Betroffenen mitgeteilt werden. Eine all- 
gemeine Bekanntmachung durch Amtsblätter, Zeitungen usw. genügt nur, wo sie gesetzlich 
für hinreichend erklärt ist (Pr. EinkSt G. § 24 [Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärung, 
Komm Abg G. 5 65 (Bek. der Steuer durch Veröffentlichung der zu erhebenden Prozentsätze, 
Auslegung der Hebelistel, Wehr O. § 1157 ([Einberufung zur Kontrollversammlung]; Gew. 
§5 100 a), und wo nicht individuell bestimmte Personen durch die Verfügung betroffen werden 
(so bei Erklärung einer Sache zu einer öffentlichen, Entziehung dieser Eigenschaft u. ähnliches 
s. oben S. 264 , J, b; Straßensperrungen; GewO. § 17; PreßG. §§ 14, 15). Die Mitteilung an 
den oder die Betroffenen kann, sofern nicht eine bestimmte Form vorgeschrieben ist (Zustellung 
im technischen Sinn, solche ist aber nach OVG. 17, 441 im LVG. F 52 nicht gemeint), durch 
jeden amtlichen Akt erfolgen, der gceignet ist, ihnen den Inhalt der Verfügung bekannt zu machen: 
durch Übermittelung eines die Verfügung enthaltenden Schriftstückes, Eröffnung zu Protokoll, 
mündliche Mitteilung. 
5. Die Nichterfüllung der vorgenannten Erfordernisse kann eine verschiedene Wirkung 
haben: die Verfügung kann schlechthin nichtig sein oder auch nur der Anfechtung und 
Aufhebung unterliegen. Regelmäßig ist letzteres der Fall. Ein öffentlicher Akt hat die 
Präsumtion für sich, daß er den Anforderungen des Rechtes entspricht. Daher gelten als nichtig 
nur Verfügungen, deren Mangelhaftigkeit außer Zweifel steht. Das sind aber a) Verfügungen, 
die ganz außerhalb der allgemeinen sachlichen oder örtlichen Zuständigkeit der verfügenden Be- 
hörden liegen (Laband 2 15l, 1961; O. Mayer 1 S. 281, 305); b) Verfügungen, die tatsächlich Un- 
mögliches, Unsittliches oder gesetzlich Verbotenes fordern oder erlauben (Befehl zu einer straf- 
baren Handlung, Bordellkonzession, Erteilung einer realen Schankkonzession ([GewO. § 10)), 
sowie solche, die unsinnig sind oder des „unumgänglich notwendigen Inhalts“ entbehren (Flucht- 
linienplan, der die Richtung der Fluchtlinien nicht angibt, OVG. E. 28 S. 375/76). — Nichtige 
Verfügungen haben keine Rechtswirkung. Sie bedürfen keiner Aufhebung, um nicht zu wirken; 
ihre Zurücknahme ist aber geboten zwecks Klarstellung des Rechtszustandes, sie hat lediglich die 
Bedeutung einer Feststellung ihrer Nichtigkeit. Verfügungen, die den unter 1—3 gen. An- 
forderungen nicht entsprechen, ohne darum nichtig zu sein, wie solche, welche Gesetzwidrigkeiten, 
die keine Nichtigkeitsgründe abgeben, oder unzweckmäßige oder unbestimmte Anordnungen ent- 
halten, wirken, bis sie behördlich außer Kraft gesetzt werden. Diese Außerkraftsetzung kann auf 
Anfechtung des Betroffenen hin (unten § 29) oder von Amts wegen (unten III. 5 b) erfolgen. 
Sie hat, wenn sie wegen Gesetzwidrigkeit oder Unbestimmtheit stattfindet, rückwirkende Kraft, 
während bei einer Außerkraftsetzung wegen Unzweckmäßigkeit, die ganz in das pflichtmäßige 
Ermessen der Behörde gestellt ist, diese auch darüber zu befinden hat, ob die Außerkraftsetzung 
ex nunc oder ex tunc wirken soll. 
III. Die Wirksamkeit der Verfügungen findet in verschiedener Weise 
ihr Ende. 1. Verfügungen, die eine einmalige Handlung gebieten, fallen hinweg mit der 
Erfüllung des Gebotes. 2. Verfügungen, denen eine Bedingung oder Befristung beigefügt ist, 
verlieren ihre Wirksamkeit mit dem Bedingungseintritte oder dem Fristablaufe. 3. Ein allge- 
meiner Endigungsgrund der Verfügungen ist der Tod des Adressaten. Nur ausnahmsweise, 
wo das Gesetz es ausdrücklich anordnet, wirkt eine Verfügung auch für weitere Personen als 
den Erstbetroffenen (Gew O. § 46: die Witwe und minderjährige Erben eines Gewerbetreibenden 
können dessen konzessionspflichtiges Gewerbe fortbetreiben, ohne einer neuen Konzession zu 
bedürfen). 4. Dasselbe gilt von dem Wegfallen des Gegenstandes, an den die Verfügung an- 
knüpft. Ist an jemand als Gewerbetreibenden oder Hausbesitzer ein Befehl erlassen, so fällt 
dieser hinweg, sobald das Haus abbrennt oder der Adressat den Gewerbebetrieb aufgibt. Ebenso 
fällt der Besehl aber auch weg, wenn der Adressat das Haus oder das Geschäft verkauft, denn 
der Befehl richtet sich nicht gegen die Sache, sondern gegen eine bestimmte Person als Beherrscher 
dieser Sache; soll das Befohlene auch für den Rcchtsnachfolger des Adressaten gelten, so muß 
an diesen ein neuer Befehl gleichen Inhaltes ergehen (O. Mayer 1, 286). 5. Die Verfügungen 
können vernichtet werden durch neue publizistische Willenserklärungen, und zwar a) durch Ge- 
setze und Verordnungen, welche sie unmittelbar beseitigen (gewerbliche Erlaubnisse bestimmter
	        
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